Das englische Wort "cranky" bedeutet soviel wie "schrullig" oder "verschroben". Ein "cranky uncle" ist also jener Typ Onkel, den einige wohl aus der eigenen Verwandtschaft kennen: Ein älterer, ziemlich anstrengender Herr, der alles besser weiß und schon so manche Familienfeier an den Rand des Zusammenbruchs gebracht hat, weil er ständig irgendwelche schrägen, provokanten oder schier inakzeptablen Meinungen in großer Lautstärke und noch größerer Sturheit vertritt. Und man selbst ist meist unsicher, ob und wie man darauf reagieren soll ...
Die Comic-Figur namens Cranky Uncle ist eine Erfindung von John Cook, Kognitionspsychologe und Gründer unseres Partnerportals SkepticalScience.com. Er forscht seit langem dazu, wie man wirksam gegen Wissenschaftsleugnung und Desinformation vorgehen kann - unter anderem seine Studien kamen zu dem Ergebnis, dass eine Art "Impfung" aussichtsreich ist: Wenn man die Öffentlichkeit prophylaktisch über typische Argumentationsstrategien von Leugnern aufklärt oder diese logisch seziert, dann erkennen viele Menschen sie später wieder und sind dagegen gewissermaßen immun.
Gezielte Aufklärung über Leugner-Strategien kann immunisieren
Nun ist John Cook neben seiner wissenschaftlichen Arbeit auch noch Cartoonist. Und vor ein paar Jahren kam er auf die Idee, Forschung und Zeichnerei zu kombinieren: Cranky Uncle war geboren.
Die Comic-Figur Cranky Uncle (rechts) argumentiert wie (Klima-)Wissenschaftsleugner, hier ein Beispiel für das Überbetonen von Ungewissheiten der Forschung; Quelle: John Cook/crankyuncle.com/SkepticalScience.com
Dieser bringt in Karikaturen oder Comic-Strips typische Aussagen von Wissenschaftsleugnern vor - meist nur leicht abgewandelt, dafür aber in Situationen, bei denen die Absurdität der "Argumente" sofort offensichtlich wird. Daraus entstand ein kleines Quiz, das von der deutschen SkepticalScience-Mitarbeiterin Bärbel Winkler zum Beispiel Ende September auf dem K3-Kommunikationskongress präsentiert wurde.
Das Ziel beim Cranky Uncle-Spiel: Das nächste Schrulligkeits-Level
Angeregt von dem aufklärerischen Online-Spiel "Bad News Game" will Cook nun noch einen Schritt weitergehen: Cranky Uncle soll Hauptfigur einer Smartphone-App werden. In einem kostenlosen Handy-Spiel will er Nutzerinnen und Nutzer unterhaltsam über Desinformations-Strategien aufklären: "Dies sind die Techniken, die ich benutze, um Wissenschaft zu bestreiten", sagt der Onkel auf einem Spielbildschirm und ruft die Spielenden auf, es ihm nachzumachen. Nach und nach kann man dann Punkte sammeln und das nächste "Crank Level" erreichen. Das Versprechen: "Jedesmal, wenn Du eine neue Technik lernst, wirst Du etwas schrulliger."
Am Dienstag dieser Woche hat John Cook auf der Website der George-Mason-Universität im US-Bundesstaat Virginia, an der er arbeitet, eine Crowdfunding-Kampagne gestartet: Gehen mindestens 15.000 Dollar an Spenden ein, wird er gemeinsam mit Partnern ein kostenloses Cranky Uncle-Spiel für das Apple iPhone entwickeln. Für 25.000 US-Dollar gibt es eine Android-Version obendrauf. In mehreren Schritten bis zu einer Summe von 100.000 Dollar verspricht Cook weitere Entwicklungsstufen des Spiels. Als Belohnung für jede Spende gibt es - wie beim Crowdfunding üblich - kleinere oder auch große Geschenke und Prämien - je nachdem, wieviel zwischen 10 oder 5.000 Dollar man zusagt.
Kommen 35.000 US-Dollar zusammen, gibt's eine deutsche Version
In einem längeren Artikel auf SkepticalScience.com erklärt John Cook die Genesis der Idee und einige wissenschaftliche Hintergründe. Unter anderem habe er einen Prototyp des Spiels an Studierenden mehrerer US-Hochschulen getestet - mit frappierendem Erfolg: Nach nur halbstündigem Spielen sei die Kritikfähigkeit deutlich höher gewesen als zuvor.
Für Spenderinnen und Spender aus Deutschland, Österreich oder der Schweiz gibt es übrigens einen besonderen Anreiz: Wenn beim Crowdfunding mindestens 35.000 US-Dollar zusammenkommen, wird es auch eine deutsche Version des Cranky Uncle-Spiels geben.
ts