Vor Beginn der industriellen Revolution, also bevor der Mensch mit der Verbrennung großer Mengen fossiler Energieträger begann, war der Kohlendioxid-Gehalt in der Luft für Tausende von Jahren ziemlich stabil. Diese Stabilität beruht auf einem Gleichgewicht von Prozessen, die einerseits Kohlendioxid aus den Ozeanen und von der Landoberfläche freisetzen, und andererseits Prozessen, die atmosphärisches Kohlendioxid aufnehmen. Der CO2-Gehalt der Atmosphäre kann auf natürliche Weise steigen oder sinken, wenn diese Prozesse durch externe Einflüsse verändert werden (z.B. durch einen Temperaturanstieg) oder wenn zusätzliche Kohlendioxid-Quellen (oder -Speicher) auftreten.
Abbildung 1 stellt den heutigen Kohlenstoffaustausch zwischen Erdoberfläche und Atmosphäre sowie zwischen Ozeanen und Atmosphäre stark vereinfacht dar (eine detailliertere Grafik finden Sie zum Beispiel auf Klimawiki.org oder auf Seite 700 in Kapitel 5 von Teil 1 des Sechsten IPCC-Sachstandsberichts). Die Prozesse, bei denen Kohlenstoff gebunden oder freigesetzt wird sind zahlreich: Zum Beispiel nehmen Pflanzen durch Photosynthese Kohlendioxid auf und lagern es als Kohlenstoff in ihrer Biomasse ein; Tiere (und Menschen) nehmen Kohlenstoff mit der Nahrung auf und atmen Kohlendioxid aus. Auch entweicht Kohlendioxidbeispielsweise bei Waldbränden oder wenn Altholz verrottet. Die Weltmeere nehmen ebenfalls in natürlichen Prozessen große Mengen Kohlendioxid auf bzw. geben sie ab.
Dieser sogenannte Kohlenstoffkreislauf unterlag im Laufe der Erdgeschichte durchaus großen Veränderungen. Sie wurden verursacht durch externe Einflüsse wie beispielsweise zyklische Schwankungen der Erdumlaufbahn um die Sonneoder Verschiebungen der Kontinente. Doch seit etwa zehntausend Jahren war der Kohlendioxid-Gehalt der Atmosphäre relativ stabil. (Das weiß man aus direkten Messungen von CO2 in Eisbohrkernen aus der Antarktis oder Grönland.)
Abbildung 1: Der globale Kohlenstoffkreislauf (stark vereinfacht) – die Zahlen in den Pfeilen stehen für Milliarden Tonnen (Gigatonnen, Gt) Kohlendioxid pro Jahr, berechnet für den Durchschnitt der Jahre 2010-2019. Die Aufnahme durch Vegetation und Land sowie Ozeane ist größer als die Abgabe von CO2, da auch ein Teil der vom Menschen verursachten Emissionen (Mitte) aufgenommen wird - aber eben nur ein Teil; Quelle: IPCC 2021, AR6, WG1, Kap.5, Abb.5.12 (Die dortigen Zahlenangaben beziehen sich auf Kohlenstoff, multipliziert mit 3,67 ergeben sich die Werte für Kohlendioxid.)
In der Summe werden jedes Jahr von den Ozeanen und der Landoberfläche rund 800 Gigatonnen (109 Tonnen) Kohlendioxid freigesetzt und etwa die gleiche Menge auch wieder aufgenommen. Die vom Menschen verursachten Emissionen erscheinen tatsächlich klein im Vergleich zu diesen riesigen Mengen, die im Laufe eines Jahres im globalen Kohlenstoffkreislauf umgesetzt werden. Das Problem unserer Emissionen ist allerdings nicht die Menge an sich, sondern dass diese Emissionen auf ein System mit einem fragilen Gleichgewicht treffen und das System nachhaltig stören.
Ein Beispiel macht deutlich, worum es geht: Man nehme eine Badewanne, aus deren Wasserhahn gleichviel Wasser in die Wanne strömt wie durch den offenen Auslauf abfließen kann. Die Wassermenge ändert sich in diesem Fall nicht. Wird der Wasserhahn allerdings nur ganz wenig aufgedreht, erhöht sich die Einlaufmenge im Vergleich zum gesamten Einlauf nur minimal, doch beginnt der Wasserspiegel in der Badewanne sofort zu steigen. Nach einiger Zeit wird die Badewanne überlaufen. Übertragen auf den Kohlenstoffkreislauf bedeutet dies: Die vom Menschen verursachten Kohlendioxidemissionen entsprechen einem relativ kleinen Aufdrehen des Wasserhahns bei begrenztem Abfluss.
Fazit: Auch wenn die Menge des menschengemachten Kohlendioxids im Rahmen des globalen Kohlenstoffkreislaufs gering wirkt, so bringt sie doch das natürliche Gleichgewicht durcheinander, weil die Menge, die von der Natur absorbiert werden kann, beschränkt ist. Deshalb sammelt sich Kohlendioxid in der Atmosphäre an. Durch Aktivitäten der Menschheit hat die CO2-Konzentration deshalb verglichen mit der vorindustriellen Zeit (vor 1750) bereits um rund fünfzig Prozent zugenommen (IPCC 2021, AR6, WG1, SPM, A.2.1).
Graham Wayne/klimafakten.de, August 2010;
zuletzt aktualisiert: September 2022