Behauptung: Während der letzten Jahrhunderte erfolgte eine Erderwärmung immer gleichzeitig mit der Zunahme der Anzahl der Sonnenflecken. Es sind solare Aktivitätsschwankungen, die das globale Klima verändern und die Erde wärmer werden lassen.
Fakt ist: Ja, die Sonne ist ein Klimafaktor. Aber der Einfluss ihrer natürlichen Intensitätsschwankungen auf das Klima ist schon seit Jahrzehnten viel kleiner als der Einfluss des Menschen
Antwort: Während der letzten Jahrzehnte, in denen die globale Temperatur angestiegen ist, hat die Sonnenaktivität einen leicht abkühlenden Trend gezeigt – Sonnenaktivität und globale Mitteltemperatur haben sich also in den letzten Jahrzehnten in entgegengesetzte Richtungen entwickelt.
Während der letzten paar Jahrhunderte bis ungefähr bis Mitte des 20. Jahrhunderts zeigten wissenschaftliche Rekonstruktionen, dass die Helligkeit der Sonne langfristig leicht zunahm. Auch die Erde erwärmte sich in derselben Zeitspanne langsam, ergaben Messungen bzw. rückschauende Rekonstruktionen von Luft- und Meerestemperaturen. Diese parallele Entwicklung und die bekannten physikalischen Prozesse lassen darauf schließen, dass die sich erwärmende Sonne für den damaligen, sachten Temperaturanstieg auf unserem Planeten zumindest mitverantwortlich war.
Dieselben Messungen zeigen aber, dass die von der Sonne kommende Energie seit ihrem Hoch um 1960 langsam wieder abnimmt – die Temperatur von Luft und Meeren auf der Erde jedoch steigt stark an. Damit ist klar, dass es nicht die Sonne sein kann, die den gegenwärtigen Klimawandel verursacht – etwas anderes muss dahinterstecken.
Abbildung 1: Jährliche globale Mitteltemperatur und Zahl der Sonnenflecken von 1880 bis 2012 (jeweils als laufendes 11-Jahres-Mittel); Quellen: Temperatur lt. Nasa GISS, Sonnenflecken lt. SIDC
Die Wissenschaft kennt keinen physikalischen Prozess, der erklären könnte, wie die Sonne trotz gleichbleibender oder leicht abnehmender Aktivität den in den vergangenen Jahrzehnten beobachtete Temperaturanstieg der Erde bewirkt haben soll. Hingegen kennt sie die physikalischen Eigenschaften und die Strahlungswirkung von Treibhausgasen wie Kohlendioxid oder Methan sehr gut und kann diese im Labor messen. Die Auswirkungen der Strahlungsaufnahme und -abgabe der Treibhausgase in der Atmosphäre können die momentan ablaufende globale Erwärmung sehr gut erklären.
John Russel/klimafakten.de, Oktober 2010;
zuletzt aktualisiert: Oktober 2022
Praktisch das gesamte Klimasystem der Erde wird von der Energie der eintreffenden Sonnenstrahlen angetrieben. Daher hat die Sonne einen erheblichen Einfluss auf das Erdklima. Zwei Mechanismen lassen die solare Energieeinstrahlung schwanken: Zum einen die Aktivität der Sonne selbst, erkennbar vor allem an Zahl und Größe der Sonnenflecken – diese Variable zeigt eher kurzfristige Schwankungen. Zum anderen führen in sehr langfristigen Zyklen auch Unregelmäßigkeiten in der Umlaufbahn der Erde (Exzentrizität, Obliquität und Präzession) zu Schwankungen bei der Sonneneinstrahlung.
Ein Vergleich der globalen Mitteltemperaturen und der Sonnenaktivität der letzten 1150 Jahre zeigt große Übereinstimmung (Usoskin et al. 2005). Doch seit etwa 1975 verlaufen globale Mitteltemperaturen und Sonnenaktivität nicht mehr parallel. Usoskin et. al. kamen in ihrer Studie zu dem Schluss, dass im untersuchten Zeitraum „weder die gesamte solare Einstrahlung, noch die UV-Einstrahlung, noch der Fluss kosmischer Strahlung einen signifikanten Langzeittrend zeigten, weshalb die jüngste Erwärmung einen anderen Grund haben muss".
Verschiedene, voneinander unabhängige Messungen der solaren Aktivität zeigen sogar einen leichten Abkühlungstrend seit 1960 – just jenem Zeitraum, in dem die globale Temperatur am stärksten gestiegen ist. In den letzten Jahrzehnten haben sich also Temperatur und Sonnenaktivität in unterschiedliche Richtungen entwickelt (siehe Abbildung 1).
Abbildung 1: Jährliche globale Mitteltemperatur und Zahl der Sonnenflecken (jeweils als laufendes 11-Jahres-Mittel); Quellen: Temperatur lt. Nasa GISS, Sonnenflecken lt. SIDC
Zahlreiche Untersuchungen stützen die Schlussfolgerung, dass die Sonne zwar im frühen 20. Jahrhundert zur Erderwärmung beitrug, ihre Wirkung in den vergangenen Dekaden aber gering war:
Huber/Knutti 2011: "Der Beitrag natürlicher Klimafaktoren [und damit auch der Sonne] seit 1950 liegt nahe Null."
Erlykin et al. 2009: "Wir schließen, dass der Beitrag der Sonnenaktivität zum gegenwärtigen Anstieg der mittleren Oberflächentemperatur der Erde maximal 14 Prozent beträgt."
Benestad/Schmidt 2009: "Unsere Analyse zeigt, dass der Beitrag der Sonne [solar forcing] an der Erderwärmung höchstwahrscheinlich sieben Prozent (plus/minus ein Prozent) für das 20. Jahrhundert beträgt – und für den Zeitraum ab 1980 vernachlässigbar ist."
Lean/Rind 2008: "Gemäß dieser Analyse ist der Beitrag der Sonne [solar forcing] zum langfristigen Erwärmungstrend der Erde für die vergangenen 25 Jahre vernachlässigbar – und für die vergangenen hundert Jahre liegt er bei zehn Prozent."
Ammann et al. 2007: "Obwohl solare und vulkanische Effekt anscheinend den größten Teil der langsamen Klimaveränderungen während der vergangenen tausend Jahre bestimmten, dominieren für die zweite Hälfte des letzten Jahrhunderts die Auswirkungen von Klimagasen."
Lockwood/Fröhlich 2007: "Das seit 1985 beobachtete schnelle Ansteigen der Erdmitteltemperatur kann nicht solaren Schwankungen zugeschrieben werden, egal auf welchen Mechanismus man sich beruft oder wie sehr die Schwankungsbreite verstärkt wird."
Foukal et al. 2006: "Die Schwankungen, die seit 1978 von Raumschiffen aus erfasst wurden, sind zu klein, um merklich zur beschleunigten globalen Erwärmung der letzten 30 Jahre beigetragen zu haben... [Unsere Ergebnisse] zeigen, dass es unwahrscheinlich ist, dass ein Erstarken der Sonnenaktivität einen signifikanten Einfluss auf die globale Erwärmung seit dem 17. Jahrhundert gehabt hat."
Scafetta/West 2006: "Seit 1975 vollzog sich die Erderwärmung viel schneller als man vernünftigerweise allein durch Sonneneinflüsse erwarten könnte."
Usoskin et al. 2005: "Während der letzten 30 Jahre haben weder die Strahlungsgesamtintensität, noch die solare UV-Strahlung noch der Fluss kosmischer Strahlen einen signifikanten Langzeittrend gezeigt – weshalb zumindest die jüngste Phase der Erderwärmung eine andere Ursache haben muss."
Solanki et al. 2004: schließt nach einer Rekonstruktion der Sonnenflecken über 11.400 Jahre, dass es "unwahrscheinlich ist, dass solare Schwankungen der bestimmende Grund für die starke Erderwärmung über die letzten drei Dekaden ist".
Stott et al. 2003 erhöhte in Klimamodellen die Anfälligkeit des Erdklimas für Sonneneinflüsse und kam trotzdem zu dem Ergebnis, dass "die meiste Erwärmung der letzten 50 Jahre wahrscheinlich durch Zunahmen bei den Treibhausgasen verursacht wurde".
Solanki/Krivova 2003: "Die Sonne hat weniger als 30 Prozent zur Erderwärmung seit 1970 beigetragen."
Lean/Rind 1999: "Es ist unwahrscheinlich, dass Zusammenhänge zwischen Sonne und Klima viel von der Erderwärmung seit 1970 erklären können."
Waple 1999 fand "wenig Belege, dass Änderungen bei der Sonnenstrahlung einen großen Einfluss auf den gegenwärtigen Erwärmungstrend haben".
Fröhlich/Lean 1998: "Trends bei der Sonnenstrahlung trugen wenig bei zum 0,2-Grad-Anstieg der globalen Mitteltemperatur in der vergangenen Dekade."
Wie bereits erwähnt kam der IPCC 2021 in Zusammenschau des weltweiten Forschungsstandes denn auch zu einer eindeutigen Bewertung: Bei der Erwärmung der Erde seit Beginn der Industrialisierung spielte und spielt die Sonne deshalb nur eine marginale Rolle – und strenggenommen war sie sogar noch leicht kühlend. In Kapitel 7.3.5 seines Sechsten Sachstandsberichts hat der Weltklimarat die verschiedenen Einzelfaktoren in einer Grafik aufgeschlüsselt (siehe Abbildung 2):
Abbildung 2: Anteil verschiedener menschengemachter ("anthropogenic) und natürlicher ("natural") an der Veränderung der mittleren Globaltemperatur im Zeitraum 1750 bis 2019 – in der Gesamtbilanz ("total") ergibt sich eine Erwärmung um rund 1,2 °C; Quelle: IPCC 2021, AR6, WG1, Kap. 7, Fig. 7.7
Demnach haben allein die Emissionen von Kohlendioxid rund ein Grad Celsius Temperaturanstieg verursacht, andere Treibhausgase wie Methan ein weiteres halbes Grad. Aerosole (also winzige Staubpartikel, zum Beispiel aus Kraftwerken) hatten hingegen eine kühlende Wirkung von etwa einem halben Grad Celsius. Der Einfluss der Sonne (und übrigens auch von Vulkanen) war insgesamt sehr klein – der entsprechende Balken in der Grafik (dritte Zeile von unten, "Solar") ist fast nicht zu erkennen.
John Cook/klimafakten.de, Juni 2010;
zuletzt aktualisiert: Oktober 2022
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