Zusammenfassung:

Mit der Technologie „Direct Air Capture“ (DAC) lässt sich Kohlendioxid wieder aus der Atmosphäre entfernen. Doch damit dies wirklich etwas bringt gegen die Klimaerwärmung, muss das eingefangene CO2 danach wirklich dauerhaft und sicher gespeichert werden.

Bislang gibt es erst wenige Forschungs- und Pilot-Anlagen auf der Welt, die nur winzige Mengen Kohlendioxid aus der Luft filtern – bei hohem Energieaufwand und sehr hohen Kosten. Dennoch spielen in allen Szenarien des Weltklimarats IPCC, die eine Begrenzung der Erderwärmung auf unter 1,5 Grad oder 2 Grad Celsius ermöglichen, verschiedene Optionen zur CO2-Entnahme („Carbon Dioxide Removal“) aus der Atmosphäre eine wichtige Rolle. So könnten Emissionen ausgeglichen werden, die sich an der jeweiligen Quelle nicht oder nur mit sehr großem Aufwand verhindern lassen, etwa in der Landwirtschaft oder bei chemischen Prozessen in der Industrie.

Damit Technologien wie DAC tatsächlich Kohlendioxid aus der Atmosphäre entfernen, müssen die Anlagen mit CO2-armer Energie betrieben werden, und auch die Herstellung der für DAC-Anlagen benötigten Chemikalien darf nicht mit hohen Emissionen verbunden sein. In der Forschung herrscht Konsens, dass die Entnahme von Kohlendioxid aus der Atmosphäre unerlässlich ist, um die Klimaziele zu erreichen – dies jedoch keine Alternative zum sofortigen und möglichst starken Senken der Treibhausgasemissionen ist.

 

Es klingt wie eine große Verheißung, die Lösung aller Klimaprobleme: Anlagen, die das Treibhausgas Kohlendioxid wieder aus der Luft filtern, damit es irgendwo eingelagert werden kann – sozusagen „künstliche Bäume“. Doch wie realistisch ist diese Idee? Wie viel CO2 könnte mit der Technologie tatsächlich aus der Atmosphäre entnommen werden? Ab wann könnte das gehen, mit welchem Energieaufwand und zu welchem Preis? Antworten dazu aus der Wissenschaft

 

Der englische Begriff Direct Air Capture (wörtlich übersetzt „direkte Luft-Erfassung“, abgekürzt DAC) bezeichnet eine Technologie zur Entnahme von Kohlenstoffdioxid (CO2) direkt aus der Umgebungsluft. DAC gehört damit zu den durch Menschen veranlassten CO2-Entnahme-Maßnahmen, die in der Fachwelt unter dem Begriff Carbon Dioxide Removal (wörtlich: „Kohlendioxid-Entfernung“, abgekürzt: CDR) zusammengefasst werden. Dabei wird unterschieden zwischen einerseits konventionellen, naturbasierten CDR-Optionen (wie die Aufforstung von Wäldern oder die Wiedervernässung von Mooren) sowie andererseits neuartigen Technologien, zu denen Direct Air Capture gehört.

Der Weltklimarat IPCC hat in seinem Sechsten Sachstandsbericht (AR6) drei Anforderungen an CO2-Entnahmetechnologien und damit auch an DAC formuliert (IPCC 2022, AR6, Band 3: Annex I: Glossar, Seite 1796):

  • Das CO2 muss aus der Atmosphäre aufgefangen werden, nicht aus fossilen Emissionsquellen (etwa bei der Verbrennung von Kohle oder Erdöl).
  • Die Einlagerung des Kohlenstoffdioxid (z.B. in geologischen Formationen) muss dauerhaft sein.
  • Die CO2-Entnahme muss das Ergebnis einer menschlichen Aktivität sein, also zusätzlich zu natürlichen Prozessen stattfinden.
Infografik zu den drei Prinzipien, wann Direct Air Capture zu den CDR-Methoden gehört

Bei Direct Air Capture wird Kohlendioxid in einem chemischen Vorgang mit Hilfe eines Bindemittels direkt aus der Luft gezogen (Voraussetzung 1 für CDR). DAC-Anlagen werden nicht an einer CO2-Quelle (etwa einem Stahlwerk) installiert, sondern können theoretisch überall auf der Welt errichtet werden und Treibhausgas wieder „einsammeln“, das aus vielen Einzelquellen in die Atmosphäre gelangt ist.

Das gebundene Kohlendioxid kann danach entweder unterirdisch gespeichert werden, was dann als DACCS bezeichnet wird („Direct Air Carbon Capture and Storage“ – siehe dazu unseren Text zu CCS), oder es kann in langlebigen Produkten, etwa Baumaterialien, verwendet werden, wofür das Kürzel DACCU („Direct Air Carbon Capture and Utilisation“) gebräuchlich ist. Nur eine wirklich dauerhafte, zumindest für mehrere Jahrzehnte bis Jahrhunderte gesicherte Speicherung erfüllt den „removal“-Aspekt (Voraussetzung 2 für CDR), denn nur dann kann das durch DAC aus der Atmosphäre entnommene Kohlendioxid verlässlich zur Minderung des Treibhauseffekts beitragen.

Die Besonderheit von DAC besteht somit darin, dass zu einem früheren Zeitpunkt und/oder an einem beliebigen Ort ausgestoßenes Kohlendioxid aus der Atmosphäre entfernt werden kann – man spricht hierbei auch von „negativen Emissionen“ (IPCC 2022, AR6, Band 3, Kapitel 12.3.1.1, Lyngfelt et al. 2019). Wird jedoch das per DAC aufgefangene Kohlendioxid für die Herstellung kurzlebiger Produkte verwendet, etwa von E-Fuels (siehe unseren F&A-Text zum Thema), die zügig wieder verbrannt werden, dann gilt dies nicht als CDR-Maßnahme.

Es gibt mehrere Varianten von DAC-Anlagen mit verschiedenen chemischen Verfahren. Diese unterscheiden sich unter anderem bei Energie- und Ressourcenverbrauch und darin, ob ein kontinuierlicher Betrieb möglich ist oder nicht.

Um im ersten Prozessschritt das CO2 aus der Luft zu „filtern“, kommen entweder flüssige oder feste Mittel, sogenannte Sorbentien, zum Einsatz, die das Kohlendioxid chemisch an sich binden. Von diesen wird das Kohlendioxid im zweiten Schritt durch Änderung von Temperatur, Feuchte oder auch Druck wieder getrennt, hierzu sind Wärme und/oder Strom erforderlich. Auch Wasser zählt zu den Ressourcen, die zumindest in jenen Anlagen in erheblichen Mengen gebraucht werden, die mit flüssigen Sorbentien arbeiten. Dafür können diese Anlagen in der Regel ununterbrochen arbeiten, während bei DAC mit festen Sorbentien kein kontinuierlicher Betrieb möglich ist (aber der Energie- und Wasserbedarf niedriger ist). In einem dritten Schritt wird das isolierte Kohlendioxid gereinigt und aufbereitet, damit es eingelagert oder weiterverwendet werden kann.

Während einige konventionelle, naturbasierte Methoden zur CO2-Entnahme aus der Atmosphäre (wie Wiederaufforstung) bereits seit Jahrzehnten und in großem Umfang für den Klimaschutz zum Einsatz kommen, steht die DAC-Technologie noch am Anfang ihrer Entwicklung. Erst wenige Pilotprojekte mit sehr kleinen Kapazitäten sind in Betrieb.

Damit eine CO2-Entnahme-Technologie erfolgreich und in großem Maßstab gegen den Klimawandel eingesetzt werden kann, muss sie sich „lohnen“ – das heißt, ihre Kosten pro entfernter Tonne Kohlendioxid müssen dem Vergleich mit anderen Entnahme-Optionen und mit Maßnahmen zur Emissions-Vermeidung standhalten. Wichtig bei einer umfassenden Beurteilung ist auch der Blick auf Nebenwirkungen, also auf eventuelle Nachteile für Umwelt und Mensch etwa durch hohe Flächen-, Energie-, Rohstoff- oder Wasserverbräuche.

Kosten

DAC gehört zu den teuersten CO2-Entnahme-Technologien. Der IPCC stellt in seinem aktuellen Sachstandsbericht fest, dass das Auffangen und Verpressen von Kohlendioxid unter Einsatz von Direct Air Capture (also DACCS) weniger kosteneffizient ist als das Abfangen von Kohlendioxid  an einer industriellen Quelle (konventionelles CCS – siehe dazu unseren separaten F&A-Text), schlicht weil dort in den Abgasen CO2 in höherer Konzentration enthalten ist und das Herausfiltern deshalb weniger Aufwand erfordert (IPCC 2022, AR6, Band 3, Kapitel 12.3.1.1). Die deutschen Akademien der Wissenschaften erläutern den Grund für die hohen Kosten von DAC in anschaulichen Worten:

„CO2 macht nur einen sehr geringen Teil der Luft aus (Volumenanteil von nur 0,04 Prozent). Um einen Kubikmeter CO2 mit 1,96 kg CO2 zu gewinnen, müssen also mindestens 2500 Kubikmeter Luft ‚gefiltert‘ werden. Für eine Tonne CO2 sind dies entsprechend rund 1,27 Millionen Kubikmeter Luft, selbst wenn eine hundertprozentige Filterleistung erreicht wird.“ (Erlach et al. 2022)

DAC-Anlagen mit festen Sorbentien weisen in der Regel höhere Kapitalkosten auf (also hohe Anfangsinvestitionen), während bei Systemen mit flüssigen Bindungsmitteln wegen ihres hohen Energiebedarfs oft die laufenden Kosten höher (IPCC 2022, AR6, Band 3, Kapitel 12.3.1.1, Fasihi et al. 2019). Dieser grundsätzliche Unterschied relativiert sich aber, wenn die Anlagen zum Beispiel Abwärme nutzen (etwa aus industriellen Prozessen) oder an Standorten errichtet werden, an denen Wind- und/oder Solarstrom billig produziert werden kann.

Die tatsächlichen Kosten für künftige DAC-Anlagen und damit die Kosten pro entnommene Tonne CO2 im Jahr 2040 oder 2050 lassen sich nur schwer vorhersagen. Eine sehr optimistische Studie kommt in weiten Teilen der Welt (mit starker Sonneneinstrahlung und dem Einsatz preiswerter Photovoltaik) auf Kosten von 50 US-Dollar pro Tonne, allerdings nur für die Anlagen, der Aufwand für die Einlagerung des eingefangenen Kohlendioxids fehlt dabei (Breyer et al. 2019). Der IPCC-Report zitiert mehrere Untersuchungen, die für unterschiedliche Arten von Anlagen sowie verschiedene Entwicklungsstadien Kosten zwischen 60 und 1000 US-Dollar pro entnommener Tonne CO2 nannten. Der Weltklimarat selbst spricht von 100 bis 300 US-Dollar (IPCC 2022, AR6, Band 3, Kapitel 12, Executive Summary).

Aktuelle Daten zu den Kosten in bereits laufenden DAC-Anlagen liefert der regelmäßig erscheinende Report The State of Carbon Dioxide Removal, dessen Hauptautoren an renommierten Institutionen arbeiten und auch an IPCC-Berichten mitgewirkt haben. Wer im Jahr 2022 per DAC eine Tonne Kohlendioxid aus der Atmosphäre entnehmen wollte, musste den Betreiberfirmen dafür im Durchschnitt 1.261 US-Dollar zahlen, so die zweite Ausgabe des Reports, im Jahr 2023 lag der Preis bei durchschnittlich 715 US-Dollar. Zum Vergleich: Für eine CO2-Entnahme mit konventionellen Methoden (etwa Wiederaufforstung) musste man dem Bericht zufolge zwölf bis 16 US-Dollar pro Tonne zahlen, einige Maßnahmen zur Emissionsminderung kosteten sogar nur etwa ein Drittel davon. Neuartige CO2-Entnahme-Technologien lägen also derzeit „um den Faktor 100“ über den Kosten, die man für das Vermeiden oder Mindern von Kohlendioxid-Emissionen ausgeben müsste.

Eine Expertenbefragung (Shayegh et al. 2021) ergab, dass zwar mit stark sinkenden Kosten für Direct Air Capture gerechnet wird, diese aber auch Mitte des Jahrhunderts wohl noch bei rund 200 US-Dollar pro Tonne Kohlendioxid liegen werden und damit vergleichsweise hoch. Die große Spannbreite und Unsicherheit bei den Kosten gilt laut IPCC als eines der Haupthindernisse für den Einsatz von DAC.

Energie    

Für alle Prozessschritte benötigen DAC-Anlagen Energie, vor allem für die Freisetzung des Kohlendioxids aus den flüssigen bzw. festen Bindemitteln und deren Regeneration, aber auch für Ventilatoren und Pumpen oder zur Komprimierung des CO2 für den Transport (Fuss et al. 2018). Manche Systeme mit flüssigen Sorbentien benötigen hohe Temperaturen von etwa 700 bis 900 Grad Celsius zur Abtrennung des CO2, andere DAC-Anlagen kommen mit weit niedrigeren Temperaturen aus (Keith et al. 2018). Eine Studie bezifferte den Gesamtenergiebedarf von DAC-Technologien auf etwa 80 Prozent Wärme und 20 Prozent Strom (McQueen et al. 2021).

Bereits vor mehr als einem Jahrzehnt hat eine Arbeitsgruppe der Amerikanischen Physikalischen Gesellschaft (APS) in einer Grundlagenpublikation den theoretischen Mindestenergiebedarf für die Abtrennung von Kohlendioxid aus der Umgebungsluft auf rund 0,5 Gigajoule pro Tonne CO2 beziffert (Socolow et al. 2011). Der Aufwand beim Gesamtprozess beträgt aber laut veröffentlichter Schätzungen mit vier bis zehn Gigajoule etwa das Acht- bis Zwanzigfache (Fasihi et al. 2019). Selbst wenn nur ein Bruchteil der momentanen, weltweiten Treibhausgas-Emissionen irgendwann wieder aus der Atmosphäre gefiltert werden sollte, ergäbe sich jedenfalls ein gewaltiger Energiebedarf. Im bereits zitierten Report The State of Carbon Dioxide Removal von 2024 heißt es dazu (Seite 156):

„Der Einsatz von DACCS im großen Maßstab erfordert eine signifikante Energiemenge in der Größenordnung von einem Viertel bis einem Drittel der heutigen weltweiten Energieproduktion.“ (siehe auch Yang Qiu et al., 2022).

Die Effizienz einer DAC-Anlage hängt stark von der gewählten Technologie und dem Standort der Anlage ab (Terlouw et al. 2021). Wenn Abwärme genutzt wird (etwa von anderen Industrieanlagen) und der Anteil CO2-armer Energien am Gesamtenergieeinsatz (inklusive der Herstellung der chemischen Rohstoffe) hoch ist, ist die Klimawirkung groß. Würden DAC-Systeme hingegen mit einer CO2-intensiven Stromversorgung betrieben (also vielen fossilen Energien im Strommix), könnte dies dazu führen, dass die Anlage insgesamt während ihres Betriebs mehr CO2 verursacht, als sie der Luft entzieht.

Wasser

Viele Anlagen, die mit flüssigen Bindemitteln operieren, haben einen hohen Wasserbedarf während solche, die feste Sorbentien verwenden, teilweise selbst Wasser produzieren. Bei der Frage, wie viel Wasser DAC-Anlagen in Zukunft benötigen könnten, sind die Spannbreiten groß: Schätzungen zufolge würde die jährliche Entnahme von zehn Milliarden Tonnen Kohlendioxid aus der Atmosphäre durch DAC-Anlagen (die Menge entspricht etwa einem Viertel der weltweiten CO2-Emissionen von 2023) pro Jahr zwischen zehn und hundert Kubikmeter Wasser erfordern (IPCC 2022, AR6, Band 3, Kapitel 12.3.1.1). Zum Vergleich: der Bodensee hat ein Wasservolumen von 48 km3.

Rohstoffe

Die unterschiedlichen DAC-Technologien benötigen verschiedene Stoffe bzw. Chemikalien, um die in den Anlagen benötigten flüssigen oder festen Lösungs- oder Bindemittel herzustellen (z.B. Hydroxidlösungen, Zeolithe). Studien zufolge wären weitreichende  Produktionsumstellungen in der Chemieindustrie (und ein riesiger Energieaufwand) nötig, damit diese Rohstoffe ausreichend für eine Etablierung von DAC im großen Stil zur Verfügung stehen. (Realmonte et al. 2019).

Land

Der Flächenverbrauch der eigentlichen DAC-Anlagen ist nicht besonders groß (Madhu et al. 2021). Die 2024 vom Branchenpionier Climeworks in Betrieb genommene Anlage Mammoth auf Island besteht im Kern lediglich aus 72 Containern, von denen jeweils drei übereinander gestapelt werden. Zwar müssen die Einzelanlagen in einigem Abstand voneinander installiert werden, damit sie nicht die bereits gefilterte Luft ohne CO2 „einatmen“; aber selbst dann ist der direkte Landverbrauch wenig besorgniserregend. Das Bild ändert sich aber erheblich, wenn man auch den Energiebedarf von DAC-Systemen berücksichtigt, also die Flächen, die beispielsweise für eigene Solar oder Windparks nötig wären.

Außerdem ist zu bedenken, dass entweder eine Speicherung des CO2 vor Ort möglich sein muss – was besondere Anforderungen an die geologischen Bedingungen am Standort der Anlage stellt – oder dass für den Transport des Kohlendioxids zu geeigneten Lagerstätten gesorgt werden muss, zum Beispiel durch Pipelines (Nemet et al. 2018). Dies verursacht ebenso Kosten wie die kontinuierliche Wartung und Sicherung der Lagerstätten.

Im Prinzip ist die Menge von Kohlendioxid, das sich durch die chemischen Prozesse in DAC-Systemen aus der Luft entfernen lässt, nach oben hin offen – begrenzende Faktoren sind aber der hohe Bedarf an Energie und Material sowie die Kapazität von langfristig sicheren CO2-Speichermöglichkeiten. In der wissenschaftlichen Literatur (z.B. Breyer et al. 2020) gibt es sehr optimistische Modellierungen von rund 150 Milliarden Tonnen jährlicher CO2-Entnahme im Jahr 2050 zu vergleichsweise geringen Kosten allein in Nordafrika (allerdings wurde hier vor allem Energieerzeugung und Kosten betrachtet, nicht aber die Aufnahmefähigkeit geologischer Formationen für das entfernte CO2). Andere Schätzungen, die auch die unterirdischen Speichermöglichkeiten und andere Faktoren berücksichtigen, sind weit zurückhaltender und rechnen für 2050 weltweit mit 0,5 bis 5 Milliarden Tonnen entnommenem CO2 pro Jahr (Fuss et al. 2018). Zum Vergleich: Allein Deutschlands Emissionen betrugen 2023 rund 0,6 Milliarden Tonnen, der globale CO2-Ausstoß mehr als 40 Milliarden Tonnen.

Der IPCC weist in seinem Sechsten Sachstandsbericht (IPCC 2022, AR6, Band 3, Kapitel 12.3.1.1) darauf hin, dass eine systematischere Analyse der DAC-Potenziale erforderlich ist, vor allem mit Blick auf den Wärme-, Strom-, Wasser- und Materialbedarf, die Verfügbarkeit geologischer Kohlendioxidspeicher und den Landbedarf von Energiequellen wie Solar- und Windkraftanlagen (siehe dazu auch Abschnitt 3). Ein besonderes Augenmerk gilt dabei der unterirdischen Speicherung, also dem „Storage“-Teil von DACCS. Theoretisch können weltweit laut IPCC ungefähr 10.000 Milliarden Tonnen CO2 in geologischen Strukturen eingelagert werden, das praktisch nutzbare Potenzial dürfte aber nur etwa ein Zehntel davon betragen (AR6, WG3, Kapitel 6.4.2.5) – mehr zum Thema in unserem F&A-Text zu CCS.

Mit der CO2-Entnahme aus der Luft selbst sind keine besonderen Risiken verbunden, bedenkliche Nebenwirkungen der Technologie können sich aber aus ihrem Energie-, Land-, Wasser- und Ressourcenverbrauch (siehe dazu Abschnitt 3) ergeben. Diese Aspekte können jeweils oder zusammengenommen dazu führen, dass DAC-Anlagen an bestimmten Orten (beispielsweise Flüssig-DAC-Systeme mit hohem Wasserverbrauch in einer trockenen Umgebung) negative Auswirkungen auf die Umwelt haben können oder auch bei einer Gesamtbetrachtung (zum Beispiel bei Einbeziehung des Energieaufwands für die Herstellung der verbrauchten Chemikalien) deutlich weniger CO2 entfernen als für den direkten Betrieb der Anlage angegeben. Werden DAC-Anlagen hingegen an Standorten errichtet, an denen günstige erneuerbare Energie, Abwärme und guter Zugang zu CO2-Lagerstätten vorhanden ist, können DAC-Systeme sowohl klima- und umweltverträglicher als auch kosteneffizienter arbeiten.

Weitere potenzielle Risiken können sich bei der anschließenden Kohlendioxidspeicherung unter der Erde ergeben. Zum Beispiel könnte bei der Verpressung des CO2 in bestimmte geologische Formationen salzhaltiges Wasser von dort in das Grundwasser verdrängt werden. Diskutiert werden auch mögliche CO2-Leckagen, sollten die unterirdischen Lager irgendwann undicht werden. Letzteres würden die Wirksamkeit von DACCS-Maßnahmen verringern, weil ein Teil des Treibhausgases doch wieder in die Atmosphäre gelangte. Insgesamt jedoch werden diese Risiken bei professionell betriebenen Lagerstätten als gering angesehen (mehr dazu in unserem separaten Text zur CCS-Technologie).

In der Forschung wird noch ein weiteres Risiko von Technologien wie DAC diskutiert, das diese indirekt für die Klimapolitik bergen könnten: Regierungen und die Öffentlichkeit könnten sich angesichts der großen Ungewissheiten und eventuell über-optimistischen Schätzungen ein zu positives Bild machen – und in der Erwartung künftiger CO2-Entnahmen aus der Luft andere, als mühsamer wahrgenommene Klimaschutzmaßnahmen (vor allem Emissionsvermeidung) verzögern oder ganz unterlassen (McLaren et al. 2021). Wenn jedoch mit Blick auf DAC andere Klimaschutzoptionen nicht verfolgt werden, warnt eine Studie, könne dies zu einer zusätzlichen Erderwärmung von bis zu 0,8 Grad Celsius führen, (Realmonte et al., 2019).

Auch der IPCC findet zu dieser Problematik klare Worte:

„Die CO2-Entnahme (CDR) ist ein notwendiges Element im Portfolio der Maßnahmen, um auf nationaler wie globaler Ebene Netto-Null-Emissionen zu erreichen. Mit ihr Rest-Emissionen aus schwer wandelbaren Sektoren wie Industrie, Verkehr oder Landwirtschaft auszugleichen, ist ein Schlüsselelement von Szenarien zur Begrenzung des weltweiten Temperaturanstiegs auf unter zwei Grad Celsius … [Doch] CDR kann nicht als Ersatz für tiefgreifende Emissionsminderungen dienen“ (IPCC 2022, AR6, Band 3, Kapitel 12, Cross-Chapter Box 8).

In der Forschung herrscht Konsens darüber, dass CO2-Entnahme-Technologien kein Ersatz für und keine Ablenkung von möglichst schnellen und starken Emissionssenkungen sein dürfen. Zugleich gelten Maßnahmen wie DAC mit unterirdischer CO2-Einlagerung (CCS) als „ein notwendiges Element“, um die Klimaerwärmung noch auf 2 Grad Celsius oder gar weniger begrenzen zu können (IPCC 2022, AR6, Band 3, Kapitel 12, Executive Summary).

Der Weltklimarat spricht von mehreren Funktionen, die CO2-Entnahme-Technologien (CDR) beim Klimaschutz ergänzend zu anderen Maßnahmen erfüllen können:

  1. kurzfristig den Netto-Ausstoß an Treibhausgasen durch menschliche Aktivitäten weiter reduzieren (also über das hinaus, was durch Emissionsminderungen allein erreicht werden kann);
  2. mittelfristig Rest-Emissionen aus solchen Sektoren ausgleichen, die sich nur schwer umstellen lassen, zum Beispiel CO2 aus Industrieanlagen oder aus dem Fernverkehr (etwa von Flugzeugen oder Containerschiffen), ebenso Methan oder Lachgas aus der Landwirtschaft; selbst bei starkem Klimaschutz ist ein Teil solcher Emissionen nicht vermeidbar, durch gleichzeitige CO2-Entnahme aus der Atmosphäre kann aber dennoch unterm Strich ein Netto-Null-Niveau der gesamten Treibhausgas-Emissionen erreicht werden;
  3. langfristig dazu beitragen, sogar Netto-Negativ-Emissionen zu erreichen und aufrechtzuerhalten, also die Konzentration von Treibhausgasen in der Atmosphäre wieder zu senken; dafür müssten CDR-Technologien in einem Umfang eingesetzt werden, der die Rest-Emissionen an Treibhausgasen übersteigt (IPCC 2022, AR6, Band 3, Kapitel 12, Cross-Chapter Box 8).

In Klimaschutzszenarien der Forschung spielen CO2-Entnahme-Technologien deshalb bereits seit langem eine feste Rolle. Doch die Schätzungen dazu, wie groß die Kapazitäten sein müssten, um die Erderhitzung noch auf unter zwei Grad begrenzen zu können, gehen teils weit auseinander. Laut IPCC müssten die verschiedenen CDR-Technologien im Jahr 2050 weltweit rund 5,75 Milliarden Tonnen Kohlendioxid aus der Atmosphäre ziehen können; DACCS werden dabei höchstens 1,74 Milliarden Tonnen zugetraut (IPCC 2022, AR6, Band 3, Kapitel 12, Executive Summary). Die Schätzungen im Report The State of Carbon Dioxide Removal 2024 liegen mit sieben bis neun Milliarden Tonnen als Gesamtniveau der CO2-Entnahme durch alle CDR-Methoden im Jahr 2050 noch höher. Die bisherigen Klimaschutzpläne der Staaten weltweit reichen bei weitem nicht aus, um dieses Niveau zu erreichen – die Forschung spricht deshalb von einer „CDR-Lücke“ (Lamb et al. 2024).
Ein Team des privaten Forschungsinstituts Rhodium Group hat für die USA durchgerechnet, wie Direct Air Capture zum Erreichen von Netto-Null-Emissionen bis 2045 beitragen könnte. In zwei Szenarien wurde mit einem schwächeren Einsatz von DAC (jährliche Entnahme-Kapazität von etwa 0,6 Milliarden Tonnen) und einem stärkeren Einsatz 1,8 Milliarden Tonnen CO2-Entnahme pro Jahr) gerechnet. Um dies zu ermöglichen, müssten knapp 700 bzw. mehr als 2.200 DAC-Großanlagen mit einer Jahreskapazität von einer Million Tonnen CO2-Entnahme errichtet werden. Um diese Aufgabe in Kontext zu setzen, nennt die Publikation eine Vergleichszahl: Gegenwärtig gebe es in den USA 613 Kraftwerke oder Industrieanlagen, die jede für sich mindestens eine Million Tonnen Kohlendioxid pro Jahr oder mehr ausstoßen.

Weltweit hat es in den vergangenen Jahren bereits einen starken Aufschwung bei der Forschung und Entwicklung zur DAC-Technologie gegeben – sowohl durch staatliche Förderprogramme als auch durch private Unternehmen. Die Zahl der bereits laufenden Anlagen und vor allem deren Kapazität ist aber noch immer sehr klein. Die bislang größten Projekte sind jene des Start-ups Climeworks auf Island, sie können im Dauerbetrieb bis zu 4.000 Tonnen („Orca“, Betriebsstart: 2021) bzw. bis zu 36.000 Tonnen („Mammoth“, Betriebsstart: 2024) Kohlendioxid pro Jahr aus der Atmosphäre ziehen. Vor allem in den USA und Kanada sind weitere, größere Projekte angekündigt – das Forschungsteam des Reports The State of Carbon Dioxide Removal trägt diese regelmäßig zusammen.

Doch selbst die Kapazitäten aller angekündigten DAC-Projekte sind nur ein Bruchteil dessen, was bereits mit traditionellen, natürlichen CO2-Entnahme-Projekten jährlich aus der Atmosphäre entfernt wird. Dies waren im Jahr 2023 laut dem Report The State of Carbon Dioxide Removal insgesamt gut zwei Milliarden Tonnen (anders ausgedrückt: 2000 Millionen Tonnen) – die bisherigen DAC-Kapazitäten (mehr dazu in Abschnitt 7) machen weniger als 0,1 Prozent davon aus.

Abbildung 2: Die weltweite CO2-Entnahmekapazität von DAC-Anlagen ist bislang verschwindend gering. Grün dargestellt sind die Mengen an Kohlendioxid (rund zwei Milliarden Tonnen), die 2023 durch Aufforstungen gebunden wurden. Alle neuartigen Entnahme-Technologien sind nur in der Detail-Vergrößerung (unterer Balken) zu erkennen; und DACCS (dunkelrot, ganz am linken Rand) macht selbst von diesen nur einen Bruchteil aus; Quelle: Smith et al. 2024, Figure 7.5

Mit einem bisherigen Beitrag von unter 0,01 Millionen Tonnen CO2-Entnahme pro Jahr durch DAC, steht die Anwendung dieser Technologie also noch ganz am Anfang. Ankündigungen verschiedener Unternehmen lassen aber auf eine stark steigende CO2-Entnahme durch neue DAC-Projekte in den kommenden Jahren hoffen.

Investitionen in Start-ups aus dem Bereich Carbon Dioxide Removal sind im vergangenen Jahrzehnt signifikant gestiegen, berichten die Autoren des Reports The State of Carbon Dioxide Removal 2024 – machen aber noch immer nur 1,1 Prozent der Gesamtinvestitionen in Klima-Technologie-Start-ups aus. Eine große Rolle bei der Finanzierung neuer DAC-Anlagen werde der sogenannte freiwillige CO2-Markt spielen, auf dem Unternehmen CO2-Kompensationszertifikate kaufen können. Aber auch staatliche Gelder fließen in erheblichem Umfang in den Bereich. So hätten die USA, Kanada, die EU, Australien, Japan, Deutschland und andere insgesamt mehr als 4,2 Milliarden Euro zugesagt – der allergrößte Anteil entfällt auf ein US-Förderprogramm namens „Regional Direct Air Capture Hubs“ mit 3,5 Milliarden US-Dollar über fünf Jahre.

Gleichzeitig betonen die Autoren, dass die Verbreitung und damit verbundene Preissenkungen bei neuen CDR-Technologien nur möglich würden, wenn es förderliche politische Rahmenbedingungen gibt. Das bedeutet, dass Regierungen Vorschriften oder Ziele setzen müssten, durch die eine Nachfrage nach CDR-Technologien wie DAC entsteht. Bislang fehle es daran ebenso wie an verbindlichen Regularien, etwa für die Überwachung und einheitliche Bilanzierung von CO2-Entnahmen. DAC-Pionier Climeworks gibt zudem an, dass die Herstellung von zum Beispiel 10.000 „Mammoth“-Anlagen á 72 Containern pro Anlage heute schlicht deswegen noch nicht möglich ist, weil es keine entsprechende Lieferkette für die benötigten Materialien gibt.

Die Szenarien, die von Wissenschaftlern im The State of Carbon Dioxide Removal Report 2024 betrachtet werden, rechnen damit, dass konventionelle CDR-Methoden wie Aufforstung und landwirtschaftliche Methoden zur Anreicherung von CO2 im Boden, bereits in den nächsten Jahrzehnten eingesetzt werden, während die neuartigen Methoden – darunter DACCS – vor allem in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts Verbreitung finden werden. In der ersten Ausgabe des Reports hatten die Autoren aus vorliegenden Daten zur Inbetriebnahme von Anlagen hochgerechnet, mit welcher Kapazität man künftig rechnen könnte (The State of Carbon Dioxide Removal Report 2023). Sie kamen auf eine riesige Spannbreite von 7 bis 297,5 Millionen Tonnen CO2 bis zum Jahr 2030.

Der IPCC rechnet ebenfalls mit einem deutlichen Zuwachs, in seinem Sechsten Sachstandsbericht von 2022 lautet das Fazit:

„Trotz des derzeit begrenzten Einsatzes, werden für DACCS moderate bis große künftige Potenziale geschätzt … Das Potenzial (fünf bis 40 Milliarden Tonnen pro Jahr) ist vor allem durch den hohen Bedarf CO2-armer Energie beschränkt sowie durch die Kosten (100 bis 300 US-Dollar pro Tonne CO2. Die DACCS-Technologie besitzt derzeit einen mittleren technologischen Reifegrad.“ (IPCC 2022, AR6, Band 3, Kapitel 12, Executive Summary).

Grob zusammengefasst in ganz einfachen Worten

Die DAC-Technologie ist teuer und energieintensiv und steckt noch in den Kinderschuhen. Ihr Klimanutzen hängt davon ab, woher die eingesetzte Energie stammt und ob das eingefangene CO2 dauerhaft zum Beispiel unterirdisch eingelagert werden kann. In den vergangenen Jahren wurden große Entwicklungsfortschritte gemacht, und zusammen mit immer billiger werdenden Erneuerbaren Energien wird auch DAC immer preiswerter. Dennoch ist ungewiss, wann die Technologie in großem Maßstab einsetzbar und konkurrenzfähig ist – daher sollte man sich nicht auf DAC verlassen und Möglichkeiten zum Senken des CO2-Ausstoßes nicht verzögern. Die Forschung hält DAC aber für unerlässlich, der Politik wird eine gezielte Förderung empfohlen.

Kerstine Appunn/Klimafakten
zuletzt aktualisiert: September 2024