Oliver Oest, 47, hat an der Universität der Künste in Berlin studiert und jahrelang in Netzwerkagenturen für internationale Marken gearbeitet. Im Jahr 2008 gründete er mit zwei Partnern eine eigene Kommunikationsagentur: Tinkerbelle mit Sitz in Berlin. Sie macht - so die Eigenwerbung - "Kampagnen für gute Sachen", unter anderem für Klimaschutz. Ihre Arbeiten im Auftrag des Bundesumweltministeriums erregten größere Aufmerksamkeit, etwa 2017 die gestickt-gereimten "neuen Bauernregeln" oder 2014 mehrere YouTube-Clips zum Thema Energieeffizienz. Außerdem lehrt Oest Kreativkommunikation an der Miami Ad School und der Steinbeis School of Innovation. 

 

1. Nennen Sie bitte eine Sache, die Ihnen persönlich wirklich sehr, sehr am Herzen liegt – und die Sie durch den Klimawandel gefährdet sehen.

Ich bin ja aus Hamburg, darum sehe ich den Anstieg des Meeresspiegels problematisch.

2. Wann und mit wem haben Sie zuletzt – jenseits Ihres Jobs – über den Klimawandel gesprochen?

Mit einer befreundeten Lehrerin, weil wir beide große Greta-Thunberg-Fans sind. Seit Gretas Auftritt auf der COP24 schieben wir uns Links, Artikel und Filmberichte hin und her. Sie gibt dem Klimawandel ein Gesicht, ist eine Identifikationsfigur, die einfach durch ihr Alter zu Kindern und Jugendlichen eine natürliche Verbindung herstellt, und führt die Generationen, die mit den Folgen des Klimawandels leben müssen, an ein politisches Thema heran. Ich fand besonders interessant, dass der Klimawandel durch sie einen ganz neuen Weg in den Schulunterricht findet. Zum Beispiel, 10. Klasse, Englisch: die Thunberg-Rede vom Klimagipfel verstehen, analysieren und diskutieren.

3. … und mit wem würden Sie sich gern einmal darüber unterhalten?

Mit Greta Thunberg. Bei einem Tee oder einem Kakao zum Beispiel hören, welche Erwartungen ihre Generation an Kommunikation zum Klimawandel hat - und mit ihr neue Ansätze ausspinnen. Ich denke, sie guckt auf das Thema vermutlich ganz anders als wir in der Agentur; diesen Blickwinkel kennenzulernen, fände ich sehr spannend. Und mich mich würde interessieren, wie sie mit dem Rummel um ihre Person umgeht. Wie ist ihre Einstellung zu den Anfeindungen und Hatern? Ich mach mir da ein bisschen Sorgen...

4. Wenn Sie versuchen, Menschen mit dem Thema Klimawandel zu erreichen - hatten Sie schon einmal einen Aha-Effekt in der Frage, wie das am besten gelingt?

"Die Menschen" schauen ja aus den unterschiedlichsten Blickwinkeln auf den Klimawandel, sie stufen ihn unterschiedlich hoch in der Priorität ein. Dasselbe gilt für die Möglichkeiten, die sie selbst haben, um ihm entgegenzuwirken. Letzten Endes geht es bei Kampagnen darum zu verstehen, was die einzelnen Gruppen bewegt - und die Argumentation gezielt darauf auszurichten. Wenn es dann gelingt, die Argumente nicht nur informativ, sondern auch überraschend zu kommunizieren, also Kopf und Bauch gleichzeitig anzusprechen, dann ist das der richtige Schritt, um zu überzeugen und zu mehr Klimaschutz zu motivieren.

Kürzlich haben wir mit einem Spot zum Thema "Mehrweg" einen Filmpreis gewonnen – das war ein Streich mit versteckter Kamera und einem Getränkeautomaten, der statt einer noch zusätzlich 49 leere Plastikflaschen ausgeworfen hat. Weil nämlich eine Mehrwegflasche im Gegensatz zu einer Einwegflasche im Schnitt 50 Mal befüllt werden kann. Das Format hat hier gut funktioniert, um eine an sich trockene Nachhaltigkeitsbotschaft mit einem Augenzwinkern zu transportieren.

5. Die Menschen, die Ihnen besonders nahestehen - könnten die zutreffend beschreiben, was Sie in Sachen Klimawandel tun?

Ja, die geben mir sogar Tipps, schicken mir Links und Fotos zum Thema oder laden mich zu Veranstaltungen ein, bei denen ich über Nachhaltigkeitskommunikation sprechen darf.

6. Stellen Sie sich vor, Sie wären die Vorsitzende einer politischen Partei, die den Klimaschutz voranbringen will. Was wäre der Kampagnen-Slogan, mit dem Sie Ihre Wählerinnen und Wähler erreichen?

Unsere Klimaschutz-Kampagne von 2014 für das Bundesumweltministerium hatte einen Claim, den ich auch heute noch als treffend und aktuell empfinde: "Zusammen ist es Klimaschutz".

Vergangenen Monat in dieser Rubrik:
Frank-Michael Uhle, Klimaschutzmanager im rheinland-pfälzischen Rhein-Hunsrück-Kreis