„Wie langweilig darf das Thema Klimawandel sein?“ – so lautete eine der Leitfragen, die sich die Moderatoren für die klimafakten-Veranstaltung „Klima: Sprechen wir darüber. Aber wie?“ notiert hatten. Anlass war der Relaunch von klimafakten.de kurz vor dem Jahreswechsel, der mit einer konzeptionellen Erweiterung des Projekts einherging: Neben die Auseinandersetzung mit skeptischen Einwänden an die Adresse der Klimaforschung tritt seitdem auch die Frage, was gelingende Klima-Kommunikation denn ausmacht.
Zur Diskussion über die Langeweile beim Thema kam es vergangenen Freitag dann jedoch nicht –auch, weil die Podiumsreferenten selbst auf anregende, inspirierende, wachmachende Zugänge zum Thema setzten. So nahm sich das Podium vor dem Publikum im Projektzentrum der Stiftung Mercator in Berlin vielmehr zunächst den Weltuntergang vor. Und war sich einig, dass in der öffentlichen Debatte über den Klimawandel Katastrophenbilder und Apokalyptik zwar durchaus dominant, aber eben doch oft kontraproduktiv seien.
Diese Einigkeit mochte überraschen, denn mit dem Romanautor Dirk C. Fleck, dem Dramaturgen Imanuel Schipper, der Klimaforscherin Daniela Jacob, dem Meteorologen Frank Böttcher und Katrin Kortmann vom Zentralkomitee der deutschen Katholiken diskutierten Menschen mit höchst unterschiedlichen Ansätzen. Doch alle Podiumsteilnehmer unterstrichen: Das Klimathema muss stärker positiv besetzt werden. Etwa, indem man die Tür öffne, um über eigene Glaubens- und Wertvorstellungen zu sprechen (Karin Kortmann) oder auch, um gesellschaftliche Utopien von einem Leben im ökologischen Gleichgewicht zu stiften (Dirk C. Fleck). Oder auch, indem man die Tonlage herunterdimme, weg von Weltverbrennungsszenarien: „Es gibt neben dem Klimawandel auch andere sehr wichtige, sehr zentrale Themen für unsere Gesellschaft – das müssen und das können wir aushalten“, erinnerte Daniela Jacob, Chefin des Climate Service Center GERICS in Hamburg.
Diplomatie schafft den Sprachraum der Weltgemeinschaft
Vor der Podiumsdebatte waren Referenten und Publikum gemeinsam eingetaucht in die Pariser Welt-Klimakonferenz – und in deren theatralisches Spiegelbild der „Welt-Klimakonferenz“, die das Theater-Kollektiv Rimini Protokoll 2015 vor und mit insgesamt rund 10.000 Zuschauern am Hamburger Schauspielhaus inszeniert hatte. Die postdramatische Theatergruppe Rimini Protokoll setzt in ihren Produktionen vor allem auf das In-Szene-Setzen an Orten jenseits des klassischen Sprechtheaters – an Orten wie Strafgerichten, Wochenmärkten, Stadtverwaltungen oder eben Klimakonferenzen also, die selbst theater-ähnliche Momente in sich tragen.
Das Berliner Publikum von klimafakten.de konnte dabei nacherleben, was zuvor das Theaterpublikum in Hamburg und das Politikpublikum in Paris erlebt hatten: „Das sinnstiftende, Einigung ermöglichende Moment von Diplomatie, das aus einem diffusen Rahmen den Geist der Weltgemeinschaft geschaffen hat“, wie es Imanuel Schipper formulierte.
cam