"Die Ära der Klimaskeptiker ist noch lange nicht vorbei" - mit diesen Worten fassen die Politologen Constantine Boussalis und Travis Coan das Ergebnis einer Studie zusammen, die sie kürzlich in der Zeitschrift Global Environmental Change publizierten. Die Arbeit der beiden Wissenschaftler von den Universitäten Dublin und Exeter ist nach eigenen Angaben der bisher breiteste systematische Überblick über Umfang und Inhalt von Diskursen, in denen Erkenntnisse der Klimaforschung bezweifelt und geleugnet werden. Für ihre Untersuchung analysierten Boussalis und Coan insgesamt 16.000 Dokumente zum Thema Klimawandel, die zwischen 1998 und 2013 von 19 konservativen, US-amerikanischen Think Tanks veröffentlicht wurden.
Die analysierten Think Tanks mit dem meisten "Output" waren mit Abstand das Heartland Institute, das Science and Public Policy Institute und das Center for the Study of Carbon Dioxide and Global Change. Diese "Denkfabriken" sind in der Vergangenheit unter anderem von Ölunternehmen wie ExxonMobil oder Stiftungen der im Ölgeschäft tätigen Familie Koch gesponsert worden. Das Ergebnis der Zählung deckt sich mit der Einschätzung von Journalisten und anderen Forschern, die das Heartland Institute als einflussreichste Institution der Szene bezeichnet haben.
Die Zahl der Veröffentlichungen stieg zwischen 1998 und 2013 deutlich
Der Studie zufolge produzierten die untersuchten Institutionen in fünfzehn Jahren eine stetig steigende Zahl von Material, allerdings gab es – in enger Korrelation zu externen Ereignissen – besonders aktive Perioden. Zum Beispiel wurde der Höhepunkt zum Jahreswechsel 2009/2010 erreicht, also kurz nach dem gescheiterten UN-Klimagipfel in Kopenhagen und der Veröffentlichung gestohlener Privatmails von Klimaforschern ("Climategate"). Daraus schließen die Forscher, dass die Think Tanks sehr reaktive Organisationen seien. Sie würden offenkundig stark auf die aktuelle politische und mediale Lage reagieren, um ihr Anliegen voranzubringen – nämlich zu verhindern, dass die Erkenntnisse der Klimaforschung zu adäquaten politischen Klimaschutz-Beschlüssen führen.
Veröffentlichungen des konservativen Heartland-Instituts zum Klimawandel – Kritik von Klimapolitik wurde im Verlauf der 15 untersuchten Jahre deutlich seltener, Angriffe auf die Klimawissenschaft nahmen deutlich zu Quelle: Boussalis/Coan 2016
Wesentlicher Teil der Studie ist die Identifikation der Themen, die von den Think Tanks aufgegriffen bzw. bedient wurden. Mittels der Methode des Text Minings filterten die Autoren 47 unterschiedliche Thesen und dazugehörige Argumentationsmuster aus Artikeln, Blogeinträgen, Reden, Reports und Pressemitteilungen heraus. Dann analysierten die Wissenschaftler, wie häufig die extrahierten Themen vorkamen.
Weniger direkte Kritik an Klimaschutzpolitik, mehr Angriffe auf die Klimaforschung
Sehr "beliebt" bei den 19 konservativen Think Tanks war demnach das Infragestellen naturwissenschaftlicher Grundlagen des Klimawandels. Außerdem wurde besonders häufig der Fakt bestritten, dass sich Klimaforscher weitestgehend einig darin sind, dass menschliche Aktivitäten hauptverantwortlich sind für den gegenwärtigen Klimawandel – stattdessen verwiesen die Think Tanks oft auf natürliche Klimazyklen als angebliche Ursache. Ebenfalls häufig kamen Angriffe auf den IPCC vor oder die These, dass Wissenschaftler oder auch Politiker wie Al Gore eine künstliche Beweislage konstruiert hätten, um Panik zu verbreiten und wirtschaftlichen Interessen oder ihre politische Ideologie durchzusetzen.
Besonders auffällig: Die direkte Kritik an Klimapolitik nahm im Zeitverlauf ab, deutlich zugenommen haben hingegen Angriffe auf die Klimaforschung – offenbar halten die Think Tanks eine indirekte Unterminierung von Klimapolitik für wirksamer als direkte Angriffe.
sg