Der Dürre- und Hitzesommer 2018 hat die Aufmerksamkeit für den Klimawandel in Medien und Öffentlichkeit merklich erhöht (was übrigens auch klimafakten.de an seinen Klickzahlen merkt). Dass man sich mehr für die Erderhitzung interessiert, wenn man seine möglichen Folgen persönlich zu spüren bekommt - dieser Zusammenhang ist naheliegend und wurde auch schon durch einige wissenschaftliche Studien bestätigt. Aber hat die größere Aufmerksamkeit für das Thema auch Auswirkungen auf das konkrete Handeln der Menschen?

Extremwetterlagen dürften im Zuge des Klimawandels deutlich zunehmen - im Bild eine Gewitterzelle über Ernstthal am Rennsteig (Thüringen) Foto: Rüdiger Manig/DWD

Diese Frage hat ein Forscherteam um den Umweltökonomen Shaun Larcom von der britischen Cambridge University in einer Studie untersucht, die in der aktuellen Ausgabe des Fachjournals Nature Climate Change erschienen ist. Auch in Großbritannien war der Sommer 2018 extrem, er war einer der vier heißesten seit Beginn der Aufzeichnungen. Der Rekordwert von 35,3 °C wurde am 25. Juli in Faversham (Kent) registriert. Für ihre Studie befragten die Forscher 2.189 Personen in elf Regionen in Großbritannien und machten sich bei der Auswertung zunutze, dass es während der Hitzewelle landesweit deutliche Temperaturunterschiede gab: Die Antworten von Personen in besonders heißen Regionen wurden mit denen verglichen, die Bewohner aus nicht so stark betroffenen Gegenden gaben.

Die Veränderung beim Klimabewusstsein war begrenzt - und nur kurz

Den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Studie wurden Fragen dazu vorgelegt, wie sie die Sicherheit der Energie-, Wasser- und Lebensmittelversorgung einschätzten und wie sehr sie bereit sind, sich umweltschonend zu verhalten. Bei der Auswertung der Antworten achteten die Forscher darauf, dass soziale oder demografische Faktoren (etwa Geschlecht oder Alter) ausgeglichen wurden. Die Daten lieferten - kurzgesagt - drei Erkenntnisse:

1. Wer stärker von der Hitzewelle betroffen war, äußerte sich deutlich besorgter über die Sicherheit der Energieversorgung (zwar waren auch die Sorgen über drohende Knappheiten bei Wasser und Lebensmittel etwas größer, aber weniger signifikant).

2. Doch darauf, wie umwelt- und klimaschonend man sich verhalten will, hatte die Extremwetter-Erfahrung kaum Einfluss - jedenfalls war die Bereitschaft der Personen in den hitzegeplagten Regionen, sparsam mit Energie, Wasser und Lebensmitteln umzugehen, nicht statistisch signifikant höher als in der Vergleichsgruppe.

3. Und: Menschen "vergessen" offenbar schnell, jedenfalls war der gemessene Effekt nur vorübergehender Natur. Als das Forscherteam fünf Monate später (vom 3. bis 14. Dezember 2018) ihre Befragung wiederholte, waren praktisch keine Unterschiede zwischen den Untersuchungsregionen mehr feststellbar.

Veränderungen bei der Wahrnehmung des Klimawandels "scheinen also nicht anzuhalten und auch nicht dazu zu führen, dass die Leute ihr Verhalten ändern wollen", lautet das Fazit der Forscher. Allerdings könne sich dies durchaus ändern, wenn die Menschen nicht nur einmal einem Wetterextrem ausgesetzt sind, sondern ähnliche Erfahrungen mehrfach machten (was bei fortschreitendem Klimawandel zunehmend wahrscheinlich wird).

"Never waste a good crisis"

Das Ergebnis lasse sich dennoch positiv für Klimapolitik und -kommunikation nutzen, schreiben die Forscher. Bekanntlich trifft die Einführung konkreter Klimaschutzmaßnahmen oft auf Widerstände. "Unsere Ergebnisse deuten darauf hin", so das Autorenteam, "dass die Erfahrung von Extremtemperaturen zu einem deutlichen Anstieg der Besorgnis in Sachen Energiesicherheit führt." Diese Momente könnten deshalb "Gelegenheitsfenster" sein, um Entscheidungen für mehr Klimaschutz zu treffen.

Die Forscher geben damit einen Rat, den - deutlich salopper und vielleicht ein bisschen sehr zynisch formuliert - vor Jahren auch Rahm Emanuel einmal als politische Maxime ausgab, damals Stabschef von US-Präsident Barack Obama: "Never waste a good crisis" - zu deutsch: "Vergeude niemals eine 'gute' Krise".

Toralf Staud