Als Papst Franziskus im Juni seine Enzyklika "Laudato Si" zu Umweltverschmutzung und Klimawandel vorlegte, fragten sich etliche Beobachter, ob sie wohl einen nennenswerten Einfluss auf die öffentliche Meinung haben werde. Zumindest für die US-Öffentlichkeit hat eine Studie diese Frage nun offenbar klar beantwortet: Ja, das Oberhaupt der Katholischen Kirche hat die Einstellungen zum Klimawandel verändert – und anscheinend nicht nur bei Katholiken. 17 Prozent aller Studienteilnehmer gab demnach an, die Enzyklika habe ihre Ansichten zum Klimawandel beeinflusst, unter den katholischen Befragten waren es mit 35 Prozent sogar doppelt soviele.
Verantwortet wurde die Untersuchung von Anthony Leiserowitz von der Yale University (Connecticut) und Edward Maibach von der George Mason University in Fairfax (Virginia). Für die Studie wurden mehr als 900 repräsentativ ausgewählte Personen befragt – einmal vor und einmal nach der Veröffentlichung der Enzyklika und der umfangreichen Medienberichterstattung dazu. „Das Ausmaß des Meinungswandels hat mich überrascht“, sagte Edward Maybach dem New Scientist. „Wir hatten mit eher kleinen Veränderungen gerechnet.“
Laut der Studie hat sich der Anteil jener Katholiken, die sich bei den Befragungen „sehr besorgt“ („very worried“) über den Klimawandel zeigten, mehr als verdoppelt. Um immerhin zehn Prozent stieg unter den US-Katholiken die Zahl derjenigen, die die Realität des Klimawandels anerkennen – von 64 Prozent im März auf 74 Prozent im Oktober. In der Gesamtstichprobe kletterte dieser Wert von 62 auf 66 Prozent. Wie Maybach weiter betonte, waren die Veränderungen bei jenen Themenaspekten besonders groß, die Papst Franziskus in seiner Enzyklika stark herausgestellt hatte: Dass der Klimawandel vor allem die Armen und die Entwicklungsländer trifft und Klimaschutz eine Frage der Moral ist. Gestiegen (um rund fünf Prozentpunkte) ist außerdem ganz allgemein die Häufigkeit, mit der die Befragten in der Familie oder im Freundeskreis über den Klimawandel reden.
"Der Überbringer einer Botschaft ist häufig wichtiger als die Botschaft selbst"
Der von den Autoren so genannten „Franziskus-Effekt“ verstärkte eine bereits länger erkennbare Entwicklung. Nach 2009 war das Klimabewusstsein der US-Öffentlichkeit erst deutlich gesunken – was zusammenfiel mit dem Scheitern des Klimagipfels von Kopenhagen und den Climategate“-Vorwürfen um angebliche Betrügereien von Klimaforschern, aber auch mit dem Ausbruch der Finanzkrise und zunehmenden ökonomischen Sorgen. Nach 2010 jedoch begann wieder ein Aufwärtstrend beim Bewusstsein für den Klimawandel, Beobachter führen dies unter anderem auf die Zunahme von Extremwetterereignissen zurück.
In der US-Öffentlichkeit sei der Papst nun, schreibt der New Scientist, "die meistrespektierte Autorität" in Sachen Klimawandel geworden - sechs von zehn Befragten trauen ihm und damit mehr als Politikern wie Präsident Obama oder den Spitzen der Republikaner. "Es ist ein Grundsatz der Kommunikation, dass der Überbringer einer Botschaft häufig wichtiger ist als die Botschaft selbst", kommentiert Anthony Leiserowitz. Die Popularität des Papstes habe die Zuhörer empfänglich gemacht für etwas, was sie sonst vielleicht nicht hören würden. "Franziskus hat die Klimadebatte in einem Maße vorangebracht, wie es das vorher noch nicht gab."
tst