Verschwörungstheoretiker versuchen, bestimmte Dinge durch eine Verschwörung zu erklären. Manche behaupten zum Beispiel, die Terroranschläge des 11. September 2001 seien in Wahrheit vom US-Geheimdienst verübt worden. Andere glauben, die Mondlandung der Nasa-Sonde Apollo 11 im November 1969 sei ein Fake gewesen oder der Verkehrsunfall, bei dem 1997 in Paris die britische Prinzessin Diana starb, vom Königshaus fingiert.
Auch zum Klimawandel kursiert solch eine Verschwörungstheorie: Er sei eigentlich gar nicht existent, sondern eine von Forschern erdachte Fiktion, um Fördergelder zu erhalten. Eine Variante der Theorie sieht eine noch größere Verschwörung am Werk: Nämlich eine von staatsgläubigen Linken und Sozialisten, die sich den Klimawandel ausgedacht (bzw. Forscher hiermit beauftragt) haben, um einen Vorwand zu erhalten, die Freiheit von Wirtschaft und Bürgern einzuschränken. Der Haken an diesen Klima-Verschwörungen: Wirklich "aufgedeckt" worden sind sie bisher nicht.
Wieviele Verschwörer dürfen beteiligt sein, damit die Konspiration funktioniert?
In einem Aufsatz in der Fachzeitschrift PLOS One hat nun der Phyiker David Grimes von der Oxford University jetzt mit Mitteln der Mathematik dargelegt, warum bereits die Annahme einer Klimaverschwörung wenig plausibel ist: Wenn es sie gäbe, wäre die Zahl der Mitwisser so groß, dass es unter den Beteiligten mit sehr, sehr hoher Wahrscheinlichkeit längst jemanden hätte geben müssen, der die ganze Sache auffliegen lässt.
Grimes' Arbeit stützt sich auf drei tatsächliche Verschwörungen, die in den vergangenen Jahrzehnten in den USA enthüllt wurden, darunter das Überwachungsprogramm Prism, das der Whistleblower Edward Snowden an die Öffentlichkeit brachte. Aus der Zahl der jeweils Beteiligten (bei Prism rund 30.000 Geheimdienstmitarbeiter) und der Dauer der unentdeckten Existenz (bei Prism etwa sechs Jahre) leitet Grimes eine simple Formel ab, mit der sich errechnen lässt, wie lange es bei einer gegebenen Zahl von Beteiligten dauert, bis einer von ihnen einen Fehler macht oder absichtlich auspackt.
"Große Konspirationen mit mehr als tausend Beteiligten", so Grimes Fazit, "brechen schnell zusammen." Eine Verschwörung, die fünf Jahre geheim bleibt, kann nach seiner Rechenformel höchstens 2.531 Personen umfassen. Eine Existenz von 25 Jahren sei nur mit weniger als 502 Verschwörern zu erreichen. Und wenn eine Verschwörung länger als hundert Jahre halten soll, dürften nicht mehr als 125 Personen beteiligt sein.
Gäbe es eine Klimakonspiration, sie hätte schon fünfmal auffliegen müssen
Das Ergebnis für die angebliche Klimaverschwörung ist deutlich: Bei geschätzt 400.000 notwendigen Mitwissern (so viele Personen gehören, grob überschlagen, beteiligten Forschungsinstitutionen an) hätte sich schon nach 3,7 Jahren jemand finden müssen, der Alarm schlägt. Nähme man den ersten Sachstandsbericht des IPCC 1990 als Beginn der Verschwörung an, dann hätte die angebliche Klimakonspiration bereits mehr als fünfmal so lange gehalten.
Hartgesottene Verschwörungstheoretiker jedoch wird Grimes' Studie nicht überzeugen - zumal ihre empirische Basis ironischerweise auf einer geringen Fallzahl beruht. Gegenargumente drehen die Anhänger von Verschwörungstheorien nämlich in der Regel um in vermeintliche Bestätigungen: Ist ein Argument schwer oder gar nicht zu widerlegen, sehen sie darin sofort einen Beleg für die besondere Rafinesse und Macht der Verschwörer. Und wer weiß: Vielleicht ist ja auch David Grimes Teil der großen Klimakonspiration?
tst