"Exxon knew" (zu deutsch: "Exxon wusste es") ist seit Jahren ein Schlagwort journalistischer Recherchen, juristischer Ermittlungen und politischer Kampagnen. Seit den 70er und 80er Jahren, so der Kern der Vorwürfe, wusste der US-Erdölkonzern Exxon darüber Bescheid, dass die Verbrennung fossiler Energieträger eine gefährliche Klimaveränderung bewirken würde. Doch statt nach alternativen Geschäften zu suchen oder die Öffentlichtkeit zu informieren, baute Exxon die Erdölförderung massiv aus - und finanzierte Desinformationskampagnen, die gezielt (und gekonnt) Zweifel an den Erkenntnissen der Klimaforschung säten, wie unter anderem die Wissenschaftshistorikerin Naomi Oreskes belegte.
Seit ein paar Tagen macht nun auch Konkurrent Royal Dutch Shell Schlagzeilen: Der Investigativjournalist Jelmer Mommers vom holländischen Online-Magazin De Correspondent hat Dokumente ausgegraben, die den britisch-niederländischen Konzern in ähnlichem Licht erscheinen lassen. Demnach hat vor mehr als 30 Jahren eine Shell-Forschergruppe unter anderem einen - rückblickend betrachtet - erschreckend hellsichtigen Bericht verfasst. "31 Seiten Schocklektüre" lautet die Überschrift diese Woche im Nachrichtenmagazin Der Spiegel.
"Der Aufstieg des Klimaleugners Trump geht auch auf das Konto von Shell"
"In glasklarer Sprache schildern die Konzernforscher darin ohne einen Anflug von Zweifel, wie das bei der Verbrennung von fossilen Energieträgern freigesetzte Kohlendioxid die Erde aufheizen wird – 'nicht zu Lebzeiten der gegenwärtigen Entscheider', wohl aber zu denen ihrer Kinder und Enkel. Das sind wir", so der Spiegel. Doch auch Shell investierte weiter in die Erschließung immer neuer Vorkommen von Öl, und Gas - mit verheerenden Folgen."Von allem fossilen CO2, das seit Beginn der Industrialisierung freigesetzt wurde, ist mehr als die Hälfte erst nach 1988 in die Atmosphäre gelangt", ruft das Magazin in Erinnerung.
Gemeinsam mit anderen Ölmultis wie Chevron, BP und Exxon gründete Shell 1989 die Lobbyorganisation "Global Climate Coalition", die mit einem Millionenetat systematisch Zweifel an der Klimaforschung schürte. "Die Wirkung dieser und anderer Desinformationskampagnen hält bis heute an", resümiert der Spiegel. "Der Aufstieg des Klimaleugners Donald Trump und der Ausstieg der USA aus dem Pariser Klimaschutzabkommen gehen auch auf das Konto von Shell & Co."
Auf der Website climatefiles.com ist der Report der Shell-Forscher ebenso wie zahlreiche weitere Dokumente des Konzerns nun öffentlich zugänglich.
tst