Kipppunkte im Klimasystem
Viele Menschen gehen davon aus, dass in einem komplexen System wie dem Klima kontinuierliche Änderungen der Rahmenbedingungen auch eine allmähliche Reaktion des Systems hervorrufen. Als Beispiel stelle man sich eine Taschenlampe vor, die durch einen Dynamo angetrieben wird: Je stärker man kurbelt, desto heller strahlt die Lampe. Auch in der Wissenschaft werden komplizierte Systeme oft vereinfacht, indem in einem bestimmten Gültigkeitsbereich ein konstanter Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung angenommen wird.
Weil das Klimasystem aber nichtlinear ist und es zahlreiche positive Rückkopplungen (Prozesse, die sich selbst verstärken) gibt, ist diese Annahme im Allgemeinen jedoch nicht richtig. Somit kann es insbesondere in dafür anfälligen Regionen zu plötzlichen und drastischen Klimaänderungen kommen. Auch eine kleine Beeinflussung durch den Menschen (zusätzlich zu den bisher scheinbar folgenlos gebliebenen Eingriffen) kann dann das sprichwörtliche Fass zum Überlaufen bringen. Auch wenn die Ursache danach zurückgenommen werden sollte, wird das Klima nicht unbedingt wieder in den alten Zustand zurückkehren, die Änderung ist also irreversibel. Die Identifizierung solcher großräumiger „Kipppunkte“ und die Vorhersage eines „Umkippens“ von natürlichen Systemen könnte daher großen Schaden verhindern, die Wissenschaft ist davon aber noch ein großes Stück entfernt.