Ob es um Impfungen geht oder um den Klimawandel - "die Menge von Nonsens, der über Wissenschaft geschrieben wird, ist am Zunehmen". Mit dieser Analyse beginnt ein Kommentar in der aktuellen Ausgabe des Forschungsmagazins Nature. Autor ist der britische Geochemiker Phillip Williamson von der University of East Anglia. Er ist einer der führenden Fachleute zum Thema Ozeanversauerung, und vor ein paar Monaten hat er öffentlich und sehr detailliert einem Artikel des rechtskonservativen Journalisten und Klimawandel-Leugners James Delingpole widersprochen. Ein solches Unterfangen sei extrem aufwändig, schreibt Williamson und zitiert - mit sarkastischem Augenzwinkern - das sogenannte Brandolini-Gesetz, benannt nach einem italienischen Informatiker: "Das Widerlegen von Schwachsinn erfordert eine Zehnerpotenz mehr Energie als dessen Produktion."
Trotzdem, argumentiert Williamson, müssten sich Wissenschaftler diese Mühe machen. "Der wissenschaftliche Prozess endet nicht, wenn die Forschungsergebnisse in einer peer-reviewten Fachzeitschrift veröffentlicht sind." Es gehöre auch zu den Aufgaben der Wissenschaft, für die weitere Verbreitung ihrer Ergebnisse zu sorgen. Forschern sollte dabei aber klar sein, dass sie sich weniger an jene Leute richten, die falsche und ideologisierte Aussagen über die Wissenschaft verbreiten - sondern an das weitere Publikum. Diese Leute seien in der Regel offen für Fakten, und sie dürfe man keinesfalls mit potenziell verwirrenden Falschaussagen alleinlassen.
Williamson appelliert an seine Kollegen, sich in Sozialen Netzwerken wie Twitter oder Facebook ebenso zu Wort zu melden wie in den Kommentarbereichen von Blogs und Websites. Auch sollten sie andere Forscher bei einschlägigen Projekten unterstützen, etwa dem Portal Climate Feedback. Und am Schluss seines Textes breitet Williamson eine innovative Idee aus: Warum nimmt sich die Wissenschafts-Community nicht ein Beispiel an Bewertungsportalen wie TripAdvisor? So wie auf dieser Website Reisende die Güte von Reiseangeboten öffentlich einschätzen (und zu vielgelesenen Ratgebern werden), könnten ausgewiesene Fachleute auf einem moderierten Portal bewerten, wie zutreffend Medien und andere Internetseiten jeweils den Stand der Forschung wiedergeben.
Eine ähnliche Strategie verfolgt übrigens bereits das Projekt Mediendoktor Umwelt: Anhand einer definierten Liste von Standards untersucht es die Qualität von Berichten zum Umweltthemen in Print-, TV-, Hörfunk- und Online-Medien. Eines der Hauptthemen in den untersuchten Artikeln: der Klimawandel.
tst