Unternehmenskommunikation ohne Social Media? Für PR-Profis undenkbar. Unternehmen nutzen heute soziale Medien so selbstverständlich wie vor 40 Jahren das Festnetz-Telefon, für Vereine und Verbände im Bereich gilt dasselbe. Aber wie geht eigentlich der Kommunale Klimaschutz mit Social Media um? Eine detaillierte Untersuchung zum Thema gibt es bislang nicht. Doch wer sich bei Facebook, Twitter und anderen Plattformen umschaut, gewinnt den Eindruck: Ein professioneller, gar virtuoser Umgang mit diesen Medien ist unter Kommunalen Klimaschutzmanagern bislang selten anzutreffen.

Viktor Klein arbeitet als Klimaschutzmanager bei der Verbandsgemeinde Birkenfeld in Rheinland-Pfalz und ist ehrenamtliches Vorstandsmitglied im Bundesverband Klimaschutz (BVKS) - und er bestätigt: "Es gibt extrem wenige Akteure, die aktiv und systematisch posten." Er selbst geht mittlerweile mit gutem Beispiel voran, allerdings in eher kleinem Maßstab: Seiner Fanseite auf Facebook folgen 239 Personen, auf Twitter hat er 274 Follower. Andere Plattformen wie Instagram oder Snapchat nutzt er nicht.

So präsentiert sich der Klimaschutzmanager des rheinland-pfälzischen Birkenfeld, Victor Klein, auf Facebook

Seit 2013 ist Klein für seinen Arbeitgeber digital unterwegs. Dabei hat er sich innerhalb seiner Behörde ein Sonderrecht erkämpft: Er darf frei posten, ohne lange Abstimmungswege, wie sie sonst in Sachen Öffentlichkeitsarbeit in Ämtern üblich sind. Doch aller Anfang war schwer: "Es gab extreme Widerstände und Bedenken", erinnert sich Klein. "Zum Beispiel hatte der damalige Landesdatenschutzbeauftrage große Bedenken gegenüber Social Media. Und in der Verwaltung war die Angst vor Shitstorms und Trollen sehr groß. Ich stand sogar unter Verdacht, in erster Linie Facebook privat auf Arbeit nutzen zu wollen." Doch schließlich konnte Klein seine Kollegen und Vorgesetzten überzeugen.

Wegen seines Umgangs mit Nutzerdaten ist Facebook für Ämter ein Problem

Eine Situation von der viele andere nur träumen können. Sebastian Krug beispielsweise, Klimaschutzmanager des Kreises Rendsburg-Eckernförde, ist es als Vertreter der Kreisverwaltung nicht gestattet, diese Art der Kommunikation zu nutzen. "Ich versuche, privat bei Instagram und Facebook, meine Arbeit zu veröffentlichen", sagt er und weist darauf hin, dass es vielen seiner Kollegen ähnlich gehe. Klimaschutzmanager sind zum großen Teil in Behörden, etwa Stadtverwaltungen, angesiedelt. Ob die überhaupt Facebook nutzen dürfen, ist bislang juristisch nicht abschließend geklärt. Die Antwort ist kompliziert, derzeit beschäftigen sich das Bundesverwaltungsgericht und der Europäische Gerichtshof mit der Frage. Fest steht jedoch: Facebook ist ein Lieblingsgegner behördlicher Datenschutzbeauftragter. Nicht zu Unrecht: Mit dem Vorwurf, den Schutz von Nutzerdaten mit Füßen zu treten, hat Facebook in den letzten Jahren immer wieder für Schlagzeilen gesorgt.

Es geht aber nicht nur um Datenschutz – hinzukommen Image-Sorgen. "Behörden müssen ja – zum Beispiel das Ordnungsamt – auch unliebsame Entscheidungen treffen", erklärt Krug. "Und es gibt die Befürchtung, dass sich in den Sozialen Medien das negative Image der Verwaltung auf das Thema Klimaschutz überträgt." Zumindest für ihn bringt demnächst eine institutionelle Trennung die Lösung: Die Kreisverwaltung Rendsburg-Eckernförde plant die Gründung einer separaten Klimaschutzagentur. "Dann werden wir auch soziale Online-Netzwerke offiziell nutzen können", so Krug.

Furcht vor Schmähkritik - doch die ist wohl übertrieben

Einer der Hauptgründe, warum Klimaschutzmanager kaum Soziale Medien nutzen, scheint die Angst vor Shitstorms zu sein. BVKS-Vorstand Viktor Klein hält diese Befürchtung jedoch für übertrieben. "Dafür ist die Zahl der Follower, die sich ja bei uns lokal sehr begrenzt hält, viel zu klein." Erst eine große Fangemeinde bringe dieses Risiko mit sich. Dann müssten Posts wohldurchdacht sein, damit keine Empörungswellen hochschlagen. Aus eigener Erfahrung berichtet Klein: "Bei mir sind das ein bis drei Leute, die mal kritisch nachfragen oder etwas in Frage stellen."

Kommunikationspraktiker aus den Kommunen wünschen sich mehr professionell gestaltete Klimaschutz-Kampagnen wie diesen Online-Werbeclip, die sie dann lokal und regional streuen und anpassen können; Screenshot: BMU

Leider ist Öffentlichkeitsarbeit für die meisten Kommunen eine lästige Pflicht", sagt Viktor Klein, in dessen Verband bundesweit hunderte Klimaschutzmanager organisiert sind. "Das muss sich dringend ändern." Klein hält die Nutzung von Online-Netzwerken im Kanon anderer öffentlichkeitswirksamer Maßnahmen für äußerst wichtig. Das sieht auch Anna Deisenhofer so, Marketing-Referentin der Energieagentur Rheinland-Pfalz: "Diese Art der Kommunikation birgt einige Chancen für das Klimaschutzmanagement. Sie ist ein gutes Instrument der Bürgerbeteiligung, das viele Analysemöglichkeiten über die Nutzer bietet. Und sie verleiht Behörden ein modernes, fortschrittliches Image."

"Wir brauchen zentral aufgelegte, professionelle Kampagnen zum Teilen"

Doch es gibt noch eine entscheidende Hürde: Um Facebook, Twitter und andere Plattformen richtig zu nutzen, braucht es Know-How und Zeit. "Für Einzelkämpfer, was wir ja meist sind, ist es sehr schwer, die Kapazität aufzubringen, diese Medien adäquat zu bespielen. Und wenn man es nicht richtig macht, kann man es auch gleich lassen", sagt Sebastian Krug aus Rendsburg-Eckernförde. "Gelegentliches Posten bringt gar nichts", meint auch Viktor Klein. "Man muss mehrere Kanäle bedienen und zwar regelmäßig, alle zwei Tage."

Im Namen des Bundesverbands Klimaschutz fordert er deshalb, mehr Professionalisierung für Klimaschutzmanager in Sachen Social Media. Und er wünscht sich mehr Zusammenarbeit, Arbeits- und Kostenteilung zwischen Bund, Land und Kommune. "Wir brauchen zentral aufgelegte, professionell gestaltete Klimaschutzkampagnen, die regional abgestimmt und lokal verbreitet werden." Ein gelungenes Beispiel seien die schrillen Videoclips von #ziek – Zusammen ist es Klimaschutz – einer Kampagne des Bundesumweltministeriums, die von 2014 bis 2015 lief.

 

Wer trotz Hürden starten will – So geht's

Voraussetzungen für den Start:

  • arbeitsrechtliche Erlaubnis der Nutzung klären
  • klare Zuständigkeiten in der Verwaltung festlegen
  • technische Voraussetzungen schaffen
  • Medienkompetenz erwerben
  • Zeitbudget einplanen, pro Woche 2-3 Stunden
  • Kenntnisse zu Datenschutz, Urheberrechten und Impressumspflicht erwerben

Allgemeine Erfolgsfaktoren:

  • regelmäßig posten ("füttern"), ca. alle 2 Tage
  • fortlaufend berichten ("Geschichten erzählen")
  • zeitnah und sachlich auf Kommentare und Fragen antworten
  • mit anderen Ressorts und Multiplikatoren zusammenarbeiten

Was in der Praxis gut ankommt

Wir haben Klimaschutzmanager, die digitale Medien aktiv nutzen, gefragt, was ihrer Erfahrung nach gut ankommt und was man besser meiden sollte

Relevante, pointierte und humorvolle Inhalte ...

... denn diese verbreiten sich schneller als ausführliche, detailreiche Texte und bleiben länger im Gespräch. Anna Deisenhofer von der Energieagentur Rheinland-Pfalz GmbH sagt dazu: "Wir haben gute Erfahrungen mit Abstimmungen auf Facebook gemacht, so können wir uns auch Meinungsbilder einholen. Videos werden immer gerne geklickt, Live-Fragestunden werden auch immer gut angenommen." (Die Abbildung links zeigt ein Beispiel für interaktive Klima-Kommunikation auf der Facebook-Seite des Regionalverbands Ruhr, RVR).

Viktor Klein, Klimaschutzmanager der Verbandsgemeinde Birkenfeld rät: "Was gut ankommt, sind lokale Themen. Das bekommt viel Aufmerksamkeit. Auch Veranstaltungstipps zum Beispiel zur Earth Hour werden gern wahrgenommen. Klimatipps oder Negativmeldungen laufen dagegen gar nicht gut."

Viel fürs Auge erwünscht!

Fotos, (Info-)Grafiken und Videos sind ansprechender, sie werden häufiger "geliked" und geteilt als reine Texte (rechts ein Beispiel von der Facebook-Seite der rheinland-pfälzischen Energieagentur).

Taina Niederwipper vom Service- und Kompetenzzentrum Kommunaler Klimaschutz (SK:KK), das im Auftrag des Bundesumweltministeriums (BMU) Kommunen sowie Akteure des kommunalen Umfelds im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitiative des BMU berät, empfiehlt: "Besonders positive Erfahrungen gemacht haben wir mit sogenannten Sharepics im Rahmen unserer Aktionstage "Wir können Klimaschutz". Sharepics sind markante Bilder, die eigens für soziale Medien produziert werden, um herauszustechen und Aufmerksamkeit zu erzeugen. Ein Sharepic soll, wie der Name schon sagt, dafür sorgen, dass es geteilt wird. Ein gutes Sharepic sieht so aus: ein aussagekräftiges Bild mit einem kurzen, knackigen Slogan, das zusammen emotional berührt, also gern geteilt wird - hier ein Beispiel:

Im Internet gibt es Anleitungen und kostenlose Programme zur Erstellung von Sharepics. Mehr Beispielposts zu den Aktionstagen „Wir können Klimaschutz“ auf Facebook und Twitter.

Networking bringt hohe Reichweite

Vernetzen Sie sich mit anderen Akteurinnen und Multiplikatoren im Bereich Klimaschutz. Am einfachsten ist dies digital, also wenn man ihren Facebook- oder Twitter-Profilen folgt oder regelmäßig ihren Content teilt. Noch wirkungsvoller (aber auch mit deutlich mehr Arbeit verbunden) ist der Tipp von Anna Deisenhofer von der Energieagentur Rheinland-Pfalz: "Eine noch höhere Reichweite erzielt man, wenn man sich aktiv in lokalen Facebook-Gruppen beteiligt und dort auf Angebote hinweist. Oder sogar selbst Gruppen bei Facebook gründet."

Hashtags nutzen

Wenn die eigenen Meldungen Themen-Schlagworte wie #Klimaschutz oder #Klimawandel enthalten, hilft das der Verbreitung über die eigenen Follower hinaus - weil auch andere Nutzerinnen und Nutzer der Netzwerke solche Hashtags nutzen und dann evtl. über Ihre Posts stolpern. Auch Hashtags zu Orten oder Personen (zum Beispiel von Kooperationspartnerinnen) sowie Verlinkungen auf Web-Seiten sind nützlich.

Interaktionsraten im Blick haben

Inhalte dann veröffentlichen, wenn die Zielgruppe online ist - so erreicht man möglichst viele Menschen. Wann genau die eigene Zielgruppe online ist, kann man auf Facebook Insights leicht einsehen. Mit dieser umfangreichen Facebook-Funktion lassen sich Seitenstatistiken zu Fanpages erstellen und zum Beispiel auch die Interaktionsrate studieren. Dieser Kennwert gibt das Verhältnis von Nutzeraktionen (Klicks, Likes, Videoaufrufen etc.) zu Seitenaufrufen wider. Um die Interaktion mit den Nutzerinnen und Nutzern zu steigern, sollte man deshalb dann posten, wenn die Mehrheit gerade online ist - dann wird sie am ehesten auch reagieren.

Good Practice im Netz

Social-Media-Kanäle aktiver Klimaschutzmanager – eine Auswahl:
Energieagentur Rheinland-Pfalz auf auf Twitter und Facebook
Energieagentur NRW auf Twitter und Facebook
Verbandsgemeinde Birkenfeld (Viktor Klein) auf Twitter
Sebastian Krug (Kreis Rendsburg-Eckernförde) auf Instagram und Facebook
Klimaschutz Arnsberg auf Twitter und Facebook

Quelle: leitfaden.kommunaler-klimaschutz.de

Tania Greiner