Risiken und Katastrophen machen bessere Schlagzeilen als komplexe Lösungsvorschläge: Die Berichterstattung im Jahr 2013/2014 zum Fünften IPCC-Sachstandsbericht (AR5) konzentrierte sich jedenfalls vor allem auf die besorgniserregenden Zukunftsaussagen zum Klimawandel. Das ist das Ergebnis einer Studie von britischen und US-amerikanischen Wissenschaftlern, die im vergangenen Jahr im Fachjournal Nature erschienen ist. Die Forscher fanden erhebliche Unterschiede in der Berichterstattung von Zeitungen und Fernsehsendern. Generell aber fanden Lösungen zum Klimaschutz, wie sie in Band 3 des Weltklimaberichts behandelt werden, nur ein sehr geringes Echo.

Die Wissenschaftler der University of Exeter in Großbritannien und der University of Colorado in den USA analysierten, wie Fernsehsender, Zeitungen und Twitterbotschaften der großen Medien der beiden Länder die Ergebnisse des AR5 darstellten. Sie identifizierten als erstes zehn gängige Sichtweisen, die in den Texten und Sendungen immer wieder auftauchten: Zum Beispiel jene, dass es sich bei den wesentlichen Erkenntnissen zum Klimawandel um "Settled Science" handele ("die Wissenschaft hat gesprochen, wir müssen handeln"). Oder dass es, im Gegenteil, noch große Unsicherheiten und Wissenslücken gebe. Andere thematische Rahmen - im Fachjargon "issue frames" genannt - waren beispielsweise, dass der Klimawandel große Gesundheitsrisiken mit sich bringe oder dass Klimaschutz ein moralisches Gebot sei. Ein weiterer thematischer Rahmen der Medienberichterstattung war es, die politischen und ideologischen Konflikte zu betonen, die rings um Klimawandel und Klimaschutz ausgefochten werden. Nach der Definition ebendieser issue frames untersuchte das Team um die Geografin Saffron O'Neill dann, welche Medien wie oft welche Aspekte thematisierten.

Britische Medien berichten über Klimathemen viel intensiver als US-Medien

Insgesamt berichteten britische Zeitungen und Fernsehsender deutlich häufiger über den AR5 als US-amerikanische Journalisten. Britische Fernsehstationen zum Beispiel nahmen sich für den IPCC-Report fünf Mal so viel Zeit wie jene in den USA. Am längsten berichteten BBC und Channel 4, in den USA lag der NBC – gemessen an der reinen Sendezeit – weit vor seinen Konkurrenten.

Für die Printmedien zählten die Forscher bei der britischen Tageszeitung The Guardian bei weitem die meisten Beiträge insgesamt, und diese fokussierten sich vor allem auf politische Auseinandersetzungen um den Klimaschutz (zum Beispiel den Einfluss von Kohle- und Ölkonzernen auf die Politik). In den USA fällt besonders das Wall Street Journal durch eine zweifelnde Haltung an den Erkenntnissen der Klimaforscher auf. In Großbritannien traf Ähnliches auf die Daily Mail zu, aber auch auf Teile der Berichterstattung des Daily Telegraph. Boulevardzeitungen wie The Sun berichteten generell weniger.

Die BBC gibt dem Zweifel an der Klimaforschung am meisten Platz - mehr als Fox News

Vergleicht man die Ergebnisse der Studie zwischen den Mediengattungen, fällt auf, dass im Fernsehen eine Art fatalistischer Katastrophendiskurs dominiert, während in Printmedien sehr viel variierter berichtet wurde. Auf dem Kurznachrichtenportal Twitter war vor allem die "Settled Science"-Deutung stark vertreten, die den Bericht als wichtige Informationsquelle und Appell zum schnellen Handeln darstellte. Zweifel an den Befunden der Klimaforschung wurden insgesamt eher im Fernsehen thematisiert als in anderen Medien, am stärksten in den beiden britischen Sendern BBC und ITV, gefolgt von Fox News aus den USA. Die Berichte hätten, so der Befund der Forscher, aus tatsächlichen oder vermeintlichen Unsicherheiten und Wissenslücken zum Klimawandel den Schluss gezogen, dass man nicht handeln müsse oder könne.

Immerhin: Bei der BBC gab es – im Gegensatz zu Fox News – neben dieser Deutung auch weniger negative Beiträge über die wissenschaftlichen Erkenntnisse des Berichtes oder diverse Aspekte der Klimapolitik. Das Ergebnis der Studie ist dennoch gerade für die BBC besonders wenig schmeichelhaft. Denn bereits 2011 hatte der BBC Trust als Aufsichtsgremium des öffentlich-rechtlichen Senders kritisiert, dass die Berichterstattung des Senders unter einer sogenannten "false balance" leide: Obwohl die Befunde der Klimawissenschaft klar seien, bekämen Außenseiter-Stimmen in der BBC zu viel Gewicht - in der irrigen Annahme, der Sender müsse hier gleichgewichtige Positionen ausgewogen zu Wort kommen lassen.

Personalisieren und Dramatisieren auch bei Klimaberichten beliebte Stilmittel

Signifikante Unterschiede zeigten sich auch bei der Berichterstattung über die verschiedenen Teilbände des Weltklimaberichts. Besonders kontrovers berichtet wurde von allen untersuchten Medien über die Ergebnisse der Arbeitsgruppe 1 (Working Group 1, WG I) zu den naturwissenschaftlichen Grundlagen des Klimawandels – von Zustimmung bis kompletter Ablehnung der IPCC-Befunde fanden sich hier alle Positionen. Hingegen war die Darstellung der Ergebnisse von Band 2 (Auswirkungen des Klimawandels und Anpassungsmöglichkeiten) relativ homogen, hier dominierte in allen Medien der Katastrophen- und Sicherheitsdiskurs.

An der Berichterstattung zum Teilband 3 (wie der Klimawandel gebremst werden kann, was also Staaten, Unternehmen und Individuen für den Klimaschutz tun können) war vor allem eines bemerkenswert: Es gab kaum Berichterstattung. Grund dafür könnte eine allgemeine mediale Ermüdung sein, meinen die Forscher. Allerdings ließen sich die Ergebnisse des dritten Berichtsbandes auch weniger mit üblichen Stilmitteln aufarbeiten als jene der ersten beiden Bände: Das beliebte Personalisieren und Dramatisieren erwies sich als eher ungeeignet für die Darstellung der WG III-Inhalte. Allerdings, so die Autoren, stecke in Lösungsansätzen auch erzählerische Kraft - die aber sei von den Journalisten verkannt worden.

tst