Leute, die den Klimawandel leugnen, bezeichnen sich selbst gern als "Skeptiker". Aber mit Skepsis hat ihre Haltung wenig zu tun. Denn ein Skeptiker hinterfragt zwar Dinge - aber nach kritischer Prüfung ist er auch bereit, Fakten anzuerkennen. Echte Skepsis ist deshalb eine wissenschaftliche Grundtugend. "Der Skeptiker akzeptiert zum Beispiel, dass bestimmte Beobachtungen als korrekt gelten können, wenn sie unter kontrollierten Bedingungen verlässlich wiederholbar sind", schreibt Christian Stöcker in seiner wöchentlichen Kolumne auf Spiegel Online. "Er hält Theorien für plausibler, die vorhandene Daten erklären und Vorhersagen erlauben."
Stöcker ist Kognitionspsychologe, war Ressortleiter Netzwelt bei Spiegel Online und wechselte danach als Professor an die Hamburger Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW). Sein Text handelt vor allen von den sogenannten "Flat Earthern", also Menschen, die meinen, die Erde sei eine Scheibe - und wer es bestreitet, Teil einer großen Verschwörung. "Interessant sind die 'Flat Earther' heute, neben ihrem unbestreitbaren Unterhaltungswert, als extremes Beispiel eines beunruhigenden Trends", so Stöcker. Im Englischen spreche man von "denialism", ein passendes deutsches Wort fehle leider. "'Leugnung' erscheint als zu schwacher Begriff, denn es geht um etwas anderes, um eine Haltung, die es verdient, Ismus genannt zu werden. Die quasireligiöse Überzeugung, im Besitz einer von der Allgemeinheit verdrängten, ignorierten oder vor ihr verborgenen Wahrheit zu sein."
"Nennen wir das Ganze also Leugnismus", schlägt Stöcker vor, und er sieht diese Haltung unter anderem bei Impfgegnern, Holocaustleugnern, Donald Trump oder eben Leuten, die sich wissenschaftlichen Erkenntnissen zum Klimawandel verweigern. Stöcker: "Leugnisten sprechen gern von ihrer eigenen 'gesunden Skepsis', meinen damit aber in Wirklichkeit, dass es nichts gibt, was sie von ihrer Meinung wird abbringen können. ... Echte Leugnisten sind nicht am Austausch von Argumenten interessiert, sondern ausschließlich an Information, die ihre eigene Weltsicht stützt. Ein konstruktiver Diskurs mit ihnen ist unmöglich, und schlimmstenfalls richten sie gewaltige Schäden an." Für moderne Gesellschaften sei es deshalb wichtiger denn je, so Stöckers Fazit, "Leugnisten von tatsächlichern Skeptikern unterscheiden zu lernen."
ts