Eisbären natürlich. Schwindende Gletscher. Elefanten an ausgetrockneten Wasserlöchern. Und rauchende Schlote. Eventuell Solarzellen und Windräder.
Dies sind die Motive, die man in Medien häufig zu sehen bekommt, wenn Berichte über den Klimawandel illustriert werden. Moment, vielleicht noch Demonstrationen und andere Protestaktionen. Und Politiker, oft auf Konferenzen. Oder – siehe oben – mit Eisbär oder vor schwindendem Gletscher.
Bei Medien populär, beim Publikum wenig beliebt: Politikerfotos zum Thema Klimawandel - hier Angela Merkel und Sigmar Gabriel, damals Bundesumweltminister, beim Besuch eines Gletscherf
Natürlich, der Klimawandel ist schwierig zu illustrieren. Denn er ist ein abstraktes Thema: Er verläuft schleichend, baut sich langsam auf. Schon das Klima kann (anders als das Wetter) nicht direkt beobachtet werden, sondern ist ein statistischer Mittelwert; und der Wandel des Klimas ist noch weniger direkt erfahr- und sichtbar. Fotos hingegen sind Momentaufnahmen – wie sollen sie „den Klimawandel“ festhalten? Er hat zudem keine einzelne Ursache, sondern viele verschiedene und jeweils für sich genommen relativ kleine Verursacher. Dann gibt es auch noch Unsicherheiten in der Forschung. Sowieso wirkt für Bewohner der Industrieländer der Klimawandel weit entfernt zu sein, sowohl zeitlich als auch räumlich; sie glauben, er betreffe vor allem Menschen in der Zukunft oder am anderen Ende der Welt. Ein Eisbär, gern einsam auf einer Eisscholle, mag zwar ein emotional starkes Bild sein – aber ein solches Foto verstärkt eben auch den Eindruck, der Klimawandel sei kein Problem des Hier und Jetzt.
Gäbe es Alternativen? Wenn ja, welche? Zu solchen Fragen gebe es bisher nur wenige Studien, schreibt der britische Thinktank Climate Outreach, und die spärliche Forschungsliteratur enthalte für Klimakommunikations-Praktiker wenig an verwertbaren Erkenntnissen. Climate Outreach will die Lücke zumindest ein wenig schließen. In der vergangenen Woche legte die Organisation die Ergebnisse einer eigenen Untersuchung vor – und hat parallel eine Fotodatenbank namens Climate Visuals gestartet, die das gesammelte Wissen gleich in die Praxis umsetzt. Im November 2016 erschienen die Ergebnisse auch als Fachaufsatz im Journal Global Environmental Change.
Katastrophenfotos beeindrucken - aber vermitteln auch ein Gefühl der Ohnmacht
Vorherige Studien hatten beispielsweise die visuelle Darstellung des Klimawandels verschiedenen Medien untersucht - mal in US-Medien (Rebich-Hespanha et al. 2015), mal in US-amerikanischen, britischen und australischen (O'Neill 2013) oder in italienischen und spanischen Medien (Almiron/Zoppeddu 2014). Auch mögliche Neuerungen in der Bildsprache wurden analysiert (Manzo 2010).
Ein Ergebnis der bisherigen Forschung war das Aufzeigen eines zentralen Dilemmas: Einerseits fesseln Fotos von Extremwetterereignissen (etwa Stürmen oder Fluten) das Publikum und führen ihm die Wichtigkeit des Klimawandels vor Augen. Aus diesem Aspekt eignen sie sich also durchaus für die Klimakommunikation. Andererseits aber können sie ein Gefühl von Ohnmacht hinterlassen, was gute Klimakommunikation ja gerade nicht will (O'Neill et al. 2013). Dagegen vermitteln Bilder vom Einsatz Erneuerbarer Energien offenbar das Gefühl, selbst etwas verändern zu können (Metag et al. 2016).
Die neue Untersuchung von Climate Outreach war mehrstufig angelegt: Als erstes wurden Wissenschaftler und Klimacampaigner befragt, zweitens gab es moderierte Gruppendiskussionen in London und Berlin über die Wirkung verschiedener Fotomotive. In einem dritten Schritt wurden in den USA, Großbritannien und Deutschland jeweils rund 1.000 repräsentativ ausgewählte Personen befragt und die Wahrnehmung unterschiedlicher Bilder zum Klimawandel getestet.
Eines der prägnanten Ergebnisse: Fotos von Eisbären oder rauchenden Schloten sind einerseits zwar ziemlich wirksam. Sie vermitteln vielen Betrachtern, dass es im zugehörigen Text irgendwie um den Klimawandel gehe - aber mehr auch nicht. Andererseits habe ein Großteil der Befragten auf diese Standardmotive mit Ermüdung oder gar Zynismus reagiert.
Sieben Ratschläge für wirksame Bilder vom Klimawandel
Als Fazit der Untersuchung hat Climate Outreach sieben Hinweise formuliert, die sich an Klimakommunikatoren richten: Bilder von Politikern (wie das Foto am Anfang dieses Textes) sollte man meiden, dasselbe gilt für offensichtlich gestellte Bilder, etwa jene häufig gesehenen Werbefotos, auf denen lächelnde und gut geschminkte Menschen Energiesparlampen einschrauben oder Heizungsthermostate herunterdrehen. Viel stärker hätten authentische Fotos gewirkt, etwa von Betroffenen des Klimawandels (am besten von Einzelpersonen). Diese sollten allerdings nicht in einer puren Opferhaltung abgebildet sein, sondern als handlungsfähige Personen.
Die Untersuchung bestätigte frühere Forschungsbefunde, dass Bilder von Extremwettern das Publikum zwar beeindrucken, es aber oft überwältigen und ohnmächtig zurücklassen. Dieser Effekt könne entschärft werden, so Climate Outreach, wenn daneben mögliche, konkrete Klimaschutzaktivitäten abgebildet werden. Statt Klimafolgen in entfernten Gegenden zu zeigen, so eine weitere Empfehlung, sollten dem Publikum besser Effekte der Erderwärmung in seiner direkten Nähe vor Augen geführt werden (wie es etwa das untenstehende Foto tut). Allerdings solle man dabei nur ernste Folgen zeigen, um den Klimawandel nicht zu trivialisieren.
Eine weitere Empfehlung von Climate Outreach ist, keine einzelnen Verursacher des Klimawandels zu zeigen - also keinen einzelnen Fleischesser oder keinen einzelnen Flugreisenden. So zutreffend solche Fotos einerseits seien, so deutlich riefen sie andererseits eine Art Trotzhaltung bei vielen Betrachtern hervor: "Die meisten Befragten verweigerten sich der Erkenntnis, dass Bilder ihres normalen Lebens mit dem Klimawandel verknüpft werden können oder sollten", berichtet Climate Outreach.
So habe zum Beispiel ein Studienteilnehmer aus Deutschland gesagt, als ihm das Foto einer Familie mit großem Auto vorgelegt wurde: "Das ist nicht Klimawandel. Es ist doch normal, ein Auto zu fahren. Damit können wir nicht aufhören. Das ist normal". Um wirksam zu kommunizieren, dass bestimmte Lebensstile problematisch sind für das Klima, solle man sie deshalb besser in großem Maßstab zeigen: kein einzelnes Auto, sondern eine überfüllte Autobahn; keinen einzelnen Fleischesser, sondern Regenwälder, die für den Anbau von Futtermitteln gerodet werden. Und so weiter.
Mit Bildern von Klimaprotesten erreicht man nur das "grüne Ghetto"
Ein bei Umweltverbänden beliebtes Fotomotiv, warnt Climate Outreach, habe sich als ziemlich kontraproduktiv erwiesen: die Abbildung von Klimaprotesten. Mit Bildern "typischer Demonstranten" - zum Beispiel hellhäutiger Mittelklassemenschen, die ein Transparent halten oder eine Trillerpfeife im Mund haben - erreiche man vielleicht andere typische Demonstranten. Durchschnittlichsbürger hingegen reagierten auf solche Motive eher mit Ablehnung, Zynismus oder mit dem Vorwurf von Heuchelei, denn diese Demonstranten würden doch sicherlich auch selbst gelegentlich in den Urlaub fliegen. Wenn schon Proteste gezeigt sollen, so die Empfehlung, dann besser solche von Menschen aus Regionen, die heftiger vom Klimawandel betroffen sind als Europa.
"An den Rest der Welt: Bereitet Ihr bitte schon mal einen Platz für mein Land vor?" - Motive wie dies eines Mädchens aus Tuvalu empfiehlt Climate Outreach: Es zeige eine klar identifizierbare Betroffene auf überraschende Art und mit einer gewissen Ironie; Foto: climatevisuals.org
Grundsätzlich habe sich gezeigt, dass Fotos von "Lösungen" auf positivere Reaktionen stießen als das Abbilden des Problems - also, salopp gesagt, Bilder von Solarzellen oder Wärmedämmung bessere Laune machten als Bilder von überfluteten Dritte-Welt-Dörfern. Dies gelte insbesondere für Befragte aus dem konservativen Spektrum, die auf den Aspekt weltweiter Gerechtigkeit eher gereizt reagiert hätten. Für Ideen wie Sparsamkeit, Innovation und Ärmel-Hochkrempeln sei diese Gruppe hingegen durchaus empfänglich.
Klimakommunikation solle "neue Geschichten erzählen", rät Climate Outreach. Während ein Eisbärenfoto kein Nachdenken (mehr) anstoße, könne dies mit überraschenden Fotos gelingen. Etwa mit Bildern von "echten Menschen, die echte Arbeit leisten" (beispielsweise Fotos von Beschäftigten im Bereich Erneuerbare Energien oder Energieeffizienz) oder Motiven, die den Ernst des Themas zumindest ein wenig durch Humor oder Ironie brechen. So steige die Wahrscheinlichkeit, dass man nicht nur die ohnehin Überzeugten erreicht, sondern auch ein Publikum außerhalb des "grünen Ghettos".
Toralf Staud