FRAGE (vom 29. Januar 2020)

"Sehr geehrte klimfakten.de-Redaktion,

ich hatte neulich eine Diskussion mit einem Bekannten, der behauptete, die Studie von John Cook (2013), die den Konsens zum menschengemachten Klimawandel untermauert, sei völlig falsch. Konkret sagte er mir, dass es falsch sei, gut 2/3 der untersuchten Studien nicht zu berücksichtigen.

Ich wies ihn darauf hin, dass diese Studien unberücksichtigt blieben, da sich diese nicht mit der Frage auseinandersetzen, ob der Klimawandel menschengemacht ist, oder nicht, sondern dies als Fakt voraussetzten und sich eher mit Detailfragen auseinandersetzten. Seiner Meinung nach gibt es jedoch keinen Beweis dafür, dass diese rund 8.000 Studien davon ausgehen, dass der Klimawandel menschengemacht ist. Dazu habe er umfänglich recherchiert und sei nicht fündig geworden.

Da auch meine Recherche nicht erfolgreich war, habe ich nun die Bitte bzw. Frage an Sie: Gibt es eine im Internet frei zugängliche Quelle, die eindeutig belegt, dass die weggelassenen Studien den Klimawandel als menschengemacht voraussetzen? Wenn ja, könnten Sie mir diese zur Verfügung stellen?"

 

Das Team der sogenannten "97-Prozent-Studie" hat ausführlich auf Kritik reagiert - und im übrigen (wie es sich für solide Forschung gehört) sehr transparent die Rohdaten zu ihrer Untersuchung frei zugänglich ins Internet gestellt

 

ANTWORT

"... vielen Dank für Ihre Mail und die Frage. Die Kritik, die ihr Bekannter hat, ist schon häufig gegen diese "97-Prozent-Studie" vorgebracht worden. Das Autorenteam hat deshalb auch schon ausführlich darauf geantwortet - schauen Sie zum Beispiel mal in diese Links (dort werden auch einige andere gelegentlich geäußerte Kritikpunkte abgehandelt):
https://skepticalscience.com/tcp.php?
https://skepticalscience.com/tcp.php?t=faq#noposition
https://skepticalscience.com/arg_97-Prozent-Konsens-belastbares-Ergebnis.htm

Wichtig ist meines Erachtens vor allem, dass die Autoren dieser Studie ihre Bewertungen für jede einzelne bewertete Publikation transparent gemacht haben (wie es sich ja auch für gute Forschungsarbeiten gehört). Daher gibt zu dieser "97-Prozent-Studie" umfangreiche Daten, die offen zugänglich sind (im ersten Link unter "data"). Da könnte Ihr Bekannter, wenn er will, auch alle ausgewerteten Studien anschauen und jeweils in der Originalveröffentlichung nachblättern, ob er Anhaltspunkte für eine abweichende Einstufung findet.

Spannend (und methodisch geschickt) fand ich zudem, dass das Team der "97-Prozent-Studie" seine eigenen Bewertungen hat gegenchecken lassen. Also sie haben den Forscherinnen und Forschern, deren Studien sie bewertet haben, die Möglichkeit gegeben, sich parallel selbst zu bewerten. Und das Ergebnis dieser Selbstbewertung war so gut wie identisch.

Unterm Strich halte ich deshalb die Kritik Ihres Bekannten für wenig überzeugend. Und was insbesondere die Veröffentlichungen angeht, die keine explizite Aussage zur Ursache des gegenwärtigen Klimawandels treffen: Sehr viele dieser Publikationen behandeln zum Beispiel Klimaveränderungen vergangener Zeiten oder widmen sich speziellen methodischen Fragen o.ä. Sie wurden vom Autorenteam mit "no position" bewertet und nicht in die Berechnung der 97 Prozent einbezogen. Es liegt schlicht in der Natur der Sache, dass in vielen fachwissenschaftlichen Arbeiten nichts mehr gesagt wird zu lange etablierten Erkenntnissen des jeweiligen Forschungsfeldes - sondern diese als gesetzt angesehen werden. Das ist nicht nur in der Klimaforschung so.

Wenn Sie - um mal ein Beispiel aus einer anderen Disziplin zu nehmen - etwa in medizinischen Veröffentlichungen zu Einzelfragen von Impfungen gucken, dann werden sie dort auch relativ selten Bekenntnisse dazu finden, DASS Impfungen grundsätzlich eine wirksame Vorsorgemaßnahme gegen Infektionskrankheiten ist. Dies ist in der Medizin breit anerkannter Konsens. Bemerkenswert ist, wenn jemand dem Konsens explizit widerspricht. Aber wenn er es nicht tut und eine Arbeit übers Impfen schreibt, dann kann man mit Fug und Recht davon ausgehen, dass er die Konsensposition seines Faches teilt.

Weitere Informationen zu Ihrer Frage finden Sie auch in diesem Faktencheck auf unserer Website: "Über 90 Prozent der Klimaforscher sind überzeugt, dass maßgeblich der Mensch den Klimawandel verursacht"

Und das Faktencheck-Team der Deutschen Presseagentur (dpa) hat kürzlich auch etwas zum Thema veröffentlicht: "Studien lassen keinen Zweifel: Große Einigkeit beim Thema Klimawandel"

Ich hoffe, das hilft Ihnen zumindest ein wenig weiter!

Mit freundlichen Grüßen
Toralf Staud"