Jennifer Amann ist Doktorandin an der Universität Loughborough in Zentral-England und Mitglied der Graduate Mentorship Initiative der Sport Ecology Group. Ihr Forschungsschwerpunkt liegt auf dem Fußball als Möglichkeit, die Akzeptanz für soziale Veräänderung zu erhöhen und Akteure im Fußball-Bereich ins Handeln zu bringen. Sie selbst ist Fan des SV Werder Bremen. Dr. Mark Doidge ist Dozent an der Universität Loughborough und Experte für europäische Fußballfankulturen und Fanaktivismus. Zu diesem Thema hat er bereits mehrere Bücher veröffentlicht, darunter zuletzt „Ultras: The Passion and Performance of Contemporary Football Fandom“.
Klimanotstand, Coronapandemie, der Einmarsch Russlands in die Ukraine, Millionen von Menschen auf der Flucht, eine Zunahme des Rechtsextremismus: In diesem Zeitalter der Krise fällt es schwer, zuversichtlich zu bleiben. Aber auch um die Klimakatastrophe oder zumindest ihre Auswirkungen abzuschwächen, müssen wir Hoffnung haben. Selbst wenn wir enttäuscht werden. Denn Hoffnung ermöglicht es uns, Netzwerke der Solidarität aufzubauen, mithilfe derer wir wiederum eine gewisse Kontrolle über etwas so Überwältigendes zurückgewinnen können.
Die gute Nachricht: Solche Netzwerke existieren bereits, und jede*r von uns ist Teil einer bestehenden Gemeinschaft, durch die wir Hoffnung aufbauen und mit anderen teilen können. Fußballfangruppierungen sind nur ein Beispiel dafür, wenn auch ein besonders spannendes. Durch ihre speziellen Charakteristika bieten Fangruppen spannende Anknüpfungspunkte für die Klimakommunikation: Der Fußball bietet die Möglichkeit, das komplexe Thema des Klimawandels durch die Verknüpfung mit den Werten, der Identität sowie der Lebensrealität von Fans so zu kommunizieren, dass eine beachtliche Zahl an Menschen aktiviert werden kann. Das gilt auch und insbesondere für jene, die sich von den Botschaften der Klima- und Umweltbewegungen nicht angesprochen fühlen.
In einer Welt der Unordnung fühlen sich Fans einer großen Sache zugehörig
Überall auf der Welt treffen sich Woche für Woche Tausende Menschen, die sich im Fußball organisieren, selbst spielen oder Spiele gebannt verfolgen. Die FIFA spricht von fünf Milliarden Fußballbegeisterten weltweit. Für Fans kann der Fußball ein wichtiger Teil ihrer Identität sein: Man identifiziert sich mit der Mannschaft, der Stadt in der sie spielt und mit gleichgesinnten Fans, und auch die Emotionen und Gefühle werden durch die Leistung der Mannschaft und die Spielergebnisse beeinflusst.
Die emotionale Bindung an die Mannschaft strukturiert die Interaktionen mit Anderen und beeinflusst das Weltbild von Fans. Fan-Sein ist ein wesentlicher Bestandteil des "echten" Lebens und zwar ein regelmäßiger, strukturierender Teil der Existenz, der es Fans ermöglicht, sich in der relativen Unordnung der modernen Gesellschaft zugehörig zu fühlen. Fußball ist nicht nur für 90 Minuten am Wochenende präsent, sondern ist die ganze Woche über Bestandteil von Gesprächen, Social Media Posts und den Nachrichten. Auf diese Weise nimmt der Fußball eine große Rolle im Alltag vieler Menschen ein, auch abseits des Spielfelds.
Fußballfans sind dafür bekannt, dass sie sich bis zuletzt an die Hoffnung klammern, um die negativen Gefühle, die sie verspüren, wenn ihrer Mannschaft eine Niederlage nach der anderen droht, zu kompensieren. Fußball kann daher als "Insel der Hoffnung" bezeichnet werden: Für viele Fans ist Fußball ein Zwischenraum, der sich von ihrem täglichen Leben abhebt. Er ist ein Zufluchtsort, ein Ort, an dem sie Emotionen ausleben und den Herausforderungen des täglichen Lebens entfliehen können.
Auch wenn nicht alle Menschen diese Leidenschaft für den Fußball teilen, so wird deutlich, dass er vielen Menschen sehr wichtig ist. Für den früheren Spieler von Real Madrid, Jorge Valdano, ist "Fußball eine Ausrede, um sich gut zu fühlen", und Arrigo Sacchi, der ehemalige Trainer von Parma und des AC Mailand, bezeichnete Fußball als "das Wichtigste der unwichtigen Dinge im Leben". Selbst wenn jemand Fußball nicht ausstehen kann, wird er oder sie jemanden kennen, der/die ihn liebt – und es ist wichtig, diese Leidenschaft und dieses Engagement anzuerkennen.
Der Sport, darunter auch im besonderen Maße der Fußball, trägt zu den Folgen des Klimawandels bei. Der Profifussball ist daher ein nicht ganz unproblematischer Verbündeter im Kampf gegen die Klimakrise. Die Verbände beschränken sich bei ihren Bestrebungen vornehmlich auf Lippenbekenntnisse, die sich in ihrer Entscheidungsfindung noch zu selten widerspiegeln. Die FIFA-Weltmeisterschaft der Männer in Katar war ein Beispiel für die Diskrepanz zwischen Worten und Taten der Führung. Darüber hinaus entstanden, wie bei jedem Wettbewerb (einschließlich der nationalen Ligen), große Umweltbelastungen – zum Beispiel in Form von Team- und Fanmobilität, Energieverbrauch, Abfallmanagement, Merchandise und sonstigem Konsum.
Während die Auswirkungen des Fußballs auf den Klimawandel vergleichsweise offensichtlich sind, wird weniger darüber gesprochen, dass der Fußball bereits betroffen ist von Folgen des Klimawandels. Tragische Berühmtheit erlangte der im Nordwesten Englands beheimatete Fußballverein Carlisle United, dessen Stadion durch die enormen Regenfälle des Sturms Desmond im Dezember 2015 überflutet wurde und wochenlang unbespielbar war – was erhebliche finanzielle Einbußen nach sich zog. Ein Bericht aus dem Jahr 2020 macht deutlich, dass Carlisle United kein Einzelfall ist. So sind ein Viertel der Fußballplätze der englischen Liga jede Saison von Überschwemmungen bedroht, aber auch Spielstätten in den Niederlanden, Frankreich, oder das Weserstadion in Bremen müssen sich zunehmend zumindest auf Teilüberflutungen einstellen. Hinzu kommen durch extreme Wetterlagen verursachte Spielabsagen und die negativen Auswirkungen auf Trainings- und Breitensportanlagen, die den Fußball bereits jetzt stark beeinträchtigen.
Für andere Fans bietet der Fußball zudem eine Möglichkeit, Kontrolle zu übernehmen und Veränderungen zu bewirken. Wenn wir versuchen, Verantwortung für das Spiel zu übernehmen, das wir so sehr lieben, eröffnet der Fußball einen Raum, in dem wir unserem Gefühl der Ohnmacht und Handlungsunfähigkeit trotzen und die Weichen für das Spiel, das wir so sehr lieben, mitbestimmen können. Die Hoffnung übertrumpft also die Verzweiflung und, wie die Sozialkritikerin bell hooks in Bezug auf soziale Ungerechtigkeit argumentierte, befähigt uns, unsere Arbeit fortzusetzen, auch wenn es ausweglos erscheint, und Andere versuchen uns daran zu hindern: "Mit Hoffnung zu leben, bedeutet zu glauben, dass es sich lohnt, den nächsten Schritt zu tun."
Fußballgemeinschaften sind soziale Bewegungen …
Um Unzufriedenheit kundzutun, (mehr) Mitspracherecht bei Entscheidungen rund um das Spiel einzufordern und Veränderungen herbeizuführen, kommt es auch im Fußball immer mehr zu Mobilisierung. Dabei finden neben Kampagnen zu Ticketpreisen und Spielansetzungen auch gesellschaftliche und politische Kampagnen ihren Weg in die Stadien, zum Beispiel gegen Rassismus und Homophobie oder für die Einhaltung von Menschenrechten. Der Einsatz für die lokale Gemeinschaft und globale Themen rücken vermehrt in den Fokus.
In Italien sind Ultragruppen schon länger für vielfältiges Engagement in ihren Regionen bekannt. Als im September 2019 die italienische Küstenstadt Livorno von verheerenden Überschwemmungen heimgesucht wurde, beteiligten sich die Ultras der gleichnamigen Fußballmannschaft an den Aufräumarbeiten. Unterstützt wurden sie dabei von den Ultras des Erzrivalen Pisa, die sich solidarisch zeigten. Auch die Ultras von Genua und Sampdoria schlossen sich 2018 nach dem Einsturz der Morandi-Brücke in Genua zusammen, hielten Schweigeminuten für die Opfer ab und halfen bei den Aufräumarbeiten.
"Der Fußball bietet die Möglichkeit, das komplexe Klimathema durch die Verknüpfung mit den Werten, der Identität sowie der Lebensrealität von Fans so zu kommunizieren, dass eine beachtliche Zahl an Menschen aktiviert werden kann – insbesondere auch solche, die sich von klassischen Botschaften der Klima- und Umweltbewegungen nicht angesprochen fühlen"
Mitglieder der Ultragruppe Coloniacs, Fans des deutschen Vereins FC Köln, halfen bei den Aufräumarbeiten nach dem Hochwasser im Ahrtal 2021. Es haben sich sogar Fanfreundschaften zwischen von lokalen Überschwemmungen betroffenen Gruppen aus Deutschland, Italien und Griechenland gebildet. Solche (transnationalen) Netzwerke sind wichtig für den Zusammenhalt und das Stiften von Hoffnung. Andernorts haben deutsche Ultras zahlreiche Unterstützung und Spendenaktionen für Flüchtlinge koordiniert, zunächst aus Syrien und dann aus der Ukraine. Diese Aktivitäten sind nicht auf Europa beschränkt. Bei der Eröffnung des neuen Stadions von Orlando City erinnerten Fans an die 49 LGBTQI+-Menschen, die bei einer Massenschießerei in der Stadt getötet wurden. Und nach der russischen Invasion in der Ukraine bekundeten Fußballfans in ganz Europa ihre Solidarität durch das Zeigen der ukrainischen Flagge.
Diese Beispiele zeigen, dass einige Fans bereit sind, für oder gegen Themen, die über ihr unmittelbares Fußballerlebnis hinausgehen, zu protestieren, zu gedenken und sich politisch zu mobilisieren. Fußballfangemeinschaften stellen eine neue soziale Bewegung dar, die schnell und effektiv mobilisiert werden kann. Fußball bietet soziale und solidarische Beziehungen, die Einzelnen das Gefühl geben, Teil von etwas Größerem zu sein. Dabei wird der Verein ontologisch zu einer Erweiterung des Selbst, und das Individuum geht sozusagen im Kollektiv auf. Wenn wir also all die verschiedenen Fangruppierungen berücksichtigen, die sich an Protesten und kollektiven Aktionen beteiligen, ist es nicht so weit hergeholt, von einer der größten sozialen Bewegungen der Welt mit massivem Potential für kollektives Handeln zu sprechen.
… mit viel Potenzial für die Klimakommunikation
Im Fußball ist es die Hoffnung, die es Fans ermöglicht, mit ihren Gefühlen umzugehen und Kontrolle über eine ausweglose Situation zu erlangen. Der Fußball liegt ihnen am Herzen, sie übernehmen Kontrolle und versuchen Veränderungen herbeizuführen. Das brauchen wir auch im Hinblick auf die Klimakrise: Zuversicht, dass die schlimmsten Konsequenzen des Klimawandels abgewendet werden können.
In einer durch den Spieltagskalender vorgegebenen Regelmäßigkeit kommen weltweit eine Vielzahl an Menschen Woche für Woche zusammen, um gemeinsam ihr Team anzufeuern. Fußballfans zeichnen sich dabei durch ein hohes Maß an Identifikation und emotionaler Bindung an ihre Mannschaft und oft auch an die Stadt des Vereins und Fans desselben Teams aus. Der Wettbewerbsgedanke ist präsent. All das sind Eigenschaften, die wesentlich zur Bereitschaft, sich an kollektiven Klimaschutzmaßnahmen zu beteiligen, beitragen können. Zudem beeinflussen der Kontakt sowie der Vergleich mit Menschen, die Teil meiner Gruppe sind, die Wahrscheinlichkeit, dass ich mich umweltfreundlicher verhalte (oder auch nicht).
Mit den inzwischen berühmten "Warming Stripes" als Bandenwerbung hat der Erstligist Mainz 05 (hier bei einem Spiel gegen Bayer Leverkusen im Oktober 2020) auf die Klimakrise aufmerksam gemacht. Der Verein nutzt auch Kompensationsprojekte, um eigene Emissionen auszugleichen – was aber von manchen Fans kritisch gesehen wird, die sich mehr Engagement wünschen; Foto: 1. FSV Mainz 05/Wikimedia Commons
Anstatt davon auszugehen, dass Fans einfach anfangen werden, Klimaschutz einzufordern oder die Entscheidungsträger*innen plötzlich zur Vernunft kommen, kann es helfen, aktiv einen Weg zu finden, die Fans einzubinden und sie durch das Sichtbarmachen ihres gemeinsamen Interesses in die Lage zu versetzen, (noch mehr) Druck auf die Menschen an Entscheidungstischen auszuüben. Von immenser Bedeutung wird es daher sein, auf behutsame und durchdachte Weise sichtbar zu machen, dass der Klimawandel nicht nur etwas Komplexes ist, das außerhalb des Fußballs passiert, sondern etwas, das den Fußball ganz konkret und erheblich beeinflussen und verändern wird.
Wenn wir den Sport, den wir so sehr lieben, erhalten wollen, müssen wir uns (noch mehr) zusammenschließen und gemeinsam mobilisieren. Menschen brauchen das Gefühl, dass das, was sie tun, von Bedeutung ist und keine Zeitverschwendung. Das fängt im Fußball damit an, dass Fans als Interessengruppe anerkannt und, unabhängig vom Klimawandel, ein demokratisches Mitspracherecht über ihren Verein in allen Angelegenheiten erhalten. Viele Fans sind bereits sehr aufmerksam gegenüber der Welt um sie herum, vor allem gegenüber ihrer lokalen Gemeinschaft. Kampagnen können sich dies zunutze machen, sich mit den Werten und Weltanschauungen einzelner Fangruppen sowie der Fußballfankultur auseinandersetzen und auf diese Weise Vereine und Ligen dazu bringen, Veränderungen vorzunehmen.
So lässt sich die Klimakrise aus dem Abseits holen
Fans sind, wie die Gesellschaft allgemein, keine homogene Gruppe. Nicht zuletzt deshalb gibt es auch für sie keine "One Size Fits All" Strategie wenn es darum geht, sie für Klimaschutz zu gewinnen. Es ist daher wichtig, sich mit der Zielgruppe und der Absicht, mit der man kommuniziert auseinanderzusetzen. Ein Nachhaltigkeitsbericht erfüllt eine andere Funktion und richtet sich an ein anderes Publikum als beispielsweise eine Social Media-Kampagne, die für das Thema sensibilisieren soll. Hier stellt sich vor allem die Frage, ob Menschen erreicht werden sollen, die sich schon für das Thema interessieren oder bisher keine oder wenige Berührungspunkte damit hatten.
Möchte man uns Fußballfans ansprechen, sollte man
- sich mit der jeweiligen Fangruppe auseinandersetzen, verstehen, wie sie sich selbst sehen und im Idealfall auch mit den Fans zusammenarbeiten. Nicht jede Fangruppe tickt gleich, sinnvollerweise sollte man daher eine Kampagne auf die jeweilige Gruppe und ihren lokalen Kontext abstimmen;
- sich mit der breiteren Fußballkultur auseinandersetzen und diese in die Kommunikation einbeziehen, um, vor allem, Unglaubwürdigkeit zu vermeiden – denn diese kann wiederum dazu führen, dass Menschen sich nicht angesprochen fühlen, oder schlimmer, verärgert sind oder inaktiv bleiben;
- sichtbare strukturelle Veränderungen vornehmen, die Fans zeigen, dass Vereine und Verbände das Thema ernstnehmen, indem diese selbst konkrete Maßnahmen beschließen, danach handeln (und zwar nicht nur durch Kompensationsmaßnahmen zum Ausgleich eigener Emissionen) und somit mit gutem Beispiel vorangehen. Entscheidungstragende im Fußball können zeigen, dass sie den Fans zuhören und einige ihrer Vorschläge umsetzen. Außerhalb des Stadions wissen viele Fans mehr über Nachhaltigkeit als ihre Vereine. Das kann man sich zunutze machen. Zudem ist vielen Fans durchaus bewusst, dass insbesondere der Profifußball alles andere als nachhaltig ist.
Im Zusammenhang mit dem Klimawandel kann die Erfassung aller individuellen Aktionen von Menschen dazu beitragen, ihr kollektives Potenzial sichtbar und dadurch Mut zu machen. Im Fußballkontext tut dies zum Beispiel die Organisation Pledgeball. Fans registrieren umweltfreundliche Verhaltensweisen, die sie für ihren Verein durchführen, online und die daraus resultierenden kollektiven CO2-Einsparungen aller Fans eines Teams werden in Form einer Ligatabelle dargestellt. Jeder Spieltag wird dabei zum Wettbewerb zwischen Fangruppierungen gegeneinander spielender Vereine. Dadurch wird deutlich, dass viele, scheinbar kleine und individuelle Veränderungen, wenn sie von einer großen Gruppe durchgeführt werden, nicht nur Spaß, sondern auch sehr wohl einen Unterschied machen können.
"In der Bundesligasaison 2018/19 betrug die durchschnittliche Zuschauerzahl pro Spiel laut DFB 43.449. Wenn 43.449 Menschen ihren Fleischkonsum halbieren würden, entspräche die hiermit erzielte jährliche Emissionsminderung dem CO2-Ausstoß von etwa 5.361 Pkw"
Je mehr Fans sehen, dass ihre gemeinsamen Aktionen wirken, desto größer die Zuversicht, dass sie in ihren Bemühungen nicht allein sind. Auch wenn die Verantwortung in puncto Klimaschutz nicht auf das Individuum abgewälzt werden kann und im Fußballkontext nicht nur Sache der Fans sein darf, kann individuelles Handeln wichtig sein und in der Summe große Wirkung haben, vor allem, wenn es darum geht, die Akzeptanz für Klimaschutzbemühungen zu erhöhen.
Schon etliche Beispiele für Klimaengagement von Fans
Fußballfans haben in der Vergangenheit bereits häufig politische Kampagnen initiiert und aktiv Veränderungen gefordert. Auch immer mehr Spieler*innen melden sich zu Wort und nutzen ihre Plattform für eine Vielzahl gesellschaftlicher Belange (zum Beispiel Marcus Rashford, der sich gegen Ernährungsarmut bei Kindern einsetzt, oder Morten Thorsby, Katie Rood und David Wheeler, die über den Klimawandel sprechen). Selbst als eine globale Pandemie unser Leben grundlegend veränderte, nutzten Fangruppen und Spieler*innen die Gelegenheit, sich mit dem Thema Nachhaltigkeit und Klimawandel auseinanderzusetzen und (mehr) Klimaschutzmaßnahmen zu fordern: In England hat die Football Supporters Association 2020 einen Antrag zur Bekämpfung des Klimawandels (Motto: "Sustain the Game") angenommen.Und mehr als 80 Fußballfans weltweit haben 2021 gemeinsam ein Video aufgenommen, das ihre Unterstützung für Klimaschutzmaßnahmen zum Ausdruck bringt und bei der UN-Klimakonferenz in Glasgow gezeigt wurde.
Auch in Deutschland gibt es schon Beispiele für Klimaengagement: So gründeten im Sommer 2020 mehr als 50 Mitglieder aus bundesweiten Fanorganisationen die Initiative Zukunft Profifußball, um in Arbeitsgruppen Konzepte für einen nachhaltigeren Profifußball zu erarbeiten und Druck auf Entscheidungsträger*innen auszuüben. Die Deutsche Fußballliga hat 2022 Nachhaltigkeitskriterien in die Lizenzierungsordnung auf genommen. Mit der Ambition der grünste Fanclub der Welt zu sein, engagieren sich bei "Forest Green Allgäu" Fans unterschiedlicher Vereine, die von den Nachhaltigkeitsbemühungen ihrer Clubs enttäuscht sind und daher einen internationalen Vorreiter unterstützen: Der Name ist eine Anspielung auf den englischen Viertligisten Forest Green Rovers, der als "grünster Fußballverein der Welt" bezeichnet wird. Und immer wieder findet man vereinzelt in den Kurven auch Banner mit Klima- und Umweltbezug wie etwa im Sommer 2022 als kritische Reaktion auf den DFB-Aktionsspieltag Klimaschutz, bei dem der Anpfiff bei allen Spielen symbolisch eine Minute verspätet erfolgte: „1 Minute gegen Klimawandel? Viel Spaß bei 90 min Klimaanlage in Katar!“
Fußballfans sind eine sehr heterogene Gruppe, daher wird es überall Fans geben, denen der Klimawandel ebenso am Herzen liegt wie der Sport. Nur haben sie vielleicht bisher noch nicht daran gedacht, die beiden Themen miteinander zu verknüpfen, um Veränderungen herbeizuführen. Ein Fußballspiel zu gewinnen ist eine Gemeinschaftsleistung, und das gilt auch für effektiven Klimaschutz. Auch wenn wir uns was Letzteren betrifft bereits in der Nachspielzeit befinden, so kann es sich doch lohnen, zuversichtlich zu bleiben.