Felix Creutzig ist Gruppen­leiter am Mercator-Institut MCC in Berlin, Professor an der Technischen Universität (TU) Berlin und war Koordinier­ender Leitautor des Kapitels zum Energiesparen im Sechsten Sachstandberichts des IPCC. Peter Berrill ist Postdoc-Forscher mit MSCA-Stipendium an der TU Berlin und Gastforscher am MCC. Katharina Bohnenberger ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Sozioökonomie der Universität Duisburg-Essen. Eric Johnson ist Wirtschaftsprofessor an der Columbia University in New York und Leiter des dortigen Center for Decision Science. Tarun Khanna ist Postdoc-Forscher am MCC. Elke Weber ist Professorin für Energie und Umwelt an der Princeton University und leitet das dortige Behavioral Science for Policy Lab. Johnson und Weber sind zudem Einstein Visiting Fellow an der TU Berlin.

 

Energiesparen steht derzeit auf der Agenda wie selten zuvor. Wladimir Putin versucht, Europa mit dem Aussetzen der Gasexporte zu erpressen und möchte, dass Deutschland und andere Länder die Unterstützung für die Ukraine aufgeben. Das Ergebnis waren zumindest zeitweise sehr hohe Gaspreise, die sowohl Haushalte als auch Industrie belasten. Energiesparen war und ist somit auch finanziell mehr geboten denn je.

Andererseits ist eine Folge starker Energie-Einsparungen, dass die Energiepreise durch Rückgang der Nachfrage sinken – und das Wirtschaften für alle Beteiligte wieder einfacher wird. Genauso wichtig ist aber der Nutzen des Energiesparens für den Klimaschutz. Auch der Sechste Sachstandsbericht des IPCC, an dem einige von uns mitgeschrieben haben, betont dies: Ein deutliches Senken des Energieverbrauchs hilft dabei, Klimaneutralität bis 2050 in Reichweite zu bringen – und ist im Übrigen auch mit einem guten Leben vereinbar.

Was sind nun mögliche Ansätze, um das Energiesparen bei den Verbraucher:innen voranzubringen – ob klein oder groß, ob Privathaushalt oder Industrieunternehmen?

Monetäre Anreize

Häufig wird dabei auf Geld gesetzt. Die Möglichkeit zum Geldsparen motiviert auch zum Energiesparen (Khanna et al 2021, Mizobuchi and Takeuchi, 2013). Die Forschung zeigt, dass eine Kombination von Maßnahmen (insbesondere monetäre Anreize gekoppelt mit Information und Feedback) synergetisch wirkt, also gerade im Zusammenspiel wirkmächtig wird (Meta-Analyse Khanna et al. 2021).

Eine wichtige Ausnahme bildet allerdings das Zusammenspiel von monetären Anreizen und einem Appell an altruistische Motive: Hier wirken monetäre Anreize negativ auf die Motivation, dem Gemeinwohl zu nutzen. In dieser Kombination, könnte man salopp sagen, scheint der Verweis auf Geld die moralische Motivation zu bremsen.

Nicht-monetäre Verhaltensinstrumente

Daneben gibt es eine ganze Reihe nicht-monetärer Instrumente, um das Verhalten zu beeinflussen. Hier werden in der Forschung die Kategorien Goal-Setting, Information/Feedback, soziale Normen und Motivation unterschieden.

Goal-Setting (zu deutsch: Ziele-Setzen) kombiniert mit monetären Anreizen und/oder Feedback hat sich in wissenschaftlichen Experimenten als besonders wirksam erwiesen, um Menschen für Energiesparen zu motivieren. Höhere Ziele sind besonders effektiv in der Kombination mit anderen Maßnahmen. Bei der Zielsetzung sollten Energiesparziele festgelegt werden, die die Haushalte auch tatsächlich erreichen können, zum Beispiel eine Einsparung von zehn Prozent (Abrahamse et al., 2007).

Noch stärker wirken Zielvorgaben, wenn sie mit einem Sparversprechen (Katzev und Johnson, 1983) oder mit Feedback kombiniert werden – also mit einer Rückmeldung darüber, wie viel man bereits erreicht hat. In den Fällen, in denen die Zielsetzung mit Feedback kombiniert wurde, erwies sich ein hochgestecktes Ziel als wirksamer bei der Reduzierung des Energiebedarfs als ein (zu) niedrig gestecktes Ziel. Interessant: Wird ein klar erreichbares Ziel vorgegeben (etwa eine 20-prozentige Reduktion), sind die Einsparungen der Beteiligten höher, als wenn nur allgemein zum Energiesparen aufgerufen wird. Ein finanzieller Bonus für ein Energiesparen über die Zielmarke von 20 Prozent hinaus kann das Ziel noch wirksamer machen (Heath et al. 1999).

  • Daraus lässt sich als Empfehlung 1 (kurzfristig wirksam) ein Anreiz wie dieser ableiten: Wer viel Energie einspart, etwa wenn man 2023 weniger als 80 Prozent des Verbrauchs von 2021 konsumiert, soll extra verdienen. Tatsächlich sieht die Bundesregierung vor, dass einem Haushalt 12ct pro Kilowattstunde gutgeschrieben werden, wenn er eine kWh über die 80-Prozent-Marke hinaus einspart. Was aber fehlt: Prägnante Kommunikation, die diesen Effekt in der breiten Öffentlichkeit klar und verständlich vermittelt. Der Bundeskanzler, der Vizekanzler und der Finanzminister sollten in der Öffentlichkeit ansagen, dass Energiesparen sich lohnt.

Eine der nützlichsten kurzfristigen Maßnahmen zur Reduzierung des Energieverbrauchs ist eine bessere und schnellere Information über den aktuellen Verbrauch. Trotz der jüngsten Gesetzesänderungen zum Thema Energiesparen und Energieeffizienz erhalten die meisten deutschen Haushalte kein monatliches Feedback über ihren Wärme-, Gas- oder Stromverbrauch. Dies sollte umgehend korrigiert werden. Wo eine monatliche Abrechnung aufgrund fehlender Messinfrastruktur wirklich nicht möglich ist, sollte eine vierteljährliche Abrechnung vorgeschrieben werden, gegebenenfalls auf Basis einer Selbstauskunft der Verbraucher. Die Haushalte könnten auch dazu angehalten werden, ihren eigenen Verbrauch jeden Monat zu überwachen und etwa aktuelle Zählerstände dem Versorgungsunternehmen zu melden.

Ein niedrigschwelliger Ansatz in Mehrfamilienhäusern wäre etwa ein Aushang im Treppenhaus: Wo eine regelmäßige Abrechnung auf Haushaltsebene derzeit nicht möglich ist, würde der Verbrauch monatlich auf Gebäudeebene überwacht. Möglich wäre zudem, den monatlichen Verbrauch im Vergleich zu anderen vergleichbaren Gebäuden darzustellen. Diese Aushänge können durch weitere kreative Hinweise und Energiespartipps ergänzt werden. Wichtig ist dabei: eine einfache plakative Botschaft – eine rein technische Wiedergabe der Verbrauchsdaten wie von der Bundesregierung per Verordnung vorgegeben ist unzureichend.

Auch wenn er die gesetzlichen Vorgaben erfüllen mag, wird ein Aushang wie dieser aus einem Berliner Mietshaus vermutlich kaum etwas bringen. Wirksame Sparanreize sollten weniger lustlos formuliert sein...; Foto: Carel Mohn

Den Ansatz der direkten Ansprache vor Ort testeten etwa Beermann et al. 2022 in einem Experiment:  Für ihre Studie wurden Haushalte in Mehrfamilienhäusern in drei Gruppen unterteilt. Der einen wurde ein kostenbasiertes Energiespar-Framing präsentiert („Verheiz dein Geld nicht“), der zweiten Gruppe ein gesundheits-basiertes Framing („Schimmel durch Kipplüften! – Lieber Stoßlüften“). Die dritte Gruppe diente als Vergleich, also bekam keinen Aushang. Die Botschaften wurden jeweils auf großen A2-Postern im Eingangsbereich der Gebäude platziert. Ergebnis: Das Kostenframing war wirksam (im Gegensatz zum Gesundheitsframing) und bewirkte eine Reduktion des Heizenergie-Verbrauchs um neun Prozent.

  • Empfehlung 2 (kurzfristig wirksam): Die Verwaltung von Mehrfamilienhaushalten sollte monatlich per Aushang oder elektronischem Display im Eingangsbereich die Bewohner:innen über den aktuellen Verbrauch informieren (im Vergleich zum Vorjahresmonat, berechnet mit Hilfe eines öffentlich bereitgestellten Tools, welches Wetterdaten berücksichtigt, um den Einfluss milderer oder kälterer Außentemperaturen auf den Verbrauch zu berücksichtigen).

Ein weiterer wirksamer Anreiz ist Soziales Vergleichen. Gasanbieter könnten Haushalten zum Beispiel eine Energieverbrauchskarte zuschicken, die mit Information versehen ist, wieviel ein Vergleichshaushalt verbraucht (fachsprachlich formuliert: Kommunikation deskriptiver Normen), sowie einem visuellen Signal, ob das Verbrauchsverhalten energiesparend ist oder nicht (Kommunikation von injunktiven Normen, also von Soll-Botschaften) – etwa mit einem Smiley für jeden Fünf-Prozent-Reduktionsschritt und Supersmileys für jede fünf Prozent über die 20 Prozent hinaus. Wie ein adäquates Design aussehen kann, zeigt ein erfolgreiches italienisches Vorbild (siehe Kasten).

Deutlich wirksamere Anreize zum Energiesparen lassen sich jedoch setzen, wenn aktuelle Verbrauchsdaten für Einzel-Haushalte vorliegen, wenn die Nutzer also die (Selbst-) Wirksamkeit ihres Handelns unmittelbar gespiegelt bekommen. Direktes und indirektes Feedback kann laut Studien (Zangheri et al. 2019) Energie-Einsparungen in Größenordnung von fünf bis zehn Prozent bewirken. Unter „direktem Feedback“ versteht man dabei etwa ein Display in der Wohnung, das über den aktuellen Gasverbrauch informiert, ein „indirektes Feedback“ sind beispielsweise Rechnungen. Beide Arten von Feedback ermöglichen Energieeinsparungen. Direktes Feedback ist effektiver als indirektes Feedback. Eine höhere Frequenz von Feedback erhöht die Effektivität.

Direktes Feedback ist am wirksamsten im Kontext der sogenannten marginalen Bepreisung, wie sie aktuell zum Beispiel auf dem Strommarkt üblich ist: Der momentane Preis für allen gehandelten Strom liegt so hoch, wie für das teuerste Kraftwerk gezahlt werden muss, das zum entsprechenden Zeitpunkt gerade noch zur Deckung der Gesamtnachfrage nötig ist (auch bekannt als „Merit-Order-Prinzip“). Wird weniger Strom verbraucht, fallen die teuersten Kraftwerke weg, und für alle Abnehmer sinkt der Preis. Entsprechend die Empfehlung:

  • Empfehlung 3 (mittelfristig wirksam): Konsumenten wird (zum Beispiel bis 2030) die Stromsteuer erlassen, wenn sie sich für sogenannte dynamische Tarife entscheiden, bei denen der Endverbraucher-Preis schwankt und jeweils dem momentanen Börsenpreis folgt. Damit würde ein flexibles System von Angebot und Nachfrage schnell marktfähig, was dabei hilft, zu Spitzenzeiten Erdgas zu sparen, weil Gaskraftwerke zu den teuersten gehören).

 

Literaturangaben
- Abrahamse, W., Steg, L., Vlek, C., & Rothengatter, T. (2007). The effect of tailored information, goal setting, and tailored feedback on household energy use, energy-related behaviors, and behavioral antecedents. Journal of environmental psychology, 27(4), 265-276
- Beermann, V., Bicker, K. & Poerschke, V. B. Loss Aversion Nudges To Improve Heating Behavior And Reduce Carbon Emissions. in Proceedings of the Eighty-second Annual Meeting of the Academy of Management. (2022)
Heath, Chip, Larrick, Richard P., & Wu, George. (1999). Goals as reference points. Cognitive Psychology, 38, 79–109
- Khanna, T. M., Baiocchi, G., Callaghan, M., Creutzig, F., Guias, H., Haddaway, N. R., ... & Minx, J. C. (2021). A multi-country meta-analysis on the role of behavioural change in reducing energy consumption and CO2 emissions in residential buildings. Nature Energy, 6(9), 925-932
- Mizobuchi, K., & Takeuchi, K. (2013). The influences of financial and non-financial factors on energy-saving behaviour: A field experiment in Japan. Energy Policy, 63, 775-787
- Zangheri, P., Serrenho, T., & Bertoldi, P. (2019). Energy savings from feedback systems: A meta-studies’ review. Energies, 12(19), 3788

Transparenzhinweis: Felix Creutzig ist Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats von klimafakten.de