Was der 70-jährige US-Präsident kann, kann sein frisch gekürter, 39 Jahre junger Amtskollege aus Frankreich schon lange. Als Donald Trump vor gut einer Woche den Ausstieg der USA aus dem Pariser Klima-Abkommen bekanntgab, antwortete Emmanuel Macron ausgerechnet auf dessen Lieblings-Kommunikationskanal: "Make our Planet great again", twitterte er - und landete damit einen echten Social-Media-Coup.
Mehr als 240.000 Mal wurde diese Persiflage Trumps Wahlslogans bislang geteilt – vor allem in Frankreich, aber auch im Ausland. Allein 20 Prozent der Nutzer, die den Tweet aufgriffen, kamen aus den USA, rund zehn Prozent aus Frankreich, wie eine Analyse des Unternehmen Visibrain ergab. Als meistgeteilter französischsprachiger Tweet feierte die Presse den Slogan. Macron sei ein "Twitterkönig" titelte die französische Zeitschrift Les Echo begeistert. Parallel stellte sein Team ein dreiminütiges Video ins Netz - auf Englisch (aber mit deutlichem französischen Akzent) hielt er ein bewegendes Plädoyer für Klimaschutz. Allein den Online-Clip sahen knapp zwei Millionen Menschen, die Berichte von Medien überall auf der Welt ein Vielfaches.
Macron deklassierte mit dem Klima-Tweet Fernseh- und Fußball-Stars
Twitter-Kurznachricht und Video sind ein Lehrstück für politische (Klima-)Kommunikation. Erstaunlich ist, dass es Macron ausgerechnet mit dem als sperrig geltenden Thema Erderwärmung gelang, die Tweet-Rekorde französischer Fernsehstars oder Fußballer zu schlagen, wie Le Parisien vermerkte.
Der nächste Schritt folgte sechs Tage später: Aus einer Passage der Macron-Rede wurde eine komplette Kampagne mit eigener Internet-Seite: MakeOurPlanetGreatAgain.fr. Darin lädt der Präsident "alle Wissenschaftler, Ingenieure, Unternehmer und Bürger" der USA, die nicht mit Trump einverstanden seien, nach Frankreich ein. Die Website, ausschließlich auf Englisch, ist eine Art Wegweiser für einen "Brain-Drain", also eine Migration kluger Köpfe nach Europa. Als US-Klimaforscher oder anderweitiger Trump-Flüchtling findet man auf dieser Seite alles: von Förderprogrammen bis zu Umzugstipps, versprochen werden Stipendien und aussichtsreiche Positionen in französischen Forschungsorganisationen. "Frankreich ist dabei, ein innovatives Zentrum für Wissenschaft, Technologie und Fortschritt zu werden", wirbt Macron auf der Seite. Die Botschaft: Klimaschutz bedeutet Innovation und Wachstum. Mit diesem Erfolgsversprechen verpasst der Präsident dem Thema einen Glamour-Effekt.
"Signal, dass die Arbeit von Klimaforschern noch einen Wert hat"
Auch wenn kaum jemand glaubt, dass es einen großen Forscher-Exodus aus den USA geben wird - allein schon die Kampagne hat eine Wirkung. Sie sei ein wichtiges Signal, "dass unsere Arbeit noch einen Wert hat", lobte Andrew Rosenberg, Direktor des Washingtoner Center for Science and Democracy (USC) in Le Monde. Während Trump die vor allem unter US-Konservativen verbreitete Abneigung gegen Klimaschutz zu Wahlkampfzwecken nutzte, dreht der französische Präsident den Spieß um und präsentiert sich mithilfe der Klimaschutz-Offensive als weltoffen, modern und ökonomisch weitsichtig.
Ein Auftreten, das das globale Image Frankreichs befördert - und auch Macron selbst nützen dürfte. Bei der ersten Runde der Parlamentswahlen am vergangenen Sonntag erlangten die Kandidaten seiner Partei eine exzellente Ausgangsposition für die Stichwahlen.