Vergangene Woche hat sich der UN-Klimagipfel in Paris auf ein weitreichendes Abkommen geeinigt. Darin wird nicht nur das Zwei-Grad-Limit für die Erderwärmung bekräftigt, sondern sogar ein Temperaturanstieg von lediglich 1,5 Grad als politisches Ziel erwähnt. Bereits während des Gipfels hatten renommierte Klimaforscher auf einer Pressekonferenz darauf hingewiesen, dass diese Ziele nicht erreichbar sein werden - sofern nicht ein schneller und radikaler Politikwechsel stattfindet, nach dem es im Moment aber nicht aussieht.
Einer dieser Forscher war Kevin Anderson, Vize-Chef des britischen Tyndall Center for Climate Change Research, einem Forschungsverbund von acht Universitäten in Großbritannien und China. In der neuen Ausgabe der linksalternativen Wochenzeitung WoZ aus der Schweiz findet sich ein Interview, das der Wissenschaftsjournalist Marcel Hänggi mit ihm geführt hat. Laut Anderson fürchten sich viele Forscherkollegen davor, die Folgen des Wissens für Politik und Lebensstile offen auszusprechen.
Anderson kritisiert unter anderem die ökonomischen Modellrechnungen und Szenarien zur Emissionssenkung, die der IPCC vorgelegt hat. Diese seien verharmlosend, weil die Größe der notwendigen Transformation nicht offengelegt werde. "Wenn es um die Frage geht, was angesichts des Klimawandels zu tun sei, bemühen sich die IPCC-Autoren sehr, den Rahmen dessen, was politisch und ökonomisch als normal gilt, nicht zu verlassen", so Anderson. "Sie schrauben so lange an den Annahmen herum, bis ihre Modelle Resultate liefern, die politisch erträglich scheinen." Wissenschaftler aber sollten sich "nicht darum kümmern, ob die Leute mögen, was unsere Forschung ergibt". Wie die Politik wissenschaftliche Erkenntnisse "ihren Wählern vermittelt, ist nicht unsere Sache".
Auf der Website der WoZ (Link unten) ist das Interview bisher nur für Abonnentinnen und Abonnenten zugänglich, auf Hänggis eigener Internetseite hingegen ist bereits der Gesamttext zugänglich.
tst