Damit Menschen sich politisch für Klimaschutz engagieren, genügt es nicht, dass sie sich der Gefahren des Klimawandels bewusst sind. Vielmehr müssen weitere Bedingungen erfüllt sein - welche dies sind, haben die Umwelt- und Sozialwissenschaftler Kathryn Doherty und Thomas Webler in einer neuen Studie erkundet. Einen starken Einfluss hat demnach das Verhalten des persönlichen Umfelds.
Das Konzept der Untersuchung, die in der Fachzeitschrift Nature Climate Change erschienen ist, basiert auf einer Analyse von Wissenschaftlern der Yale-Universität aus dem Jahr 2009. Sie unterschieden in der US-Öffentlichkeit sechs verschiedene Teilöffentlichkeiten ("Global Warmings Six Americas"): Von einem Teil, der "alarmiert" ist ob des Klimawandels (18 Prozent) bis zu einem Teil, den sie "ablehnend" nannten, der also den Klimawandel nicht als Realität anerkennt (7 Prozent). Die Studie von Doherty und Webler, die am Social and Environmental Research Institute (SERI) in Massachusetts forschen, konzentrierte sich auf die erste Gruppe, also jene Bürger, die den Klimawandel und seine Folgen sehr ernst nehmen, und untersuchte deren Motivation sich zu engagieren. Dazu befragten sie rund 700 repräsentativ ausgewählte Einwohner des US-Bundesstaats Vermont.
Selbst von den "Alarmierten" spendete nur gut ein Zehntel für Klimaschutz
Das Ergebnis: Das Klimaschutz-Engagement vieler "Alarmierter" beschränkte sich auf private Aktivitäten, beispielsweise Energiesparen oder einen ökologisch-bewussteren Konsum. Die Wenigsten wurden darüber hinaus politisch aktiv, indem sie beispielsweise Klimakampagnen aktiv unterstützen oder sich für erneuerbare Energien einsetzen. So spendete im Untersuchungszeitraum von zwölf Monaten nur rund ein Drittel der "alarmierten" Bürger an Klimaschutzorganisationen, lediglich 29 Prozent wandten sich mit Anfragen oder Forderungen an Politiker.
Fühlt man sich bedroht, müsste man doch eigentlich handeln – und zwar im größeren Kontext, meint Kathryn Doherty im Interview mit der Washington Post. Die Wissenschaftlerin hatte bereits ihre Dissertation über die "Lücke" zwischen Bewusstsein und Handeln beim Klimawandel geschrieben. Die aktuelle Studie führt nun den Widerspruch zwischen persönlicher Überzeugung und politisch passivem Verhalten auf eine Reihe sozialer und psychologischer Faktoren zurück.
Aktiv wird, wer andere Aktive kennt und glaubt, etwas verändern zu können
So spiele das soziale Umfeld eine besonders große Rolle für das Engagement. Unter den Befragten, die im Klimaschutz aktiv sind, gab eine Mehrheit an, dass auch Familienmitglieder oder Bekannte bereit sind, über ihre privaten Konsumentscheidungen hinaus etwas zu tun. Bei diesen Befragten war auch das Vertrauen größer, dass das eigene Handeln oder das von Klimaschutzorganisationen etwas erreichen können. Die weniger Engagierten hingegen kannten kaum aktive Klimaschützer und waren weniger von ihren Einflussmöglichkeiten überzeugt.
Fazit für die Studienmacher: Sind Menschen von der Wirkung ihrer eigenen Handlungen sowie von kollektiven Aktionen überzeugt und bewegen sie sich in einem sozial-engagierten Umfeld, ist es sehr viel wahrscheinlicher, dass diese Menschen auch selbst aktiv werden. Fehlen Freunde und Bekannte, die im Klimaschutz aktiv sind und glaubt man nicht an die eigene Macht zur Veränderung, kommt es auch nicht zum Engagement – egal, wie hoch die Gefahren des Klimawandels eingeschätzt werden.
sg