Klimaschutz und Humor – auf den ersten Blick geht das nicht zusammen, auf den zweiten durchaus. Wie genau es funktionieren kann, haben Studierende am Institut für Nachhaltigkeitsmanagement der Wirtschaftsuniversität Wien gezeigt. Für ihr Bildungsprojekt "Humor und Nachhaltigkeit" verlieh ihnen das österreichische Umweltministerium Ende vergangenen Jahres die Auszeichnung "Bildung für nachhaltige Entwicklung - Best of Austria".
Ausgangspunkt war die Beobachtung, dass Themen wie Nachhaltigkeit, Klimaschutz oder verantwortungsvolles Wirtschaften in der Öffentlichkeit oft als regelrechte Spaßbremse gesehen werden. Sie seien emotional negativ besetzt, werden als bedrohlich wahrgenommen und lösen ein schlechtes Gewissen aus, erklärt Projektleiter André Martinuzzi. Depressive Verstimmung und Verdrängung seien mögliche Folgen - mitsamt Rückzug ins Private: "Das ist alles sehr unbefriedigend und nimmt uns die Kraft zur Veränderung."
Eines der Vorbilder, an denen sich die Wiener Studierenden bei ihrem Humor-Projekt orientierten, war der US-Fernsehkomiker John Oliver - hier bei einem Sketch über die Aufkündigung des Pariser Klimaabkommens durch Präsident Donald Trump; Foto: Screenshot/HBO
Martinuzzi forscht und lehrt seit 25 Jahren an der Wirtschaftsuniversität Wien, davor war er zehn Jahre lang in der Industrie tätig. Er leitet das Institut für Nachhaltigkeitsmanagement, eine aus Dritt- und Projektmitteln erfolgte Gründung. Forschungsgegenstand sind Programme zur Nachhaltigkeit in Politik und Unternehmen in Europa. Unter anderem wurden am Institut Lernmodule namens Ways 2 Sustain entwickelt, die das Nachhaltigkeitsverständnis von Schülerinnen und Schülern fördern sollen.
Das Projekt holte Kabarettisten und Schauspielerinnen in die Universität
In ihrem Humor-Projekt stellten sich Martinuzzi und Studierende aus dem Master-Management-Programm nun also die naheliegende Frage: Lässt sich Nachhaltigkeit so vermitteln, dass es Spaß bereitet, sich mit dem Thema zu befassen? Oder andersherum: "Kann man ernsthafte Themen wie Nachhaltigkeit mit Humor vermitteln - ohne sie dabei zu untergraben oder zu entwerten?"
Die Antwort lautet Ja - doch es kommt auf das Wie an. Für ihr Projekt griffen Martinuzzi und seine Studierenden zur bewährten Methode des Lernens durch Erfahrung: Als erstes analysierten sie deutsches und österreichisches Kabarett sowie englischsprachige Stand-Up-Comedy. Fündig wurden sie zum Beispiel in den USA, wie Martinuzzi berichtet: "John Oliver und sein Format 'Last Week Tonight' haben uns fasziniert, weil sie sehr anspruchsvolle Themen mit breitenwirksamem Humor vermitteln." In einem nächsten Schritt holte das Team sowohl Autoren als auch Schauspieler in den Kurs, um die Grenzen des Humors, das Wesen von Pointen und den Aufbau von Skripts zu erlernen. Zu Gast waren unter anderem die Schauspielerin Anita Zieher und der Kabarettist Florian Scheuber.
Ganz wichtig: Sich nicht über das lustig machen, was man fördern will
Nachdem sich die Studierenden mit der Form befasst hatten, folgte - drittens - jene mit den Inhalten, etwa Nachhaltigkeit und Tourismus. "Wer Pointen erarbeiten will, muss in einem Thema kompetent sein", sagt Martinuzzi. Die Recherche etwa über die Emissionen von Kreuzfahrtschiffen führte dann zu einem Sketch unter dem Titel des legendären Pop-Songs "Smoke on the Water" von Deep Purple. Weitere Themen, die die Studierenden behandelten, waren zum Beispiel E-Mobilität oder das Bienensterben. Es entstanden mehrere Skripts, die vom Umweltministerium ausgezeichnet wurden - die zwei bis drei besten sollen nun bis zum Sommer in Videos umgesetzt werden.
Was sind bereits jetzt die Lehren des Projekts für die humorvolle Kommunikation von Nachhaltigkeit oder auch Klimawandel? "Wir dürfen das, was wir positiv vorantreiben wollen, nicht lächerlich machen oder unterminieren", erläutert Martinuzzi. "Humor kann aber zum Beispiel nicht-nachhaltige Handlungen angreifen, übertreiben oder in Analogien die Absurdität unseres Konsumverhaltens aufzeigen." So ließen sich auch ernste Anliegen über Humor transportieren. Martinuzzi: "Manchmal bleibt einem dabei das Lachen im Hals stecken – was ja durchaus gewollt sein kann."
Claus Reitan