Der Klimawandel nimmt in den großen Medien nur relativ wenig Raum ein, ein regelmäßiger Anlass für Berichte sind jedoch politische Ereignisse. Vor allem die jährlichen UN-Klimakonferenzen sorgen verlässlich für Aufmerksamkeitsspitzen - das zeigten schon vor ein paar Jahren Hamburger und Züricher Wissenschaftler nach einer Medienauswertung in 27 Ländern. Auch in Deutschland nehmen Journalisten die Gipfel gern zum Anlass für Berichterstattung zum Klimawandel - das lässt sich in diesen Tagen wieder in vielen Medien besichtigen, und das zeigt auch ein Langzeitmonitoring von Forschern der US-amerikanischen University of Colorado.

Die jährlichen UN-Gipfel sorgen auch in deutschen Medien regelmäßig für Ausreißer nach oben bei der Berichterstattung zum Klimawandel. Das Diagramm zeigt die Zahl der Beiträge in Süddeutscher Zeitung und taz, den beiden deutschen Blättern, die im Langzeitmonitoring der University of Colorado erfasst werden: Die Spitze 2007 geht auf den damals intensiv diskutierten Vierten Sachstandsbericht des IPCC zurück, die Spitze 2017 auf den Amtsantritt des neuen US-Präsidenten Donald Trump und seine Kehrtwende in der Klimapolitik. Daneben zeichnen sind häufig Spitzen jeweils zum Ende eines Jahres ab - Ende 2009 (der zweithöchste Ausreißer) etwa zum Kopenhagen-Gipfel, Ende 2015 zum Paris-Gipfel; Quelle: McNatt et al. 2017 

Doch darüber, welche Wirkung solche Medienberichte aufs Publikum haben, ist bisher wenig bekannt. Eine Studie, die pünktlich zum diesjährigen Bonner Gipfel im Fachjournal Nature Climate Change erschien, betritt hierbei Neuland. Ein Team um die Hamburger Kommunikationswissenschaftler Michael Brüggemann (der auch Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat von klimafakten.de ist) und Imke Hoppe befragte dazu mehr als tausend Mediennutzer - doch das Ergebnis ist ernüchternd: "Die Deutschen waren nach der Konferenz eher beruhigt als aufgerüttelt", formuliert Hoppe das Fazit.

Wichtigste Quelle für Nachrichten zum Klimagipfel war das Fernsehen

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Studie wurden dreimal befragt: zwei Wochen vor dem Pariser Klimagipfel, während der Konferenz sowie vier Wochen danach. Anfangs nahmen mehr als 2000 Probanden teil, bis zur dritten Befragung hielten 1.121 im Alter von 18 bis 69 Jahren durch. Abgefragt wurden zum Beispiel Wissen über und Einstellungen zum Klimawandel, Kenntnisse über Ziele des Klimagipfels und Maßnahmen zum Klimaschutz - nicht zuletzt ging es um die Bereitschaft, selbst aktiv zu werden.

Immerhin: Die Antworten zeigten, dass die Berichterstattung zum Klimagipfel einen Großteil des Publikums tatsächlich erreichte. 69 Prozent der Befragten erfuhren über das Fernsehen von der Konferenz, das Radio war mit 46 Prozent die zweitwichtigste Quelle, Zeitungen folgten mit 33 Prozent. Fast ein Viertel der Befragten (24 Prozent) sagte jedoch auch, sei hätten keine Medienberichte zum Gipfel mitbekommen. Die meisten Mediennutzer beschränkten sich aufs Zusehen/-hören/Lesen - doch immerhin 26 Prozent gaben an, sie hätten mit Freunden oder der Familie auch über das Thema geredet. 18 Prozent taten dies mit Kollegen oder anderen. 13 Prozent suchten, ausgelöst durch die Medienberichte, im Internet nach weiteren Informationen, sieben Prozent beteiligten sich an Internet-Debatten.

Nachrichtenquellen für Informationen zum Pariser Klimagipfel Ende 2015 (links) und folgendes Engagement (rechts) deutscher Mediennutzer; Quelle: Brüggemann et al. 2017

Die Antworten zeigten auch kleinere Wissenszuwächse: Die Befragten lernten während des Gipfels etwas über die konkreten Ziele der Konferenz (vorher 28 Prozent, hinterher 36 Prozent) und was es mit dem "Zwei-Grad-Limit" auf sich hat (vorher 14 Prozent, hinterher 21 Prozent). Darüber hinausgehendes Wissen aber, etwa allgemein zum Klimawandel oder über bestimmte Klimaschutzinstrumente, blieb  offenbar kaum hängen. Und bemerkenswert viele Probanden (80 Prozent) wussten weder vor noch nach der Konferenz, dass es der Menschheit bisher noch nicht gelungen ist, ihre gesamten Treibhausgas-Emissionen wenigstens ein bisschen zum Sinken zu bringen.

Die Einstellungen zum Klimawandel jedoch - also ob man ihn beispielsweise für ein ernstes Problem hält, welche Gegenmaßnahmen man für wirksam hält oder was man selbst zu tun bereit ist - veränderten sich über die drei Befragungswellen nicht oder nur wenig. Beispielsweise blieb die Zahl derjenigen, die den wissenschaftlichen Konsens zum menschengemachten Klimawandel bezweifeln oder bestreiten, stabil bei deutlich unter zehn Prozent (und damit weit niedriger als etwa in den USA). Und unverändert war fast die Hälfte der Befragten vor wie nach dem Klimagipfel bereit, sich als Konsument für klimaschonende Lebensmittel oder Verkehrsmittel zu entscheiden. "Grundsätzliche Einstellungen", schreiben die Forscher, "scheinen schon vor dem Gipfel festgelegen zu haben und sind anscheinend durch die aktuelle Berichterstattung nicht beeinflussbar."

Deutschland müsse mehr tun - dieser Wunsch sank während des Gipfels

Einige kleinere Veränderungen bei den Einstellungen zeigten die Befragungen aber schon - doch sie dürften nicht dazu führen, den Klimaschutz voranzubringen, eher im Gegenteil. Zwar stieg das Vertrauen leicht, dass die internationale Politik etwas gegen die Erderwärmung tun könne (kein Wunder, in Paris wurde ja tatsächlich ein Abkommen beschlossen). Zugleich aber zeigte sich eine Art Beruhigungseffekt: "Der Gipfel dämpfte das Gefühl, dass das eigene Land (in diesem Fall Deutschland) eine führende Rolle beim Klimaschutz einnehmen müsse und er ermutigte nicht dazu, selbst aktiv zu werden", so das Fazit. "Kurzgesagt wirkte der Gipfel eher besänftigend als mobilisierend."

Dieses Ergebnis sei besorgniserregend, schreibt das Autorenteam: "Die Bürger wirken zufrieden, dass ein weltweiter Vertrag ausgehandelt wurde und scheinen daraus zu schließen, dass man sich selbst nicht weiter zu bemühen brauche. Doch angesichts dessen, dass das Paris-Abkommen auf freiwilligen Zusagen der nationalen Regierungen basiert, die erst noch umgesetzt werden müssen, wäre Engagement danach eigentlich noch nötiger als zuvor."

Toralf Staud