Vor drei Wochen haben wir an dieser Stelle eine Zwischenbilanz der Medienberichterstattung im zurückliegenden Dürre- und Hitzesommer versucht. Ein Team von Datenjournalisten hat nun eine quantitative Auswertung zum selben Thema vorgelegt: "Steigt mit den Temperaturen auch das Interesse am Klimawandel", ist ihr Text auf dem Online-Portal Einfacher Dienst überschrieben. Ihre Antwort lautet: Ja, offenbar schon.
Ausgangspunkt der Analyse sind Daten eines Forscherteams um den Kommunikationswissenschaftler Michael Brüggemann von der Universität Hamburg (Brüggemann ist auch Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat von klimafakten.de). Im Rahmen ihres "Online Media Monitors on Climate Change Coverage" (kurz: OMM) erfassen sie systematisch, laufend und weltweit die Berichterstattung, in Deutschland werden drei große Nachrichten-Medien ausgewertet (Spiegel Online, tagesschau.de und Süddeutsche Zeitung). Und tatsächlich zeigen die Daten, dass die Berichterstattung im Laufe des Sommers deutlich zugenommen hat - mit einer klaren Spitze im August. "Schwellenwerte mögen dabei eine Rolle gespielt haben", scheiben die Hamburger Forscher. "Während Journalisten anscheind den warmen Frühling, den frühen Sommerbeginn und die Abwesenheit von Regen genossen haben, ohne ihre Berichterstattung zum Klimawandel zu intensivieren, konnten sie das Thema nach Wochen, in denen Höchsttemperaturen häufig 30 °C übertrafen, nicht mehr ignorieren."
Nach wochenlanger Dürre und Hitze erreichte die Zahl der Medienberichte zum Klimawandel einen Höhepunkt; Grafik: Einfacher Dienst
Aber war diese Spitze lediglich ein Medienphänomen, fragen die Datenjournalisten vom Einfachen Dienst? Oder lässt sich durch andere Indikatoren ein steigendes Interesse auch in der Bevölkerung beobachten? Für ihre Antwort schauten sie, wie sich die Zahl der Anfragen nach dem Wort "Klimawandel" bei der hierzulande meistgenutzten Internet-Suchmaschine Google entwickelte. Auch hier ist das Ergebnis klar, heißt es: "Es haben sich lange nicht mehr so viele Menschen in Deutschland für den Klimawandel interessiert, wie in den Hitzemonaten 2018. Das Informationsbedürfnis während des Sommers überstieg sogar das Interesse während der historischen Pariser Klimaverhandlungen im Dezember 2015."
Nur dreimal in den vergangenen 14 Jahren war das Interesse höher
Und weiter: "Dehnt man den Betrachtungszeitraum aus, gibt es nur drei Zeitpunkte in den vergangenen 14 Jahren, in denen das Interesse für den Klimawandel größer war, als im vergangenen Sommer: In der ersten Hälfte des Jahres 2007, in welcher der UN-Weltklimarat IPCC seinen Vierten Sachstandsbericht veröffentlichte, in dem klar festgestellt wurde, dass es an der menschengemachten Erwärmung des Klimas keinen Zweifel gibt. Und dann noch einmal im Dezember 2007, vermutlich auf Grund der UN-Klimakonferenz auf Bali, sowie im Dezember 2009 während der Kopenhagener Klimakonferenz, die katastrophal scheiterte."
Zwar erreichte die Zahl der Google-Suchanfragen zum Wort "Klimawandel" im Hitzesommer 2018 bei weitem nicht die Rekordwerte von 2007 oder 2009, als das Thema noch relativ neu war und politische Entscheidungen anstanden - aber es erreichte einen Wert wie seit acht Jahren nicht mehr; Grafik: Einfacher Dienst
Der Hitzesommer scheint also tatsächlich das allgemeine Interesse am Klimawandel erhöht zu haben (womit allerdings nichts darüber gesagt ist, ob dies irgendeinen länger anhaltenden Effekt hat). Bemerkenswert fanden die Autoren jedoch, wie begrenzt die Aufmerksamkeit der breiten Öffentlichkeit offenbar war: Ganz anders als die Google-Suchanfragen zum Wort "Klimawandel" entwickelten sich nämlich die Anfragen nach dem Begriff "Klimaschutz" - sie kamen auch auf dem Höhepunkt der Hitzewelle nicht signifikant über den langjährigen Durchschnitt hinaus. "Dies deutet auf eine klare Lehre für Verfechter des Klimaschutzes hin", lautet das Resümee. "Für sie ist es wichtig, auf die spürbaren Effekte des Klimawandels hinzuweisen – mindestens ebenso wichtig ist es aber, einen klaren Zusammenhang zwischen den vorherrschenden Bedingungen und den politischen Maßnahmen, die die Klimakrise eindämmen könnten, herzustellen."
tst