Es war etwas Neues für die K3, ein Experiment: Im Rahmen der zweitägigen Konferenz fanden nicht nur Vorträge und andere Formate der Wissensvermittlung statt - sondern erstmals auch ein sogenanntes "ZukunftsLAB": Unter dem Begriff versteht man Workshops im sogenannten "Design Thinking"-Format, bei dem Menschen unterschiedlicher Herkunft und Kompetenz gemeinsam Lösungen finden sollen für bestimmte Aufgaben, sogenannte "Challenges". Betreut von dem Beratungsunternehmen Mindshift.One aus Mannheim und gefördert von der Hopp-Foundation, arbeiteten also insgesamt 36 Leute unterschiedlichen Alters und beruflichen Hintergrunds zwei Tage lang in sechs Gruppen an drei Aufgaben. Am Dienstagnachmittag wurden im Rahmen der Abschlussveranstaltung des K3-Kongresses die Ergebnisse vorgestellt.
Eine Social-Media-Kampagne gegen Kurzstreckenflüge
Die "Challenges" hatten allesamt - passend zum Kongress - mit der Kommunikation rund ums Klima zu tun: Wie lässt sich das Vorhaben eines CO2-Preises für eine breite Öffentlichkeit überzeugend vermitteln? Wie können Vielflieger motiviert werden, zu alternativen Verkehrsmitteln zu greifen? Und wie sollten ansprechende Jugendforen angelegt sein, um zur Befassung mit dem Klimawandel einzuladen - ausdrücklich auch für junge Leute, die bisher nicht zu #FridaysForFuture-Demonstrationen gehen.
Schon kurz nach der K3-Abschlussveranstaltung setzten die ersten Teilnehmerinnen und Teilnehmer die präsentierte Idee um und twitterten Selbstverpflichtungen mit dem Hashtag #unter1000
Die überzeugendste und kommunikativ stärkste Idee war die Skizze einer Kampagne unter dem Motto "#unter1000 mach' ich's nicht" - zum Beispiel auf Twitter oder anderen Online-Netzwerken. Die Gruppe präsentierte auch schon einen kleinen, schnell produzierten Videoclip: Zufällig ausgewählte Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Kongresses standen vor der Kamera und sagten: "unter tausend mach ich's nicht" - und hielten dabei handgeschriebene Schilder mit dem Hashtag in die Kamera.
Was war gemeint? Ein Honorar, das zumindest 1.000 Euro betragen sollte? Eine Anzahl an Zuhörern, ab der sich erst ein Vortrag lohnt? Oder was? Die Auflösung folgte im letzten Bild mit den Worten "Bleib am Boden". Im Klartext: Es ging ums Fliegen. Oder, treffender, ums Nicht-Fliegen. Diese Personen bekannten öffentlich, für Strecken unter 1.000 Kilometern nicht mehr in ein Flugzeug zu steigen (also vor allem Inlandsflüge zu verweigern). Der schnelle Schnitt des Videos, die persönlich gehaltenen Botschaften, der griffige Hashtag überzeugten. Die Kampagne zündete - zumindest beim K3-Publikum, wie großer Applaus zeigte, aber auch bei der Jury, die aus der Kommunikationswissenschaaftlerin Irene Neverla und dem Klimaforscher Mojib Latif bestand. Fokussiert, kurz, knackig, monothematisch, klare Botschaft – also: gut, so das Urteil.
Ein Zukunftsbus und eine Zero-Emission-Challenge
In weiteren Ideen für die anderen Challenges wurde zum Beispiel ein prototypischer Familienvater und Autofahrer überzeugt, auf die - in hypothetischer Zukunft - gutausgebauten öffentlichen Verkehrsmittel umzusteigen. Es wurde einer arbeitenden und alleinerziehenden Mutter die für sie bisher nebensächliche Thematik des Klimawandels nähergebracht, konkret mit Videos voller eindrucksvoller Bilder und Statements von Influencern. Die Jury war durchaus angetan, aber nicht begeistert.
Für die Aufgabe, bisher wenig klimainteressierte Jugendliche zu erreichen, wurde die Idee einer Zero-Emission-Challenge präsentiert. Bei dieser sollen sich Jugendliche aus unterschiedlichen Szenen – vom Rap bis Kick-Boxing – in einem gemeinsamen Camp treffen, um in einem Wettbewerb ihre Treibhausgas-Emissionen auf null zu bringen. Auch hier: Wohlwollen bei Jury und Publikum. Doch größere Anerkennung fand die Idee für einen Zukunftsbus: Darin sollten Jugendliche und Fachexperten quer durch Deutschland reisen, um auch an kleinen Orten und in ländlichen Regionen für persönliche Gespräche zu Klima und Klimawandel zur Verfügung zu stehen. Junge Leute, aber auch die breite Öffentlichkeit jenseits der Metropolen gezielt aufzusuchen - das wurde als bedenkenswerter Vorschlag gelobt.
Bis zur nächsten K3 - im Jahr 2021 irgendwo in der Schweiz
Mit warmem Applaus für alle sechs ZukunftsLAB-Teams endete die Veranstaltung - und zugleich der gesamte Kongress. Allerdings nicht ohne einen kleinen Blick in die Zukunft: Die nächste K3 soll nach Österreich (2017) und Deutschland (2019) im Jahr 2021 in der Schweiz stattfinden. Verantwortlich sein werden dann die beiden Schweizer Organisationen des K3-Veranstalterbündnisses: zum einen das Forum ProClim bei der Akademie der Naturwissenschaften in Bern, das sich als Brückenbauerin zwischen Wissenschaft und Gesellschaft sieht; zum anderen das National Center for Climate Services (NCCS), das eidgenössische Netzwerk für Klimadienstleistungen, eine Wissensdrehscheibe, getragen auch von einem halben Dutzend einschlägiger Bundesämter, etwa für Meteorologie.
Als Vertreter dieser Institutionen traten Urs Neu und Michiko Hama vor das Publikum - und kündigten einen besonderen Fokus auf die praktische Umsetzung besserer Klimakommunikation an sowie weitere innovative Formate: etwa einen 24-Stunden-Climathon mit Lösungen für die dann aktuellen Themen des Jahres 2021 oder Exkursionen zu lokalen Changemakern oder Workshops über zwei Tage, in denen nicht nur gesprochen wird, zum Beispiel über das Erstellen besserer Infomaterialien oder Grafiken - sondern in denen diese auch gleich konkret produziert werden. Etwas ganz Konkretes bekamen denn auch Neu und Hama von den Vertretern der heuer gastgebenden deutschen Institutionen Deutsches Klima-Konsortium (DKK) und klimafakten.de überreicht: einen Douglasien-Setzling, der am (bisher noch nicht feststehenden) Veranstaltungsort der K3_2021 in der Schweiz gepflanzt werden soll.
Als schließlich kurz nach 16 Uhr die Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus dem Audimax des KIT strömten, stellten sich im Foyer die ersten hin, machten Fotos von sich und einem #unter1000-Schild und posteten sie auf Twitter. Vielleicht wird ja wirklich eine virale Kampagne draus...
Claus Reitan