Anja Weisgerber, 42, hat in Würzburg und Lausanne Jura studiert, 2001 promovierte sie mit einer Arbeit zu Untersuchungsausschüssen im Bundestag zur Doktorin der Rechtswissenschaften, seit 2004 ist sie Anwältin mit Schwerpunkt Wirtschaftsrecht. Seit Mitte der 1990er Jahre ist sie in Junger Union und CSU aktiv, seit fast 20 Jahren mit einem Schwerpunkt auf Umweltpolitik. Von 2004 bis 2013 war Weisgerber Abgeordnete im Europaparlament, danach wurde sie in den Bundestag gewählt. Dort ist sie Obfrau der CDU/CSU-Fraktion im Umweltausschuss und Beauftragte ihrer Fraktion für Klimaschutz.

"Die Bewältigung des Klimawandels ist eine zentrale gesellschaftliche Herausforderung des 21. Jahrhunderts. Die Zunahme von Extremwettern, Hitzeperioden und Starkregenereignissen ist eine Folge des sich verändernden Klimas. Der Sommer 2018 hat uns vor Augen geführt, dass der Klimawandel längst nicht mehr nur ferne Inselstaaten betrifft, die durch den steigenden Meeresspiegel vom Untergang bedroht sind, sondern auch bei uns in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist.

Nahezu alle Klimawissenschaftler sind der Meinung, dass der Mensch zu einem erheblichen Teil Mitverantwortung trägt - und gleichzeitig ist er in hohem Maße betroffen von den Auswirkungen klimatischer Veränderungen. Wir sind daher gefordert, die entscheidenden Stellschrauben in die richtige Position zu drehen und den eingeschlagenen Weg der Treibhausgasreduktion weiter kraftvoll zu beschreiten. Gegründet auf unseren christlich-konservativen Werten verfolgen wir eine Klimapolitik, die den Menschen in den Mittelpunkt stellt und dabei sozial gerecht, zielgerichtet, effizient, wettbewerbsneutral und technologieoffen konzipiert ist. Nur im Schulterschluss zwischen Staat, Wirtschaft und bürgerlicher Gesellschaft wird Klimapolitik im Sinne einer sozio-ökologischen Marktwirtschaft gelingen.

"Der Sommer 2018 hat uns vor Augen geführt, dass der Klimawandel längst nicht mehr nur ferne Inselstaaten betrifft, die durch den steigenden Meeresspiegel vom Untergang bedroht sind, sondern auch bei uns angekommen ist"

Klimaschutz ist eine globale Aufgabe. Wir müssen Vorreiter sein, aber allein können wir das Klima nicht retten, wir brauchen auch die anderen Staaten der Welt. Deshalb war es wichtig, dass Ende vergangenen Jahres bei der UN-Klimakonferenz in Katowice ein robustes Regelwerk verabschiedet wurde. Durch Transparenz und Vergleichbarkeit stellt es sicher, dass alle Vertragsstaaten ihre zugesagten Klimaschutzbeiträge erfüllen.


Plakat der CSU zur Landtagswahl 2008; Quelle: Archiv für Christlich-Soziale Politik der Hanns-Seidel-Stiftung

Wir werden unseren Blick weiten und Klimapolitik nicht nur durch die nationale Brille betrachten. Die Weltbevölkerung wächst jedes Jahr um 80 Millionen Menschen. In Afrika sind 600 Millionen Menschen heute noch nicht an die Stromversorgung angeschlossen - wenn sich das ändert, werden Stromverbrauch und damit der CO2-Ausstoß dort stark steigen. Mit der internationalen Klimafinanzierung leisten wir einen wichtigen Beitrag dazu, dass die ärmsten und schwächsten Länder der Welt ihre Wirtschaft und ihren Wohlstand von Anfang an klimafreundlich aufbauen. Jeder zielgerichtet eingesetzte Euro in Entwicklungs- und Schwellenländern trägt zum Klimaschutz bei, hilft den Menschen vor Ort, sich an den bereits stattfindenden Klimawandel anzupassen und bekämpft damit klimabedingte Fluchtursachen.

Auch wenn Deutschland nur für rund zwei Prozent der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich ist, so ist es dennoch wichtig, dass wir unserer Führungsrolle beim Klimaschutz gerecht werden. Deshalb werden wir den Weg der Treibhausgasreduktion konsequent weitergehen und unser Klimaschutzziel 2020 als ersten Zwischenschritt ambitioniert weiterverfolgen. Bereits in der nächsten Zeit werden wir die richtigen Weichen für unsere Klimaziele 2030 und 2050 stellen. Die zuständigen Bundesministerien müssen die konkreten Maßnahmenpläne mit Klimaschutzmaßnahmen in allen Bereichen zeitnah vorlegen. Auf deren Basis werden wir in diesem Jahr ein Maßnahmenpakt und ein Klimaschutzgesetz verabschieden. Gleichzeitig müssen wir die Gesetze infrage stellen, die die Nutzung von Umwelt- und Klimainnovationen behindern.

"Klimapolitik muss effizient, wettbewerbsneutral und technologieoffen sein. Wir setzen anstatt auf immer mehr Verbotspolitik auf Anreize und die Förderung von Forschung und Innovation wie die steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung"

Wenn wir unser Ziel für 2030 verfehlen, drohen Strafzahlungen, indem wir von anderen EU-Staaten Zertifikate in noch nicht bezifferbarer Höhe aufkaufen müssen. Unser Ziel ist es, dass dieses Geld zielgerichtet in die Entwicklung von Umweltinnovationen fließt, denn das erhält Arbeitsplätze und schafft neue. Wir werden alles daran setzen, die Technologieführerschaft bei der Entwicklung von Umweltinnovationen zu behalten. Das ist unser Anspruch, denn jetzt geht es darum, die soziale Marktwirtschaft zu einer ökologisch-sozialen Marktwirtschaft weiterzuentwickeln.

Wir bringen zusammen, was sich scheinbar widerspricht. Deshalb setzen wir anstatt auf immer mehr Verbotspolitik auf Anreize und die Förderung von Forschung und Innovation wie die steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung, die im ersten Quartal 2019 kommen wird. Wir müssen auch im Gebäudebereich endlich das realisieren, was zum Greifen nah ist und die vorhandenen Einsparpotenziale nutzen. Deshalb muss die steuerliche Förderung der energetischen Gebäudesanierung zügig kommen; und die Bundesländer, die sich selbst Klimaschutzziele gegeben haben, müssen schon aufgrund ihrer eigenen Glaubwürdigkeit dieser Förderung  zustimmen.

Und wir brauchen wahre Technologieoffenheit beim Thema Verkehr. Deshalb dürfen wir nicht nur einseitig auf Elektromobilität setzen, sondern müssen alle alternativen Antriebe und Instrumente mit in den Blick nehmen. Nur wenn wir alle alternativen Technologien voranbringen und nutzen, haben wir eine Chance, die Klimaziele zu erreichen."

Bisher erschienen in dieser Serie:
Teil 1 - Lukas Köhler (FDP)
Teil 2 - Lisa Badum (Bündnis 90/Die Grünen)
Teil 3 - Georg Nüßlein (CDU/CSU)
Teil 4 - Carsten Träger (SPD)

Porträtfoto: Büro Weisgerber