Die Geographin Annemarie Körfgen von der Universität Innsbruck hat sich viel vorgenommen. Seit zwei Jahren arbeitet sie an einer Best-Practice-Anleitung für österreichische Entscheider in Sachen Klimawandel. Denn Politik und Verwaltung stehen vor tiefgreifenden Veränderungen: Laut Klimaschutzplänen müssen sie lokale und regionale Strukturen umkrempeln und ihre Entscheidungen daran messen lassen, wie klimafreundlich sie sind. Das stößt nicht immer auf Begeisterung – weder inner- noch außerhalb staatlicher Institutionen.
Körfgen hat deshalb hundert Klimakommunikatoren befragt, deren Alltag es ist, den Klimawandel zu vermitteln, ihn greifbar zu machen und auch Zweifler zu überzeugen. Die Empfehlungen hat die Wissenschaftlerin dann mit ausgewählten Kommunikationsprofis durchgesprochen: Am Entstehen ist eine Anleitung zur besseren Kommunikation - erste Ergebnisse stellte sie vergangene Woche auf dem Kongress K3 in Salzburg vor.
In einem Workshop diskutieren rund 30 Experten die Befunde. Sie kommen aus deutschen, österreichischen und Schweizer Institutionen, von Universitäten und Wetterdiensten, aus Landesregierungen und Stadtverwaltungen, aus Politikberatungsagenturen und Nichtregierungsorganisationen. "Wir müssen mehr auf Schnittstellen zwischen der Wissenschaft und der Praxis setzen", betonte Körfgen. "Wichtig sind Agenturen oder Sammelstellen, wo die Expertise von Wissenschaftlern, Journalisten, Lehrern und Verwaltungsmitarbeitern zusammenlaufen."
Bestehende Vernetzungsgremien oft wenig bekannt - gerade in Behörden
Einige davon gebe es bereits, merkten vor allem die deutschen Teilnehmer an - etwa das Deutsche Klimakonsortium, Klimazentren auf Ebene der Bundesländer oder den neugegründeten Bundesverband Klimaschutz, in dem vor allem kommunale Klimaschutzmanager zusammengeschlossen sind. Oftmals sind diese Stellen aber gerade innerhalb von Behörden wenig bekannt, gestanden die Teilnehmer ein – der Bedarf zur Vernetzung ist jedoch groß.
Wichtig sei zudem die Frage der Zielgruppen, so Wissenschaftlerin Körfgen. "Ich habe den Eindruck, dass viel zu wenig darauf geachtet wird, welche Berufe, Bürger oder Altersgruppen man mit einem bestimmten Programm ansprechen will." Das sei aber essenziell. Denn was einem Jugendlichen gefalle, sei noch lange nichts für einen Lehrer mit 30 Jahren Berufserfahrung. Besonderen Erfolg verspreche zudem, sich an sogenannte Multiplikatoren zu wenden – sprich Berufsgruppen wie Managerinnen, Lokalpolitiker oder Lehrerinnen, die Ideen und Wissen am Ende breiter streuen können – Körfgen nennt das die "Hebelwirkung".
"Weniger abstrakte Argumente, mehr Alltagsbezüge und Emotionen"
"Wir sollten uns auch das klassische Sender-Empfänger-Modell abgewöhnen", rät die Wissenschaftlerin zudem. "Erfolgreich sind partizipative Formate, wo es um einen Dialog geht und darum, gemeinsam Lösungen zu erarbeiten." Und eine letzte Empfehlung liegt der Geographin besonders am Herzen: "Wir müssen die Lücke zwischen Bewusstsein und Handeln überwinden – dazu ist nicht nur das Wissen über den Klimawandel wichtig, sondern das Gefühl, dass die eigenen Handlungen wirklich etwas bringen." Das heißt: weniger abstrakte Argumente, mehr ökonomische oder emotionale Anreize, am Alltag andocken und den Bezug zwischen globalen und alltäglichen Problemen herstellen.
Das jedoch sei einfacher gesagt als getan, merkten einige Teilnehmer an. Deshalb bräuchten viele Kommunen - aber auch Wissenschaftler und Politiker - Kommunikationsprofis, die Fakten in Erzählungen verpacken und auf diese Weise anschaulicher vermitteln können. Und viele Teilnehmer bestätigten auch: Es fehle noch an guten Erzählungen und daran, abstrakte Themen rund um den Klimawandel regional "herunterzubrechen". Zusätzlich brauche es aber auch klare Ansagen für kommunale Entscheider, einfach aufgearbeitetes Klimawissen und Infos zu Effektivität, Kosten und Nebeneffekten. Der flächendeckende Aufbau von Klima-Servicestellen, die dieses Wissen bündeln, könnte dafür ein guter Anfang sein.
Susanne Götze