Mit einem internen Merkblatt für ihre Redakteure will die britische Rundfunkanstalt BBC ihre Klimaberichterstattung verbessern. Der Sender war in der Vergangenheit mehrfach in die Kritik geraten, weil er Leugnern des Klimawandels - wiederholt und teils unwidersprochen - ein Podium bot. In dem Papier, das dem Online-Magazin CarbonBrief zugespielt wurde, gesteht die Anstalt nun offen ein: "Der Klimawandel ist für die BBC bisher ein schwieriges Thema gewesen, und zu oft haben wir in der Berichterstattung Fehler gemacht."

Das vierseitige Papier wurde laut CarbonBrief vergangene Woche vom Nachrichtenchef der BBC versandt, also von höchster Stelle. Derartige Dokumente gibt es offenbar zu vielen Themen, sie werden im internen Jargon "Spickzettel" ("crib sheet") genannt. Das Papier zum Klimawandel besteht aus mehreren Abschnitten: Zum Anfang wird schlicht der Stand der Wissenschaft klargestellt ("Der Klimawandel FINDET STATT"), und es werden grundlegende Begriffe erklärt (etwa der Unterschied zwischen Wetter und Klima). Daneben umreißt das Dokument kurz und in verständlichen Worten die möglichen Folgen des Klimawandels ("schwierig vorherzusagen, aber es gibt einen allgemeinen Konsens, dass sie in vielerlei Hinsicht zerstörerisch sein könnten"). All dies ist keineswegs neu - dennoch dürfte eine solche Zusammenfassung sehr hilfreich sein für Nachrichtenredakteure, die bei der BBC wie in den meisten anderen Medien keine Fachjournalisten sind, sondern Generalisten. Bei der Darstellung komplexer Themen wie dem Klimawandel unterlaufen ihnen daher leicht Fehler.

"Sorgfältige Wortwahl" bei Berichterstattung über Extremwetter

Zusammengefasst sind außerdem die Ergebnisse der UN-Klimaverhandlungen (vor allem das Paris-Abkommen von 2015) sowie die klimapolitischen Beschlüsse der britischen Regierung. Am Ende werden populäre Fehlschlüsse und Falschbehauptungen rund um den Klimawandel gekontert und zum Beispiel klargestellt, dass die Wissenschaft keine relevanten Zweifel mehr hat am menschengemachten Klimawandel oder dass die Erderwärmung nicht durch einen kalten Winter widerlegt wird.

Im Zentrum des "Spickzettels" aber stehen einige Hinweise zum redaktionellen Umgang mit dem Klimawandel, die durchaus übertragbar sind auf andere Redaktionen oder die Medien allgemein. So sollte bei der Berichterstattung über Extremwetter auf sorgfältige Wortwahl geachtet werden, betont die BBC. Zwar sei es nicht falsch, dass beispielsweise eine einzelne Hitzewelle oder Flut nicht kausal und mit absoluter Sicherheit auf den Klimawandel zurückzuführen ist. Doch lässt sich mittlerweile sicher sagen, dass eine Reihe von Extremwetterereignissen durch den Klimawandel häufiger werden und bereits geworden sind.

"Die beste wissenschaftliche Expertise kommt vom IPCC"

Aus gegebenen Anlass erläutert das Papier sehr detailliert den journalistisch korrekten Umgang mit  sogenannten SSkeptikern" und Leugnern des Klimawandels. "Der menschengemachten Klimawandel existiert - wenn die Forschung dies beweist, dann sollten wir das auch so berichten", wird da beispielsweise betont. Und weiter: "Die BBC akzeptiert, dass die beste wissenschaftliche Expertise zum Thema vom IPCC kommt."

Zwar könne es zu einzelnen Aspekten des Klimathemas gerechtfertigt sein, abweichende Stimmen im Programm vorkommen zu lassen, so die BBC - etwa zum voraussichtlichen Tempo künftiger Klimaveränderungen oder den richtigen politischen Antworten darauf. Aber auch dann sei es essenziell, dass Journalisten und Moderatoren transparent machen, von welcher Organisation die jeweiligen Sprecher stammen, wer sie finanziert und ob sie wissenschaftlich kompetent sind.

"Der Klimawandel ist real, der Schiedsrichter hat gesprochen"

Explizit jedoch warnt die BBC-Chefredaktion vor der Gefahr einer "irreführenden Ausgewogenheit" ("false balance"). Mit diesem Begriff wird in der Medienforschung das Phänomen bezeichnet, dass Journalisten der prinzipiellen Linie folgen, bei einer Streitfrage stets beiden Seiten Raum einzuräumen - doch während dies bei politischen Kontroversen korrekt ist, sei dieser Ansatz bei Sachfragen und insbesondere bei wissenschaftlich geklärten Fragen irreführend. "Weil der Klimawandel als real akzeptiert ist, braucht es keine Leugner, um die Debatte ausgewogen darzustellen", heißt es explizit. "Um Unparteilichkeit zu gewährleisten, ist es nicht nötig, offene Leugner des Klimawandels in der BBC-Berichterstattung vorkommen zu lassen. Genausowenig würden wir es ja tun mit jemandem, der bestreitet, dass Manchester United am letzten Samstag 2:0 gewonnen hat. Der Schiedsrichter hat gesprochen."

Die BBC wollte gegenüber CarbonBrief und dem Guardian, der ebenfalls über das Papier berichtete, keine Stellungnahme abgeben. Der britische Klimawissenschaftler Ed Hawkins erklärte nach Durchsicht des "Spickzettels", zwar enthalte er kleinere Sachfehler und hätte an manchen Stellen präziser sein können. "Aber grundsätzlich ist es großartig, dass die BBC dieses Merkblatt erstellt hat. Es war schon lange überfällig."

Transparenzhinweis: Die journalistische Arbeit von CarbonBrief wird wie auch jene von klimafakten.de durch die European Climate Foundation (ECF) finanziell gefördert. 

Toralf Staud