Unter einem "Podcast" versteht man eine Computerdatei mit Audio-Daten, die im Internet heruntergeladen und auf Digitalgeräten abgespielt werden kann. Das Kunstwort setzt sich zusammen aus dem englischen Wort für Rundfunk ("broadcast") und dem Produktnamen iPod, jenem Abspielgerät des US-Konzerns Apple, das zur Zeit der Erfindung der Podcasts Anfang der 2000er Jahre sehr populär war. Kurzgesagt ist diese Medienform also Radio ohne Radiostruktur: Podcasts haben nämlich keinen festen Sendetermin in einem bestimmten Hörfunk-Programm. Man kann sie abrufen und hören, wann immer man will (also jetzt, und garantiert auch jetzt und jetzt). Und in der Regel kann man sie abonnieren.
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"Ein guter Podcast zeichnet sich für mich schlicht dadurch aus, dass ich etwas lernen kann", sagt Katrin Rönicke. Die 37-Jährige ist Journalistin – und Podcasterin. Ihre Arbeit lässt sich am besten mit der einer Radiomoderatorin vergleichen – nur dass sie zusätzlich zur Moderatorin auch noch Autorin, Redakteurin, Cutterin und so weiter ist.
Knapp jeder Dritte Erwachsene gibt an, regelmäßig Podcasts zu nutzen
Podcasts haben in den vergangenen Jahren auch im deutschsprachigen Raum einen regelrechten Boom erlebt. Als "Trendmedium" bezeichnete sie 2018 das Hamburger Marktforschungsunternehmen Splendid Research. In einer repräsentativen Umfrage kam es zu dem Ergebnis, bereits fast jeder dritte Erwachsene höre regelmäßig (also mindestens mehrmals im Monat) Podcast-Sendungen - und vier Prozent sogar täglich.
Wie finanzieren sich Podcasts?
Viele Podcasts können auf den Webseiten der jeweiligen Anbieter frei heruntergeladen werden oder sind auf Smartphones mit Apps zu hören. Neue Sendungen findet man zum Beispiel mit der speziellen Suchmaschine fyyd, im Apple-Verzeichnis iTunes oder über Plattformen wie den Streamingdienst Spotify. Wer sich etwa bei Spotify anmeldet, kann einen monatlichen Obolus zahlen und so auch die Arbeit der Podcaster mitfinanzieren. Ein anderes Modell ist Werbung: Firmen schalten Anzeigen vor und in den Stücken, die Akzeptanz beim Publikum ist hier laut Umfragen größer als beispielsweise im Radio.
Die meisten professionellen Podcasts sind sozusagen "Nebenprodukte" großer Rundfunk-Sender - meist der öffentlichen-rechtlichen. So stellen Anstalten wie der Deutschlandfunk ihre Sendungen meist zum Herunterladen und späteren Anhören zur Verfügung. Diese Angebote sind also bereits über die allgemeinen Rundfunkgebühren finanziert. Daneben gibt es Sponsoring-Modelle: Eine Organisation oder Institution beauftragt (und finanziert) die Sendungen, im Bereich Wissenschaft gibt es beispielsweise den Podcast Forschergeist, ein Projekt des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft. In der freien Podcast-Szene sind Abonnements oder freiwillige Spenden das häufigste Finanzierungsmittel. Beispielsweise hat der bekannte Politik-Podcast Lage der Nation nach eigenen Angaben knapp 500 zahlende Abonnenten, das Fußballformat Rasenfunk meldet 1.500 bis 2.000 Euro monatliche Spendeneinnahmen.
Vor allem Wissens- und Nachrichtenformate haben es den Nutzerinnen und Nutzern angetan: Bei den Befragten fanden sich unter den zehn populärsten Podcasts neben dem Radio-Tatort der ARD oder dem Food-Podcast "Feinkost" gleich sieben News- oder Wissenssendungen, etwa die Audio-Ausgabe der ARD-Tagesschau und das WDR Zeitzeichen, das Angebot von SWR2 Wissen oder "Forschung aktuell" vom Deutschlandfunk. Könnte man mit Podcasts also auch der Berichterstattung über den Klimawandel einen neuen Impuls geben?
Fünf deutschsprachige Podcasts (auch) zu Klima- und Energiethemen
"Tatsächlich haben wir 2018 den ersten Podcast zur Klimaproblematik produziert", sagt Katrin Rönicke, die auch Gründerin des Podcast-Verlags Hauseins ist. Klimawende heißt die sechsteilige Serie, die sich zum Beispiel mit der internationalen Klimapolitik und Protestaktionen beschäftigt, aber auch mit verbrauchernahen Themen wie "Wie grün ist das Internet?" Beauftragt und bezahlt hat diesen Podcast die Umwelt-Organisation Greenpeace. "Die Produktion war sehr aufwendig", sagt Rönicke. Die Autorin Johanna Bowman sei viel herumgereist, etwa auf die Nordsee-Insel Pellworm oder zu Klima-Aktivisten nach Köln.
Seit Anfang 2018 erscheint der Podcast Mission Energiewende, der wöchentlich auch über das Leipziger Internetradio detektor.fm ausgestrahlt wird. In den zehn bis fünfzehnminütigen Beiträgen beleuchtet Programmchef Christian Eichler vielfältige Facetten von Klimawandel und Klimaschutz, etwa wie klimabewusster Konsum funktioniert oder wie der Strompreis entsteht. "Der Vorteil des Podcast-Formats ist, dass du mehr Zeit für ein Thema hast als im normalen Radio", sagt Eichler. Er könne den Stoff wesentlich erzählerischer aufbereiten, "mehr Atmosphäre vermitteln". Finanziert wird dieser Podcast von der Umweltorganisation WWF und dem Ökostromanbieter Lichtblick. Womit ein Grund gefunden wäre, warum es bislang vergleichsweise wenige Klima-Podcasts gibt: Es finden sich offenbar zu wenige Financiers.
"Podcasts zum Klimathema können funktionieren", sagt Katrin Rönicke. In ihrem Podcast Wochendämmerung, in dem sie immer freitags mit ihrem Kollegen Holger Klein das Wichtigste der vergangenen Woche auswertet, kam die Erderwärmung immer mal wieder vor. Eine Sendung vom Mai 2018 zum Beispiel, in der es unter anderem um Kippelemente im Klimasystem ging, wurde rund 13.000 mal abgerufen. Laut Rönicke ein durchschnittlicher Wert. "Was uns aber aufgefallen ist: Der Inhalt wurde von den Usern viel mehr diskutiert, als bei anderen Themen."
Auffällig ist, dass sich die kleine Szene der deutschsprachigen Klima-Podcasts in zwei Zweige gliedert: Jene aus der Welt der Wissenschaft und solche speziell zur Energiewende. Auch diese Zweiteilung dürfte mit der Finanzierung zu tun haben. Resonator heißt der Podcast der Helmholtz-Gemeinschaft, mit dem der Mitgliedsverbund aus 19 unabhängigen naturwissenschaftlich-technisch und biologisch-medizinisch ausgerichteten deutschen Forschungszentren Ergebnisse seiner Arbeit unter die Leute bringen will. So befasst sich das Format mit Planetenforschung, Ozeanwirbeln oder dem Gehirn - und eben auch mal mit der Erderhitzung.
Ein thematisches Gegenstück bietet das pv magazin: Alle zwei Wochen veröffentlichen die Redakteure des Branchenblatts einen Podcast über aktuelle Themen der Solar- und Batteriespeicherbranche. Die Themen sind oft ziemlich technisch, aber populär aufbereitet und deshalb durchaus spannend. Beispielsweise ging es bereits um den Preisverfall für Solarmodule und dessen Folgen oder um die Bedeutung von Daten bei der Energiewende. Die Podcasts sind eine halbe bis zu einer Stunde lang. Ein ähnliches Format ist der Energyload Podcast, herausgegeben vom Online-Fachportal Energyload.
... und auf Englisch?
Momentan prägen also in der Regel die Interessenlagen der jeweiligen Geldgeber Ausgangspunkt die deutschsprachigen Klimapodcasts. "Es gibt noch nicht so viele Storytelling-Formate auf dem deutschen Markt", sagt Podcasterin Rönicke bedauernd. Aber das ändere sich gerade. Im englischsprachigen Raum sei man "sehr viel weiter darin, das Klimaproblem über Podcasts zu vermitteln".
So hat die gleich neunteilige Serie Drilled die PR- und Desinformationsstrategien der Erdöl-Industrie dargestellt, die die Klimaerhitzung von einem wissenschaftlichen Fakt in eine Glaubensfrage verkehrt hat. Unter dem Titel No Place like Home ging es um Stress - und zwar solchen, den die Angst vor dem drohenden Klimakollaps hervorruft. Oder unter dem Titel The biggest story of the world berichtet der ehemalige Guardian-Chefredakteur Alan Rusbridger in zwölf Episoden über seine Erfahrungen, Klimajournalist zu sein. Katrin Rönicke ist sich sicher: So wie das Medium Podcasts einst aus den USA herüberschwappten, so werden auch die dortigen Erzählweisen des Klimaproblems bei uns ankommen.
Liebe Leserinnen und Leser,
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Nick Reimer