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Diese Zusammenfassung wichtiger Forschungsergebnisse zum Klimawandel wird von folgenden Institutionen mitgetragen: Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle (de-IPCC), Deutsche Meteorologische Gesellschaft (DMG), Deutscher Wetterdienst (DWD), Deutsches Klima-Konsortium (DKK), Freie und Hansestadt Hamburg (Behörde für Umwelt und Energie), International Association of Broadcast Meteorology (IABM), Institut für Wetter- und Klimakommunikation (IWK), klimfakten.de und Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft AG (Münchner Rück)
Küsten und Küstenstädte sind besonders anfällig für die Folgen des menschengemachten Klimawandels – der Meeresspiegelanstieg betrifft sie ganz direkt. Alle Mitgliedsstaaten der G20 und viele ihrer bevölkerungs- und wirtschaftsstärksten Regionen sind bereits direkt von den steigenden Fluten betroffen. Die Meeresspiegel sind seit 1880 im weltweiten Durchschnitt um ca. 20 cm gestiegen, allerdings mit großen regionalen Unterschieden.
In den kommenden Jahrzehnten wird der Meeresspiegelanstieg im Zusammenwirken mit lokalen Faktoren (wie etwa Erosion oder Landabsenkung infolge von Grundwasserentnahme) zahlreiche G20-Küstenstädte vor große Herausforderungen stellen. Zum Beispiel ist damit zu rechnen, dass Überflutungen häufiger werden – und dass sie stärker ausfallen.
Die Höhe der zu erwartenden Schäden und die Kosten für notwendige Schutzmaßnahmen hängen stark davon ab, wie sich der weltweite Ausstoß von Treibhausgasen in den kommenden Jahren entwickelt. Durch schnelle und ambitionierte Klimaschutzmaßnahmen lassen sich Schäden und Kosten deutlich begrenzen.
Der Meeresspiegel lässt sich nicht exakt vorhersagen. In seinem letzten Sachstands- Bericht von 2014 bezifferte der Weltklimarat IPCC den Anstieg bis Ende des Jahrhunderts bei ungebremsten Emissionen auf 52 bis 98 Zentimeter (rote Kurve in nebenstehender Grafik).1 Doch in den Modellrechnungen ist im Allgemeinen das Schmelzen des grönländischen und antarktischen Festlandeises nicht berücksichtigt, der tatsächliche Anstieg könnte daher höher ausfallen.2 Vor allem die Antarktis scheint instabiler zu sein als zuvor gedacht3 - bis zum Jahr 2100 könnte allein sie mehr als einen Meter Meeresspiegelanstieg verursachen.4
Der Klimawandel trägt vor allem durch zwei Mechanismen zum Ansteigen der Meere bei: Die Wassermassen in den Ozeanen dehnen sich wärmebedingt aus, außerdem schwinden Gebirgsgletscher sowie die Eisschilde in Grönland und der Antarktis. Wegen der langen Reaktionszeit der Eismassen auf ein wärmeres Klima sind die vollständigen Folgen des heutigen Ausstoßes von Treibhausgasen erst in vielen Jahrzehnten oder Jahrhunderten spürbar. Das Fazit einer internationalen Studie von 2016 zum Anstieg der Meeresspiegel lautete: "Politische Entscheidungen der nächsten paar Jahre werden weitreichende Folgen nicht nur für dieses Jahrhundert haben, sondern für die nächsten zehn Jahrtausende und darüber hinaus."5
Risiken für Wohn- und Lebensraum von hunderten Millionen von Menschen
Laut Schätzungen des IPCC bedroht der Meeresspiegelanstieg bis zum Jahr 2100 die Siedlungsräume von hunderten Millionen von Menschen, am stärksten betroffen sind demnach Ost-, Südost- und Südasien.6
| Stadt | derzeit von Flut | 2070 von Flut bedrohte |
1. | Kalkutta (Indien) | 1.929 | 14.014 |
2. | Bombay (Indien) | 2.787 | 11.418 |
4. | Guangzhou (China) | 2.718 | 10.333 |
5. | Ho-Chi-Minh-Stadt (Vietnam) | 1.931 | 9.216 |
6. | Shanghai (China) | 2.353 | 5.451 |
9. | Miami (USA) | 2 | 4.795 |
10. | Hai Phong (Vietnam) | 794 | 4.711 |
12. | Tianjin (China) | 956 | 3.790 |
14. | Ningbo (China) | 299 | 3.305 |
17. | New York/Newark (USA) | 1.540 | 2.931 |
19. | Tokio (Japan) | 1.110 | 2.521 |
20. | Jakarta (Indonesien) | 513 | 2.248 |
Eine Studie aus dem Jahr 2013 bezifferte die Zahl der zu Beginn des Jahrhunderts jährlich von Überflutungen betroffenen Menschen auf weltweit rund vier Millionen. Bei ungebremsten Emissionen (und ohne Anpassungsmaßnahmen) würde die Zahl bis 2100 weltweit auf etwa 262 Millionen Menschen pro Jahr steigen – selbst bei starken Emissionsminderungen wären immer noch jährlich 117 Millionen Menschen betroffen.7
Eine andere Studie untersuchte die 136 weltgrößten Hafenstädte: Demnach sind dort zusammengenommen derzeit 38,5 Millionen Menschen dem Risiko ausgesetzt, einmal in hundert Jahren von einer Flut heimgesucht zu werden. Im Jahr 2070 werde sich die Zahl infolge des Meeresspiegelanstiegs (und anderer Faktoren wie dem Städtewachstum) auf rund 150 Millionen Menschen mehr als verdreifachen. Besonders stark betroffen sind Küstenmetropolen in Asien, die größte Zuwachsrate aber zeigt Miami. Von den 20 Küstenmetropolen weltweit, in denen in den 2070er Jahren die meisten Menschen von einer Jahrhundertflut bedroht sind, liegen zwölf in den Teilnehmerstaaten des G-20-Gipfels 2017 (siehe Tabelle).8
In den USA würden bis Ende des Jahrhunderts bei einem Meeresspiegelanstieg um 90 Zentimeter Gebiete überflutet, in denen 4,2 Millionen Menschen leben.9 Längerfristig, also in den folgenden Jahrhunderten, würde bei ungebremstem Treibhausgas-Ausstoß der Anstieg 4,3 bis 9,9 Meter betragen – wodurch allein rund 20 Millionen US-Bürger ihren Wohnort verlören.10
Bauten und Infrastrukturen im Wert von Billionen US-Dollar bedroht
Klimabedingte Extremwetter können sehr teure Schäden anrichten, wie etwa Hurrikan Katrina im Jahr 2005 zeigte: Allein in den Häfen im US-Bundesstaat Louisiana kam es damals zu Schäden in Höhe von rund 1,7 Milliarden US-Dollar, manche wurden komplett zerstört.11
Die erwähnte Untersuchung der 136 weltgrößten Hafenstädte ergab, dass deren Verwundbarkeit über die nächsten Jahrzehnte drastisch zunimmt: Im Jahr 2005 waren Werte von rund 3.000 Mrd. US-Dollar Flutrisiken ausgesetzt, dies entsprach rund fünf Prozent des weltweiten Bruttoinlandsprodukts (BIP) – 2070 wären bei einen Meeresspiegelanstieg von 50 Zentimeter bereits Werte in Höhe von etwa neun Prozent des globalen BIP bedroht. Besonders hoch sind die möglichen Schäden in Häfen der Industriestaaten, etwa in den USA (Miami, New York/Newark, New Orleans), Japan (Osaka/Kobe und Tokio) oder den Niederlanden (Amsterdam, Rotterdam). In anderen G20-Staaten liegen etliche der Häfen, in denen die möglichen Schäden besonders stark zunehmen, etwa in China (Guangzhou, Shanghai, Tianjin) oder Indien (Kalkutta, Mumbai).12
Auch andere Studien ergaben stark zunehmende Risiken. Für 2050 wurden in den 136 größten Küstenstädten Flutschäden von 60 bis 63 Milliarden US-Dollar prognostiziert – die zwanzig Städte mit den höchsten erwarteten Schäden liegen fast alle in G20-Ländern, neben bereits genannten Städten ist darunter auch Guayaquil (Mexiko) oder Shenzen (China) und Ho-Chi-Minh-Stadt im diesjährigen G20-Gastland Vietnam.13
Durch heutige Emissionen werden langfristig weite Küstenstreifen von Meer bedeckt sein
Die gesamten Folgen des menschengemachten CO2-Ausstoßes zeigen sich aber erst, wenn man über viele weitere Jahrhunderte blickt. Die Emissionen der Gegenwart werden auf lange Sicht die Geographie vieler Länder drastisch verändern: Weite Landstriche, auf denen heute noch Megastädte stehen, dürften dann im Meer liegen. Untenstehende Grafik zeigt Simulationen für einige Teilnehmerstaaten des G20-Gipfels: Die lilafarbenen Flächen werden in den nächsten Jahrtausenden vom Meer bedeckt werden, mit gelben Kreisen markierte Städte haben (heute) eine Bevölkerungszahl von jeweils mehr als zehn Millionen.14
Quelle: Clark et al. 2016; Nachdruck mit freundlicher Genehmigung der Nature Publishing Group
Quellen:
1 IPCC, 2013: Zusammenfassung für politische Entscheidungsträger. In: Klimaänderung 2013: Naturwissenschaftliche Grundlagen. Beitrag der Arbeitsgruppe I zum Fünften Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen (IPCC) [Stocker, T.F., D. Qin, G.-K. Plattner, M. Tignor, S. K. Allen, J. Boschung, A. Nauels, Y. Xia, V. Bex und P.M. Midgley (Hrsg.)]. Cambridge University Press, Cambridge, Großbritannien und New York, NY, USA.Deutsche Übersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle, Österreichisches Umweltbundesamt, ProClim, Bonn/Wien/Bern, 2014, S. 24 – http://www.de-ipcc.de/_media/AR5-WGI_SPM.pdf;
Grafik: http://www.realclimate.org/index.php/archives/2013/09/the-new-ipcc-climate-report/
2 Jevrejeva et al. 2016 – http://www.pnas.org/content/113/47/13342.full
3 siehe z.B.: Mengel/Levermann 2014 – http://www.nature.com/nclimate/journal/v4/n6/full/nclimate2226.html
Rignot et al. 2014 – http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/2014GL060140/abstract
Paolo et al. 2015 – http://science.sciencemag.org/content/348/6232/327
Scambos et al. 2017 – http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S092181811630491X
4 DeConto/Pollard 2016 – https://www.nature.com/nature/journal/v531/n7596/abs/nature17145.html
5 Clark et al. 2016 – https://www.nature.com/nclimate/journal/v6/n4/full/nclimate2923.html
6 IPCC, 2014: Climate Change 2014: Impacts, Adaptation, and Vulnerability. Part A: Global and Sectoral Aspects. Contribution of Working Group II to the Fifth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change [Field, C.B., V.R. Barros, D.J. Dokken, K.J. Mach, M.D. Mastrandrea, T.E. Bilir, M. Chatterjee, K.L. Ebi, Y.O. Estrada, R.C. Genova, B. Girma, E.S. Kissel, A.N. Levy, S. MacCracken, P.R. Mastrandrea, and L.L. White (eds.)]. Cambridge University Press, Cambridge, United Kingdom and New York, NY, USA, 1132 pp, , Kapitel 5: Coastal Systems and Low-Lying Areas, Executive Summary, S. 364 – http://ipcc.ch/pdf/assessment-report/ar5/wg2/WGIIAR5-Chap5_FINAL.pdf
7 Hinkel et al. 2013 – https://link.springer.com/article/10.1007/s10584-012-0564-8
8 Hanson et al. 2011 – https://link.springer.com/article/10.1007%2Fs10584-010-9977-4
9 Hauer et al. 2016 – https://www.nature.com/nclimate/journal/v6/n7/full/nclimate2961.html
10 Strauss et al. 2015 – http://www.pnas.org/content/112/44/13508
11 Becker et al. 2012 – https://link.springer.com/article/10.1007%2Fs10584-011-0043-7
12 Hanson et al. 2011 – https://link.springer.com/article/10.1007%2Fs10584-010-9977-4
13 Hallegatte et al. 2013 – https://www.nature.com/nclimate/journal/v3/n9/full/nclimate1979.html
14 Clark et al. 2016 – https://www.nature.com/nclimate/journal/v6/n4/full/nclimate2923.html