In der Fanzone auf dem Stuttgarter Schlossplatz verwandelt sich der heißeste Tag der EM 2024 gerade in eine heiße Nacht, als Nationalspieler Kai Havertz zum Elfmeterpunkt geht. Bisher ist im Achtelfinale gegen Dänemark bis zu dieser 53. Minute nichts Zählbares passiert – berichtenswert ist allenfalls, dass Starkregen über dem Westfalenstadion in Dortmund, wo das Spiel stattfindet, eine 25-minütige Unterbrechung mitten in der ersten Hälfte erzwungen hat. In Stuttgart hingegen bringt das Wetter große Hitze, die die Menschen auf dem Schlossplatz in Schweiß ausbrechen lässt. Auf 34,2 Grad waren die Anzeigewerte der Abteilung für Stadtklimatologie am Nachmittag dieses 29. Juni 2024 geklettert. Jetzt, gegen halb elf Uhr nachts, sind es wegen der Stuttgarter Kessellage und der Bebauung rund um die Großbild-Leinwände immer noch mehr als 29 Grad.
Als Havertz dann anläuft, kurz verzögert und schließlich den Ball zum 1:0 unten rechts ins Tor schießt, da übertrifft die Hitze des Jubels für einen Moment sogar die hohen Temperaturen – mutmaßlich selbst die in den Getränke-Buden und Imbiss-Ständen rund um die Public Viewing-Zone. Im Gegensatz zu den Fans sind die Angestellten und Aushilfskräfte aber nicht zum Vergnügen da. Vielen der Wurstbrater und Bier-Verkäuferinnen setzt die Hitze vermutlich zu. Sie stehen seit Stunden an heißen Geräten wie Grills oder in der warmen Abluft der Kühlaggregate. Nur manche haben wohl das Glück, dass ein wenig Luftzug durch ihre Bude geht.
Welche Vorkehrungen ihre Chefinnen und Chefs damals für die erwartbare Hitze während der EM getroffen hatten, lässt sich im Nachhinein nicht systematisch erfassen. Ein Betreiber sagt auf Anfrage, er habe halt mal ein Eis ausgegeben. Magdalena Krüger, Geschäftsführerin der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) in der Region Stuttgart erinnert sich, dass sie draußen in der Fußgängerzone an der Fan-Enklave vorbeiging: „Wie die Sonne da reinknallte, da kann man sich kaum vorstellen, was das für eine Belastung für die Beschäftigen war.“
Dieser Text gehört zu einer Reihe von Themendossiers bei Klimafakten, die das Verhältnis von Klimakrise und Zukunft der Arbeit journalistisch beleuchten. Es erschien bereits ein Einleitungstext, unter dem Gesamttitel #BetriebsKlima folgen weitere Artikel über Extremwetter-Ereignisse, Stürme und Überschwemmungen, über Dürre und Waldbrandgefahr, sowie über indirekte Risiken und die Bedrohung der mentalen Gesundheit. Jedesmal geht es darum, wie die Akteure der Arbeitswelt die Klimakrise bewältigen können und wie sie darüber kommunizieren. Den äußeren Rahmen dieser Reihe bildet das vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) initiierte und finanzierte Projekt „Arbeit sicher und gesund“, bei dem Klimafakten mit dem Centre for Planetary Health Policy (CPHP) und der Allianz für Klimawandel und Gesundheit (KLUG) zusammenarbeitet. Dieser Artikel wurde unter redaktioneller Unabhängigkeit nach journalistischen Kriterien recherchiert und verfasst.
Die Außengastronomie gehört zweifellos zu den Branchen, die am meisten von Hitze und UV-Strahlung betroffen sind. Auch wer auf dem Bau arbeitet oder in der Landwirtschaft, oder wer einen anderen Job im Freien hat, ist schon heute belastet – und wird es in Zukunft noch mehr sein. Die Temperaturen steigen, und Extremwetterlagen werden häufiger, in denen über Tage oder gar Wochen keine Wolke die brennende Sonne verhüllt. Auch bei der Arbeit drinnen kann eine solche Hitzewelle anstrengend sein – in besonderer Weise vielleicht für Angestellte in der Pflege, die nicht nur für sich selbst, sondern auch für andere Menschen sorgen und vorsorgen müssen.
An den drei Branchen Bau, Pflege und Außengastronomie lässt sich daher exemplarisch untersuchen, wie der Klimawandel allein wegen der steigenden Temperaturen und der wachsenden UV-Belastung die Arbeitswelt verändern wird. Wo sie sich deswegen anpassen muss. Und dass das Land, die Vorgesetzten und Beschäftigten, die Gewerkschaften und Verbände miteinander darüber sprechen müssen. Ergebnis dieser Recherche ist der folgende Artikel. Er wird ergänzt von einer Reihe von Fallbeispielen, Protokollen und Erklärungs-Kästen. Diese Zusatztexte können in beliebiger Reihenfolge und Anzahl während oder nach der Lektüre des Haupttexts gelesen werden.
Der heiße Stuttgarter Talkessel steht stellvertretend für Deutschlands Klimazukunft
Den geographischen Fokus dieser großangelegten Recherche bilden Stuttgart und Umgebung. Die Wahl der baden-württembergischen Landeshauptstadt erfolgte dabei nicht zufällig – die Schwabenhauptstadt gehört nämlich bei Temperaturen und Hitze im bundesweiten Vergleich zu den Hotspots. Während der Deutsche Wetterdienst für die Jahre 1991 bis 2020 in ganz Deutschland eine mittlere Temperatur von 9,3 Grad Celsius ausweist, waren es an der Station Stuttgart-Schnarrenberg 10,7 Grad. 2023 lag die mittlere Temperatur sogar bei 12,3 Grad, ein Rekordwert (der ab der Mitte des Jahrhunderts als normal bis kühl gelten könnte). Der DWD-Messpunkt bietet die vollständigsten Daten, liegt allerdings etwas oberhalb des Stadtzentrums: Ganz unten im Stuttgarter Talkessel und zum Beispiel auf dem Schlossplatz kann es im Mittel durchaus ein Grad mehr haben, an heißen Sommertagen auch mal zwei.
Die durchschnittliche Zahl der Heißen Tage (mit mehr als 30 Grad) ist an der Station Schnarrenberg im Verlauf der vergangenen sieben Jahrzehnte von 5 auf 13 pro Jahr gestiegen, dazu kommen etliche Tropennächte, in denen das Thermometer nicht unter 20 Grad fällt. 2023 gab es in Stuttgart-Schnarrenberg 20 Heiße Tage und sechs Tropennächte; unten im Stadtzentrum sogar 33 Heiße Tage und zwölf Tropennächte. Diese Zahlen könnten bis 2050 noch einmal um zehn oder fünfzehn zunehmen.
Mit der Hitze und dem Sonnenschein steigt auch die Belastung durch UV-Strahlung; alle, die im Freien arbeiten, die mauern, kellnern oder gärtnern, leiden unter beiden Risiken. Nicht nur haben die Sonnenscheinstunden in Deutschland seit den 1950er-Jahren im jährlichen Mittel um gut zehn Prozent zugenommen; veränderte Verhaltensweisen – der vermehrte Aufenthalt im Freiem bei „schönem“ Wetter zum Beispiel – steigern die Exposition weiter. Schon Ende März oder Anfang April kann die UV-Bestrahlung darum unerwartet hoch werden, warnt das Bundesamt für Strahlenschutz.
Die Software ClimApp (Screenshot unten) verknüpft Wetter- und Ortsdaten sowie persönliche Angaben zu Alter, Gewicht, Kleidung oder Arbeitsniveau zu individuellen Vorhersagen und Warnungen. Daraus leitet sie Verhaltenstipps ab. Sie wurde als EU-Projekt von einem skandinavisch-niederländischen Team entwickelt und ist weitgehend, aber nicht vollständig ins Deutsche übersetzt. Sie ist kostenfrei im Google Playstore und dem Apple Appstore zu laden.
Warnmeldungen vor Hitze und UV-Belastung abonnieren
Auch der Deutsche Wetterdienst (DWD) bietet eine Reihe von Warndiensten und Prognosen an, die auf den Landkreis oder die Stadt genau über zu erwartende belastende und gefährliche Verhältnisse informieren:
• Newsletter per E-Mail zu erwarteter Hitze;
• Hitzewarnungen;
• Newsletter per E-Mail zu gesteigerten UV-Werten;
• aktuelle Prognosen im Internet zur UV-Strahlung auch bei Wolken;
• UV-Warnungen
Die momentane und zu erwartende UV-Belastung lässt sich anhand des sogenannten UV-Index‘ auf einer Skala von 1 bis 11 beurteilen. Schon ab 3 ist Schutz in Form von Schatten zur Mittagszeit, körperbedeckender Kleidung, Sonnencreme und -brille notwendig, und ab 8 zusätzlicher Schutz: persönliche Vorsorge wird obligatorisch, und dazu kommen Verhaltensmaßnahmen wie ein Umplanen des Tagesablaufs, um Außenaktivitäten mittags zu vermeiden. Der Deutsche Wetterdienst veröffentlicht tagesaktuelle Prognosen, wo welche Stufe auf dem UV-Index zu erwarten ist. Auch das eigene Smartphone kann mittels der kostenlosen ClimApp personalisierte Warnungen liefern.
Das Risikodreieck Sonne-Hitze-Strahlung belastet zum Beispiel in der Gastronomie viele Beschäftigte. Sie fallen häufig unter die Definition, wer durch UV-Licht gefährdet ist: Alle, die zwischen April und September an 50 Arbeitstagen oder mehr jeweils mindestens eine Stunde im Zeitraum von 11 bis 16 Uhr im Freien arbeiten. Ein häufiger Licht- Temperaturwechsel zwischen stark klimatisierten Innenräumen und dem grellen Außenbereich kann zudem die Belastung durch Hitze verstärken.
In der Gastronomie ist die Frage, was Chefs erlauben – und was Beschäftigte nutzen
Wie in anderen Branchen müssen Arbeitgeber auch im Gastgewerbe geeigneten Schutz bereitstellen, was nach Aussagen von Beteiligten lange nicht immer klappte. Allerdings bessern sich die Verhältnisse mittlerweile langsam, sagt Joachim Langecker, Referatsleiter Arbeitsschutz bei der Gewerkschaft NGG. Notgedrungen, „weil den Betrieben auch aufgrund der oftmals niedrigen Löhne und der anstrengenden Arbeitsbedingungen die Leute weglaufen. Gute Arbeitsbedingungen sprechen sich am ehesten rum und helfen dabei, Arbeitskräfte zu halten und zu gewinnen.“ Dazu gehört vor allem die Möglichkeit, den Arbeitsschutz entsprechend auszugestalten, Pausen zu machen, im Schatten zu verschnaufen, etwas zu trinken oder auch in den Schichten zu rollieren.
„Gute Arbeitsbedingungen sprechen sich herum und helfen dabei, Arbeitskräfte zu halten und zu gewinnen“
Doch was Chefinnen oder Chefs erlauben, und was Beschäftigte auch nutzen, seien oft unterschiedliche Dinge, sagt Langecker. Viele Servicekräfte seien intrinsisch motiviert und am Team orientiert: „Die wollen dem Gast dann eben schnell sein Bier bringen. Und sie denken: ,Wenn ich jetzt Pause mache, arbeitet die Kollegin für mich mehr.‘ So kommen viele trotzdem über die Belastungsgrenze.“ Noch schwieriger sei es, die Bereitschaft zu steigern, dass lange Kleidung und Kopfbedeckungen zum UV-Schutz getragen werden. Hierzu müssten die Arbeitgeber der Branche viel mehr Schulungen und Unterweisungen zur Risikoaufklärung anbieten, so Langecker.
Immerhin: In manchen Betrieben beginnen Vorgesetzte und Belegschaft über die klimabedingten Gefahren zu reden. Einer Umfrage der Berufsgenossenschaften von 2022 zufolge zählten im Gastgewerbe die „Unterweisung im Umgang mit Hitzeperioden“ sowie die „Ergänzung der Gefährdungsbeurteilung“ zu den am häufigsten angewandten Maßnahmen – allerdings auf insgesamt sehr niedrigem Niveau.
„Dass es durch den Klimawandel wärmer geworden ist, merkt man vor allem daran, dass die Saison draußen länger ist: Inzwischen wollen die Leute manchmal noch im Oktober oder sogar November draußen sitzen. Und im Sommer ist der typische Ablauf: Die Bestellung bei den Gästen im Schatten aufnehmen, durch die pralle Sonne in das Gasthaus. Starker Lichtwechsel in den Innenräumen, es ist viel kühler, aber dann läufst Du in der Küche wieder gegen eine Wand: Da ist es immer heiß und es lässt sich oft nur schlecht klimatisieren. Dann vielleicht noch ins Kühlhaus, um etwas zu holen. Und später mit den Getränken und dann den Speisen auf dem umgekehrten Weg zurück.
Ich komme aus einer Gastronomen-Familie, also habe ich das entsprechende Gen in mir. Ich habe mich zwar in meiner Jugend entschieden, einen anderen Beruf zu erlernen, den ich auch ausübe. Aber ich kann die Arbeit im Service nicht aufgeben, mir würde was fehlen, darum mache ich Gastronomie nebenher seit mehr als 35 Jahren. Ich arbeite gern am Gast.
Trotzdem oder vielleicht gerade deswegen weiß ich, dass sich dringend etwas verändern muss. Ich erzähle hier nicht nur über meinen Arbeitsplatz, sondern über die mir sehr gut bekannten sehr schlechten Arbeitsbedingungen im Allgemeinen in der Gastronomie.
Der Personalmangel macht die Arbeitsbedingungen sehr schwierig, deutlich mehr Lohn, wie in den Tarifverhandlungen von unserer Gewerkschaft NGG gefordert, könnte da helfen. Und oft sind die Leute, die jetzt teils als einfache ungelernte Kräfte im Service arbeiten, auch nicht in der Lage, sich gegen ein Arbeitssystem voller Missstände zu wehren. Die Chefs wollen sie nicht quälen, die sehen bloß zu, dass die ganze Arbeit von den nur noch sehr wenigen noch vorhandenen Leuten gemacht werden muss, egal wie. Mehr Personal bekommen die Wirte ja nicht. Arbeitsschichten gehen dann oft auch über die gesetzliche Grenze von zehn Stunden am Tag.
Es ist der blanke Horror mittlerweile. Das führt zum Beispiel dazu, dass man eigentlich keine Pausen machen kann. Es muss ja immer jemand da sein bei den Gästen. Und wenn man mal eine ganz seltene Pause macht, kommt sofort das schlechte Gewissen, weil die Kolleginnen und Kollegen umso mehr rennen müssen. Ich sag den jungen Leuten trotzdem immer, nimm Dir Deine Pause und geh eine halbe Stunde außer Sichtweite. Sonst wirst Du gleich wieder in den Service gerufen wegen Engpass. Manchmal ziehe ich mich kurz ins Büro zurück und falte Stoffservietten oder hole Sachen aus dem Lager für den nächsten Tag. Das muss auch erledigt werden und ist die einzige Chance für eine Art von Pause ohne Rumgerenne in der Hitze im Service.
Und sobald es heißer wird, bräuchten wir eigentlich mehr Pausen, aber es passiert eher das Gegenteil: Wir haben mehr Kundschaft und noch viel mehr Betrieb. Wenn ich dann mal den Schrittzähler an meinem Handy anschalte, dann zeigt der abends mindestens 10.000 Schritte und manchmal auch 30.000. Das sind dann schnell mehr als 15 Kilometer pro Schicht. Und egal, wie die Sonne knallt, in der traditionellen Gastronomie gibt es einen Dresscode: Feste Schuhe sind vorgeschrieben, Schultern bedeckt, nicht bauchfrei, und wenn man Rock trägt, dann ist der Saum unter dem Knie. Bei den Männern ist der Kragen zu.
Sonnencreme könnte man teils im Hochsommer brauchen. Neulich habe ich morgens mit dem Eindecken und anderen Vorbereitungen für eine Hochzeitsfeier angefangen, und abends hatte ich einen Sonnenbrand. Aber dass die Wirte Sonnencreme bereitstellen, das habe ich noch nie gehört.
Es muss sich dringend und zwingend etwas verändern zugunsten der Arbeitsbedingungen in der Gastronomie – die im Sterben liegt ohne Personal – wenn das alles als Gesamtsystem überall so mitarbeiterunfreundlich weitergeht. Der Schlüssel sind gute Arbeitsbedingungen und faire Entlohnung: Ich bin sicher, dass sich wieder mehr Menschen aktiv für diese eigentlich sehr schönen und erfüllenden Berufe in der Gastronomie entscheiden würden, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Das bedeutet für die Beschäftigten, sich gewerkschaftlich zu organisieren und die Arbeitsbedingungen aktiv mitzugestalten, zum Beispiel in Tarifverhandlungen. Für die Arbeitgeber heißt das: Rein in die Tarifbindung und zuhören, was die Beschäftigten wollen.“
(aufgezeichnet von Christopher Schrader)
Größere Hitze und häufigere, längere Hitzewellen sind schon lange als offensichtliche Folgen des Klimawandels anerkannt. Und längst ist auch die Gefahr für Leib und Leben bewusst. Darum gibt das dafür zuständige, staatliche Robert-Koch-Institut im Sommer „Wochenberichte zur hitzebedingten Mortalität“ heraus: Allein in der letzten Woche des Juli 2024 zum Beispiel verzeichnete diese Statistik 1210 vorzeitige Todesfälle.
„Die Sonne fühlt sich an wie der Lauf einer Pistole, die auf dich gerichtet ist“, so formuliert es Jeff Goodell in seinem Buch The heat will kill you first, in dem er die zunächst unsichtbaren Folgen großer Hitze beschreibt. Wer bei seinem Job davon betroffen ist, kann oft nicht einfach Abkühlung und Schatten suchen. Weltweit ist laut International Labour Organisation die Gesundheit von 2,4 Milliarden Menschen durch Hitze am Arbeitsplatz bedroht – das sind 71 Prozent aller Beschäftigten weltweit. Jedes Jahr gebe es deswegen fast 23 Millionen zusätzliche Unfälle und 19.000 Todesfälle. In Europa und Zentralasien ist die Quote der hitzegefährdeten Beschäftigten zwar im weltweiten Vergleich am geringsten: 29 Prozent. Hier wächst die Belastung zurzeit aber am schnellsten an. Der Anpassungsdruck ist also auch in Deutschland hoch.
Weltweit bedroht Hitze am Arbeitsplatz die Gesundheit von 2,4 Milliarden Menschen – das sind 71 Prozent aller Beschäftigten
Was genau hohe Temperaturen zum Risiko macht, zeigt zum Beispiel eine Broschüre der Arbeiterwohlfahrt über „Hitze am Arbeitsplatz“ aus ihrem Aktionsprogramm Higela (Hitzeresiliente und Gesundheitsfördernde Lebens- und Arbeitsbedingungen in der stationären Pflege). Erschöpfung, Muskelkrämpfe, Unruhe, Kurzatmigkeit und Kreislaufbeschwerden gehören zu den Symptomen, die schnell und oft unvorhersehbar sehr gefährlich werden können. Schwitzen und zu wenig Trinken begünstigen die Dehydrierung, das wiederum belastet die Nieren und führt zu Blutarmut, das Herz schlägt schneller, pumpt aber weniger, andere Organe sind schlechter versorgt, am Ende droht mit dem Hitzschlag allgemeines Organversagen. Und psychisch-kognitiv kann die Hitze das Urteilsvermögen einschränken und die Aggressivität steigern.
Viele Menschen schätzen offenbar ihr eigenes hitzebedingtes Risiko falsch ein. Das ergibt sich aus einer Schwerpunktbefragung der sogenannten PACE-Studie (Planetary Health Action Survey) der Universität Erfurt. Die Teilnehmenden wurden dabei zunächst mit einer Reihe objektiver Risikofaktoren konfrontiert und dann gefragt, ob sie sich nun subjektiv einer Risikogruppe zurechneten: 75 Prozent hatten Risikofaktoren, trotzdem zogen daraus nur 25 Prozent die richtigen Schlüsse. Mindestens die Hälfte der Befragten unterschätzte also das eigene Risiko, von den Folgen von Hitze betroffen zu sein. Am meisten traf dies zu bei chronischer Krankheit und Medikamenten-Einnahme, Übergewicht, Alter, Alkoholkonsum, Sport, Arbeit im Freien, körperlich schwerer Arbeit.
Die zu Unrecht Sorglosen trafen seltener Schutzmaßnahmen wie leichte Mahlzeiten einzunehmen oder Schatten zu suchen. „Es ist eine fatale Kombination, dass Menschen denken, Sie wissen Bescheid, aber wenn es dann um die einzelnen Maßnahmen und die nötigen Schritte geht, wissen sie es eben doch nicht“, beklagt Lea Dohm von der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit (KLUG). Dazu trage vermutlich auch das gesellschaftliche Narrativ bei, man solle „nicht so empfindlich“ sein. Für die Zukunft müsse die Gesellschaft erreichen, sagt Dohm, „dass es möglich ist, über Hitzeschutz zu sprechen, so dass es ernst genommen wird und dass die Menschen eben nicht als besonders empfindlich dargestellt werden“. Hinzukommt, dass die Arbeitgeber noch viel weniger als ihre Angestellten um deren individuelle Risikofaktoren wissen. Sie erliegen darum oft der doppelten Illusion, ihre Belegschaft betreffe das kaum und die vermeintlich wenigen Betroffenen würden schon selbst auf sich achten.
Unter diesen Umständen passiert es häufig, dass die Führungskräfte nicht ausreichend beachten und Beschäftigte nicht einfordern, was die Vorschriften zum Schutz vor Gefährdungen und Belastungen vorsehen. (Die gibt es ja, anders als zum Beispiel im US-Bundesstaat Florida, der es Landkreisen und Gemeinden explizit verbietet (!), besondere Schutzregeln für Arbeitnehmer mit Draußenjobs aufzustellen.)
Oft genug dringt dann auch das vorhandene Wissen schwer durch. Was die Nachrichten über den Klimawandel sagen, wird kaum auf die eigene Arbeit bezogen. Den Schutz vor den wachsenden Gefahren sehen viele Arbeitgeber – zu Unrecht – als persönliche Angelegenheit ihrer Beschäftigten. Da zudem der Schutz vor Hitze und UV-Strahlung mit zusätzlichen Kosten verbunden ist, fehlt zurzeit nach Beobachtung vieler Fachleute oft die Motivation, sich wirklich mit den nötigen Maßnahmen zu beschäftigen.
Diese Risiken werden auch von den Beschäftigten selbst wahrgenommen: Hitze während der Arbeitszeit belastet einer aktuellen Umfrage der Krankenversicherung DAK zufolge 23 Prozent der Beschäftigten stark und weitere 40 Prozent mäßig; Frauen etwas mehr als Männer. Von mehr Unwohlsein berichteten auch diejenigen, die einen Arbeitsplatz draußen, eine kürzere Ausbildung und ein Alter ab 50 Jahren hatten. Mehr als die Hälfte der befragten Beschäftigten in Deutschland berichteten von einer geringeren Produktivität, viele von Konzentrationsschwierigkeiten, etliche von häufigeren Fehlern oder einer Gereiztheit gegenüber Kundschaft oder Kollegen.
Bei Teamarbeit können die Fehler eines ermatteten Mitglieds ein Risiko für andere bedeuten. Und für Pflegepersonal kann sich die Belastung noch verdoppeln, weil es Verantwortung trägt für andere Menschen, die aufgrund von Alter oder Krankheit bei Hitze schneller leiden und in Gefahr geraten. In Altenheimen oder Krankenhäusern haben die Angestellte folglich zusätzliche Arbeit, und das bei einer tendenziell eingeschränkten eigenen Leistungsfähigkeit.
Ein Tag mit großer Hitze kostet die Wirtschaft so viel wie ein halber Streiktag
Die Gesamtbelastung wird dann schnell zu viel: Die Zahl der Krankmeldungen wegen diagnostizierter Hitzeschäden hat sich allein von 2011 bis 2019 fast vervierfacht, von 27 auf 103 pro 100.000 Versicherte, zeigen Daten der Betriebskrankenkassen. Krankenpflegekräfte gehörten zu den besonders betroffenen Berufsgruppen. 34 Millionen Arbeitsstunden konnten 2022 in Deutschland wegen Hitze nicht geleistet werden, hat das Autorenteam des Lancet Countdown-Reports berechnet. Ein Tag mit Hitze über 32 Grad entspreche in seinen wirtschaftlichen Folgen einem halben Streiktag, bei dem die Belegschaft die Arbeit ganz niederlegt, so fasst es ein Analyseteam der Allianz-Versicherung zusammen. Und an Tagen ab 30 Grad Celsius liegt die Wahrscheinlichkeit von Arbeitsunfällen womöglich um fünf bis sieben Prozent höher, als wenn das Thermometer um die 20 Grad anzeigt, so zumindest eine Studie aus den USA.
Die Zahl der Krankmeldungen wegen Hitzeschäden hat sich von 2011 bis 2019 fast vervierfacht, von 27 auf 103 pro 100.000 Versicherte
Die deutschen Vorschriften zum Arbeitsschutz erlegen es dem jeweiligen Arbeitgeber auf, für die beiden Phänomene UV-Strahlung und Hitze die Gefährdung ihrer Angestellten zu beurteilen. Und angemessene Maßnahmen zu ergreifen, um sie zu reduzieren. Diese Verpflichtung der Arbeitgeber sei das „zentrale Instrument im betrieblichen Arbeitsschutz“, sagte Carina Jehn von der DGUV (Deutsche gesetzliche Unfallversicherung, Dachverband der Berufsgenossenschaften) bei einem Werkstattgespräch des Projekts „Arbeit Sicher und Gesund“, in dessen Rahmen auch dieser Artikel erscheint. Unternehmen können sich dabei an Mustern von Hitzeaktionsplänen orientieren (zum Beispiel für die Bauwirtschaft, die Pflege, die Gastronomie). Sie definieren Gefahren, Aufgaben und Verantwortlichkeiten wie die rechtzeitige Beschaffung von Ausrüstung und Verbrauchsmaterial wie Wasser und Sonnencreme.
Nicht immer sind die Arbeitgeber allerdings damit zufrieden, derart herausgehoben in der Verantwortung zu stehen: „Auch die Möglichkeiten außerhalb des Arbeitsschutzes müssen ausgeschöpft werden, um die Auswirkungen des Klimawandels auf den einzelnen zu reduzieren“, erklärt zum Beispiel der Zentralverband des Deutsches Baugewerbes (ZDB) auf Anfrage Es gehe dabei vor allem um Ausbildung, Eigenvorsorgebewusstsein und eine gesamtgesellschaftliche Sensibilität für das Thema.
Bei jeder Tätigkeit hängt es von einer Kombination von Lufttemperatur, Wärmestrahlung von Geräten oder erhitzten Oberflächen, Wind oder Luftzug sowie Luftfeuchtigkeit ab, wie stark Hitze wirkt. Je schwüler es ist, je weniger sich die Luft bewegt, desto schlechter kann sich der Körper nämlich durch Schwitzen abkühlen. Dieses Problem wächst auch noch mit der körperlichen Anstrengung. Um die Belastung in einer Zahl zu fassen, existieren diverse sogenannte Klimasummenmaße. Das umfassendste ist die sogenannte Wet Bulb Globe Temperature (WGBT): Sie wird unter anderem mit einem Thermometer gemessen, das mit einem feuchten Strumpf überzogen ist. Das stellt nach, wie verdunstender Schweiß auf der Haut den Körper kühlen kann. Dieser physiologische Mechanismus aber funktioniert umso schlechter, je feuchter die Luft ist, weil sie dann weniger verdunsteten Schweiß aufnimmt. Selbst bei einem ruhenden Menschen sollte der Index die Schwelle von 35 Grad nicht für mehr als einige Stunden überschreiten. Bei harter körperlicher Arbeit für Beschäftigte, die nicht an Hitze akklimatisiert sind, stellt ein Messwert von 20 Grad die Obergrenze dar.
Eine andere Möglichkeit, die Situation zu beurteilen, bietet ein Diagramm, das für gegebene Werte von Temperatur und Luftfeuchtigkeit den Arbeitsbedingungen eine der Ampelfarben zuordnet. Man beginnt auf dem rechten Teil des Diagramms unten bei der Lufttemperatur, geht nach oben zur Linie der augenblicklichen Luftfeuchtigkeit und dann nach links an den Rand des Gitters. Diesen Punkt verbindet man mit der Lufttemperatur auf der Skala links. Die entstehende Linie schneidet den farbigen Bereich bei einer der drei Farben. (Quelle: DGUV, Quelle blanko: DGUV)
Bei der Reaktion auf die festgestellten Gefährdungen gilt im Arbeitsschutz übrigens das sogenannte TOP-Prinzip, wonach technische Maßnahmen den Vorrang vor organisatorischen haben, die wiederum eher als persönliche ergriffen werden sollten. Chefinnen und Chefs sollten also zunächst für Schatten, Lüftung und Kühlung sorgen. Dann womöglich die Arbeitszeit an heißen Tagen anders organisieren, Personal zwischen wärmeren und kühleren Arbeitsplätzen rotieren lassen und längere Pausen oder zumindest „Entwärmungsphasen“ anbieten, wie es juristisch heißt. Und erst am Schluss leichtere Dienstkleidung genehmigen und ausreichend kühle Getränke bereitstellen.
Veränderte Arbeitszeiten bei Hitze finden nicht alle gut
Oft genug aber weicht die Realität von solchen Vorgaben ab. Laut DAK-Gesundheitsreport 2024 achtet bei fast der Hälfte der Befragten das Führungspersonal bei Hitze nicht ausreichend auf das Wohlergehen ihrer Mitarbeiter oder deren gesundheitliche Risiken. Und was in den Betrieben passiert, folgt nicht unbedingt dem TOP-Prinzip: Fast drei Viertel der Beschäftigten sagen, ihr Unternehmen stelle bei Hitze Getränke zur Verfügung; die meisten nutzen das Angebot auch (Kategorie P). Ähnliche Prozentsätze werden beim Verschatten und Verdunkeln des Arbeitsplatzes erreicht; Ventilatoren oder Klimaanlagen gibt es für etwa zwei Drittel der Befragten (Kategorie T). Jedoch bekommen nicht einmal 40 Prozent der im Freien Beschäftigten persönlichen Sonnenschutz wie Sonnencreme oder eine Kopfbedeckung vom Arbeitgeber gestellt (Kategorie P). Einer anderen Umfrage zufolge berichten nur 21 Prozent der Befragten in der Bauwirtschaft von Sonnenschirmen oder Überdachungen draußen (Kategorie T).
Weniger als die Hälfte könnte mit Billigung der Vorgesetzten die Arbeitszeiten verändern, mehr Pausen machen oder zuhause arbeiten (Kategorie O). Hier schlägt aber auch ein größerer Anteil der Angestellten die Offerten aus. Am wenigsten beliebt ist eine Art Siesta, also eine verlängerte Mittagsruhe – vermutlich weil die Menschen lieber früher nach Hause wollen, sich um Kinder oder Pflegebedürftige kümmern müssen. Auf dem Bau, so ergänzt der ZDB, seien dem Vorziehen der Arbeit in kühlere Morgenstunden auch durch Arbeitszeitregelungen und Lärmschutz Grenzen gesetzt.
Asphaltarbeiten in praller Sommersonne – Hitzewellen machen Jobs wie diese noch härter. Ein Kurzvideo des Bundesministeriums für Arbeit zeigt dieses und weitere Beispiele dafür, wie der Klimawandel die Arbeitswelt verändert; Quelle: BMAS-Screenshot
Solche Reaktionen auf Hitze und UV-Belastung liegen nicht allein im Ermessen der Vorgesetzten. Im Arbeitsschutz gelten klare Vorschriften: Die Arbeitsstätten-Verordnung etwa besagt: „Werden die Beschäftigten auf Arbeitsplätzen im Freien beschäftigt, so sind die Arbeitsplätze nach Möglichkeit so einzurichten, dass die Beschäftigten nicht gesundheitsgefährdenden äußeren Einwirkungen ausgesetzt sind.“ Was das genau bedeutet, speziell auch in Bezug auf den Klimawandel, soll eine neue Technische Regel ASR A5.1 konkretisieren. Zu ihrem ersten Entwurf lagen 500 Einwände und Bemerkungen vor, die zurzeit abgearbeitet werden.
Für Arbeitsplätze in Gebäuden gilt bereits die Technische Regel ASR A3.5 zur Raumtemperatur; daran angelehnt werden auch viele Arbeitsplätze draußen zurzeit beurteilt. Sie benennt drei absolute Temperaturschwellen: Ab 26 Grad soll der Arbeitgeber reagieren, ab 30 Grad muss er. Wasser und Sonnencreme, wo nötig, sowie alle anderen, nach dem TOP-Prinzip früher zu ergreifenden Maßnahmen gehen dann auf Kosten des Betriebs. Und ab 35 Grad ist ein Raum oder Arbeitsplatz für die Arbeit ungeeignet. Im Freien können die Beschäftigten trotzdem oft nicht an einen kühleren Ort wechseln. In einem Video der Gewerkschaft IG BAU berichtet Dirk Assmann, ein Polier und Betriebsrat, vom Straßenbau im Hochsommer: Der Asphalt komme „mit Temperaturen um die 160 Grad auf die Baustelle. Das heißt also, man hat unter sich vom Prinzip her eine überdimensionierte Fußbodenheizung, und von oben kommt der Lorenz und brennt auch.“
Die höchste UV-Belastung haben oft die Beschäftigten auf dem Bau
Das „Brennen“ im Sinne von „Sonnenbrand“ ist bei Arbeit im Freien in der Tat eine große Gefahr. Seit 2015 ist der durch den UV-Anteil im Sonnenlicht bei der Arbeit ausgelöste weiße Hautkrebs als Berufskrankheit 5103 anerkannt; seither warnen vor allem die Gewerkschaften und Berufsgenossenschaften als gesetzliche Unfallversicherungen intensiv vor dieser Gefahr. Diese sogenannten Plattenepithelkarzinome waren 2023 in der Baubranche mit fast 3000 Verdachtsfällen die zweithäufigste Berufskrankheit nach Lärmschäden.
Um die Gefahr genauer zu erfassen, schickt das Genesis-Programm der DGUV seit Jahren Beschäftigte mit Messgeräten zur Arbeit: Demnach gehören viele Berufe auf dem Bau zu den meist-gefährdeten: Bohrgeräteführer, Dachdecker, Zimmerer und Maurer kommen alle während der warmen Jahreszeiten eines Jahres auf mehr als 450 SED (Standard-Erythem-Dosis), eine Messgröße für die Toleranz der menschlichen Haut gegenüber der Sonnenstrahlung. Zum Vergleich: Bereits ein SED an einem Tag reicht aus, um bei hellhäutigen, rötlich-blonden Menschen Sonnenbrand auf ungeschützter Haut auszulösen, bei etwas dunkleren Typen braucht es dafür drei SED.
„Im Sommer creme ich mich immer schon um halb sieben oder sieben bei Arbeitsbeginn ein. Lichtschutzfaktor 30 aufwärts. Ab 10 Uhr muss ich das dann wiederholen. Neulich habe ich an einem stark bewölkten Tag mal darauf verzichtet, da hatte ich dann gegen 13 Uhr Sonnenbrand. Die Sonnenmilch stellt unser Arbeitgeber, die ist ganz gut und klebt nicht so sehr. Die Hände sollte man aber vorher schon reinigen, sonst schmiert man sich den Schmutz der Baustelle mit auf die Haut.
Jeder ist hier selbst dafür verantwortlich, für seinen Schutz zu sorgen. Wenn ich als Vorarbeiter auf wechselnden Baustellen immer wieder wechselnde Kolonnen von bis zu zehn Leuten habe, dann kann ich denen zwar was zum Sonnenschutz sagen, aber anordnen kann ich es nicht.
Ich trage im Sommer immer lange Hosen und ein T-Shirt. Dazu Kopfbedeckung, also Helm, mit einem Nackenschutz, den man nass machen kann, auch wenn dadurch der Helm schwerer wird. Es gibt aber viele, die arbeiten im Sommer mit kurzer Hose und freiem Oberkörper. Auf die Idee mit dem Sonnenschutz muss jeder selbst kommen.
Meine Arbeit ist es meistens, die Abwasser- und Regenwasserrohre und Drainageleitungen zu verlegen. Schächte zu versetzen. Das ist oft unter freiem Himmel. Deswegen gehöre ich mit allen anderen, die im Rohbau arbeiten oder im Straßenbau, zu denen, die am meisten belastet sind. Bei mir könnte man ein „überdimensionales Zelt“ über dem Arbeitsraum aufstellen, aber das müsste man dann auch immer wieder bewegen, also passiert das nicht.
An einem heißen Tag nimmt die Arbeitsleistung ab 13, 14 Uhr rapide ab. Wir schwitzen alle viel, das geht manchmal wirklich ans Limit, da müssen wir häufiger Pause machen. Der Betrieb stellt dann Wasser zur Verfügung, wenn es mehr als 30 Grad werden – auch wenn ich den Polier deswegen mal ansprechen muss. Manchmal ziehen wir die Arbeit auch nach vorn. Wir fangen also früher an, damit wir fertig sind, bevor es am Nachmittag ganz heiß wird. Das kommt aber auf die Baustelle an.
Bei den Subunternehmern sieht es aber anders aus, oft ganz schlecht. Es kommt sehr darauf an, wie sozial der Chef des Subs eingestellt ist. Aber er und seine Leute haben wie alle auf dem Bau einen enormen Zeitdruck. Jede Stunde, die am Tag fehlt, heißt weniger Geld, und der weitere Ablauf der Baustelle wird gestört. Die Leiharbeiter weise ich dann manchmal darauf hin, dass es Wasser und Sonnenmilch gibt.“
(aufgezeichnet von Christopher Schrader)
Im Agrar-Sektor fallen Erntehelferinnen sowie Obst- und Gemüsegärtner ebenfalls in die Kategorie oberhalb 450 SED. In der Außengastronomie waren die Werte jedoch deutlich geringer, vermutlich weil die Beschäftigten zwischen draußen und drinnen pendeln und es in den Wirtshausgärten oft Schattenbäume gibt.
Auf dem Bau wissen laut einer Umfrage der zuständigen Berufsgenossenschaft von 2021 inzwischen fast alle über die Gefahr für ihre Haut Bescheid. Nach eigenen Angaben suchen sie darum oft oder zumindest teilweise nach Schatten, der aber an vielen Arbeitsplätzen kaum zu finden ist. Sehr viele der Befragten setzen sich auch etwas auf den Kopf (70 Prozent regelmäßig, aber Helme sind ohnehin oft vorgeschrieben). Lange Kleidung trägt bei Hitze nur jeder Sechste, doppelt so viele ziehen so etwas gelegentlich an. Umgekehrt heißt das aber auch: Die Hälfte arbeitet bei hohen Temperaturen und Sonnenschein in kurzer Hose und T-Shirt oder mit freiem Oberkörper. Sonnencreme benutzt eine Mehrheit, aber viele empfinden es als lästig, wenn dann der Baustellen-Dreck an der Haut klebt. Nur 47 Prozent der Befragten berichten von einer Unterweisung durch den Arbeitgeber, und nur 21 Prozent bekommen Sonnenschutzschirme oder ähnliches gestellt.
Gleichzeitig herrscht auf dem Bau, vor allem in kleinen Firmen, oft noch „ein Klima falsch verstandener Männlichkeit“, hat das Gewerkschafts-Magazin Der Grundstein beobachtet. „Oberkörperfrei bei der Arbeit versteht sich da von selbst, und Sonnencreme ist nicht mehr als ein Pflegeprodukt. In einem solchen Klima möchten sich Beschäftigte nicht immer die Blöße geben und Schutzkleidung beim Chef einfordern.“ Und dass sich bis zur Hüfte nackte Bauarbeiter alle zwei Stunden gegenseitig den Rücken eincremen, um den Sonnenschutz zu erneuern, kann man sich ohnehin kaum vorstellen.
Doch die Zeiten ändern sich offenbar. „Es hat rapide abgenommen, dass Leute sagen: ,Es gehört auf dem Bau eben dazu, sich den Buckel zu verbrennen‘“, bemerkt Andreas Harnack, Regionalleiter der IG-BAU in Nordwürttemberg. „Es könnte noch besser sein, aber viele wissen inzwischen, sie haben nur die eine Gesundheit.“ (siehe auch das Protokoll von Matthias Reusch)
Die BG-Bau versucht darum, mit UV-Schutzpaketen Hilfe zu leisten. Sie bestehen aus einer kleinen Kühltasche, darin Sonnenbrille, Sonnenmilch sowie Infomaterial. 500.000 davon will die Versicherung dieses Jahr verteilen – die Bestellung ist für Unternehmen kostenlos. Auch Publikationen der Arbeitgeber und von Handwerkers-Innungen werben für diesen Service. Außerdem können Mitgliedsfirmen bei der Versicherung Zuschüsse beantragen, wenn sie schattenspendende Zelte, Hüte, Nackenschutztücher, Kühlkleidung oder UV-Schutz-T-Shirts mit langen Ärmeln für ihre Beschäftigen bestellen. Die Höhe der Förderung ist nach Betriebsgröße und damit Beiträgen gestaffelt. Bereitstellen müssen die Betriebe solche Ausrüstung ohnehin auf eigene Kosten. Dass ihre Leute das Material aber auch wirklich benutzen, langärmelige Hemden tragen oder sich eincremen, das können Arbeitgeber und Vorgesetzte nicht anordnen – anders als zum Beispiel bei der Pflicht, Sicherheitsschuhe zu tragen.
Ebenfalls freiwillig ist der Besuch beim Arzt zum Hautkrebs-Screening. Gemäß einer Sozialpartner-Vereinbarung von 2019 zwischen Arbeitgeber-Verbänden, Berufsgenossenschaften und Gewerkschaft dürfen im Freien Beschäftigte auf dem Bau und im Agrar-Sektor einmal im Jahr zur Früherkennung – während der Arbeitszeit und auf Kosten des Betriebs. Das nennt sich „Angebotsvorsorge“. Eine zuvor diskutierte „Pflichtvorsorge“ war in den Verhandlungen durchgefallen. Jetzt funktioniere das System aber deswegen auch „häufig nur mangelhaft“, klagten 2022 Arbeitsmediziner.
Insgesamt wollen die Betriebe mit ihren Belegschaften nach eigenen Angaben eine UV-Schutz-Kultur fördern. Die Gesundheit der Beschäftigten in der Bauwirtschaft habe oberste Priorität, erklärt der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes.
Nur, ob das mit der Gefährdungsanalyse durch den Arbeitgeber und dem Sonnenschutz immer klappt, daran kann man zweifeln. „In Deutschland kommt auf 10.000 Arbeitnehmer auf dem Bau ein Kontrolleur, der auf Arbeitsschutz achtet“, sagt Gerhard Citrich, bei der Gewerkschaft IG BAU für Prävention zuständig. „Große Betriebe haben Beauftragte dafür, da klappt das besser. Aber bei den kleinen, da wird viel improvisiert. Und 80 Prozent der Unternehmen haben zehn Leute oder weniger.“ Schwarzarbeit, die nach Schätzungen ein Drittel aller Arbeitsstunden auf dem Bau ausmachen könnte, verschärft das Problem. Wo es Sub-Subunternehmer oder die Vermittler von Leiharbeitern schon mit Steuern und Sozialabgaben nicht so genau nehmen, dürfte auch Hitze- oder Sonnenschutz wenig Priorität haben. Schädlich ist vermutlich auch, dass Klimafragen immer noch als „Ideologie“ oder parteipolitisches Spezialthema der Grünen dargestellt werden, über die man sich unter Kollegen bestenfalls lustig macht.
„In Deutschland kommt auf 10.000 Arbeitnehmer auf dem Bau ein Kontrolleur, der auf Arbeitsschutz achtet“
Warum die richtige Information nicht ankommt, hat Ronja Endres vom Peco-Institut, einer Bildungseinrichtung der IG BAU, bei Schulungen in Berufsschulen erlebt: „Seit einigen Jahren, und vor allem im vergangenen Jahr kommen von den Azubis immer wieder Äußerungen, die die Erkenntnisse der Klimaforschung in Frage stellen.“ Das sei ja nur die Meinung von einem Forscher und es gebe auch andere Meinungen, wird Endres entgegengehalten. „Wenn man dann nachfragt, wo die das herhaben, kommt als Antwort: Gelesen. Wahrscheinlicher ist es, dass sie Videos auf TikTok gesehen haben.“
Die jungen Männer und Frauen in den Berufsschulklassen hätten in ihrem schulischen Leben nicht erklärt bekommen, wie Wissenschaft funktioniert und wo das Wissen eigentlich herkommt, so deutet Endres das. Außerdem erlebten sie, wie ihre Branche als Mit-Verursacher der Klimakrise dargestellt werde. Und sie sähen ihren erträumten Lebensstil bedroht, was zum Beispiel den Kauf eines attraktiven Autos angeht. Solche Gefühle und Wahrnehmungen, weiß die Kommunikationsforschung, machen empfänglich für Desinformation.
Regelmäßig im Sommer beginnt die Diskussion, ob es nicht ein Recht auf Hitzefrei für Arbeitnehmer geben sollte. Weit geführt hat das bisher nicht: Niemand darf einfach nach Hause gehen, nicht einmal, wenn die Temperatur 35 Grad erreicht, und ein Arbeitsplatz damit im Prinzip ungeeignet ist (Ausnahmen sind Hitzearbeitsplätze wie am Back- oder Hochofen).
Für den Bau fordert die zuständige Gewerkschaft inzwischen aber eine Art bezahltes Hitzefrei: ein Klima-Kurzarbeitergeld, das ähnlich funktioniert wie das etablierte Saison-Kurzarbeitergeld im Winter oder eine entsprechende Vereinbarung bei den Dachdeckern für sommerliche Hitze. Die Leute können dann vorzeitig nach Hause gehen, und bekommen eine – gegenüber dem normalen Lohn reduzierte – Zahlung vom Arbeitsamt oder einer Ausgleichskasse. Und wenn die Arbeit bei 30 Grad oder mehr doch fertig gemacht werden muss, so IG-BAU, sollen die Beschäftigten jede Stunde 15 Minuten bezahlte Pause machen können.
Die Arbeitgeber etwa im ZDB erwidern, es gebe bereits den sogenannten Bauzuschlag von 2,9 Prozent auf den Arbeitslohn während des ganzen Jahres, um solche witterungsbedingten Ausfälle außerhalb der kalten Jahreszeit auszugleichen. Die ausgefallenen Stunden müssten Arbeitnehmer zurzeit in der Regel mit individuellen Arbeitszeitkonten verrechnen, oder später nacharbeiten. Eine weitere finanzielle Absicherung „würde auch die Lohnnebenkosten erhöhen“ – über die Unternehmensverbände ohnehin immer wieder klagen.
„Der Umgang mit Hitze am Arbeitsplatz ist ein Problem, das letztlich alle Arbeitnehmer betrifft und deshalb nicht auf individueller, sondern auf systemischer Ebene behandelt werden muss“, erklärt dagegen ein Kommentar in der Süddeutschen Zeitung. „Hätten Arbeitnehmer ein grundsätzliches Recht auf Hitzefrei, stiege auch der Druck auf Arbeitgeber, angemessene Schutzmaßnahmen oder Ersatzaufgaben für die heißen Tage umzusetzen.“
Doch die Jungen, die so reden, sind nicht verloren, hat Endres immer wieder erlebt. Grundvoraussetzung ist es, in ihrer Sprache mit ihnen zu sprechen und die Kultur des Respekts auf dem Bau zu beherzigen, also Respekt für sie zu zeigen und für sich selbst einzufordern. „Und wo wir sie dann kriegen: Wir sagen ihnen, was für einen tollen Job sie jetzt erlernen, in dem nach vielen Jahrzehnten wieder richtige Innovation passiert, etwa bei den Dämmtechniken. Daran haben die richtig Interesse und sogar Spaß an Gruppenarbeit, wo sie Ideen für nachhaltige Häuser entwickeln.“
Hitzebedingte Risikogruppe? Das gilt nicht nur für die Pflegebedürftigen, sondern auch für die Pflegekräfte selbst
In der Medizin- und Pflegebranche läuft vieles anders als auf dem Bau, vor allem, weil einflussreiche Organisationen wie KLUG (Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit) die Erderhitzung mit guten Argumenten als Bedrohung der Gesundheit beschreiben. Um diese abzuwenden, hat die Arbeiterwohlfahrt das erwähnte Programm Higela mit 40 Einrichtungen in fünf Regionen aufgelegt.
Eine Broschüre für die Pflegeeinrichtungen zeigt als musterhaften Jahresplaner, wie sich Personal und Management langfristig und strukturiert auf Hitze und Hitzewellen in den Sommermonaten vorbereiten können.
Quelle: AWO-Projekt Higela
Konkrete Maßnahmen können dann sein, den Tagesablauf der Hitze anzupassen und zum Beispiel das für die Pflegekräfte anstrengende morgendliche Duschen der Pflegebedürftigen zum Teil auf die Abendschicht zu übertragen. Ein weiteres Beispiel: „Wir verlegen an solchen Tagen die Sturzprävention mit unseren Bewohnern von einem Raum in Dachgeschoss ins kühlere Foyer“, erzählt Antje Georgi, Pflegedienstleiterin im AWO-Pflegeheim am Leinbach in Leingarten bei Heilbronn. „Und wir reduzieren die Übungen auf ein Minimum, weil sie ja sonst zu sehr auf den Kreislauf gehen.“ Bei der zweimal wöchentlich angesetzten Aktivität nehmen die Teilnehmenden im Stuhlkreis sitzend leichte Gewichte in die Hände und bewegen ihre Arme oder stehen auf und nutzen dann die Rückenlehne als Halt.
Sowohl dem Personal wie den Pflegebedürftigen kommt an heißen Tagen zugute, dass die Küche vermehrt kalte Getränke oder kühlende Melonenstücke oder Eis bereitstellt. Außerdem wird nachts gelüftet und schon morgens gehen die Jalousien herunter. Ventilatoren sorgen zudem für etwas kühlenden Luftzug. „Unser nächstes Projekt ist eine Begrünung der Fassade, das wäre ja auch ein guter Hitzeschutz“, sagt Georgi. „Das wird aber wohl noch etwas dauern.“ Eine Klimaanlage hingegen hält die Pflegedienstleiterin nicht für sonderlich sinnvoll, weil dann immer wieder Bewohner über Zugluft klagen würden, wie zurzeit schon wegen der Ventilatoren. (siehe auch das Protokoll von Tanja Haug)
„Es ist auch deswegen sehr gut aufgenommen worden, weil es auch auf die Mitarbeitenden zielt, nicht nur wie sonst immer allein auf die Pflegebedürftigen“, sagt Elisabeth Olfermann vom AWO-Bundesverband in Berlin. „Auch die Pflegekräfte sollten sich selbst als Risikogruppe wahrnehmen.“ Die empfohlenen Maßnahmen gehen darum über Schatten und Lüftung hinaus, dazu gehören unter anderem: kühle Räume als Rückzugsorte ausstatten, viele kleine Pausen machen, die Beine hochlegen und den Zusammenhalt im Team, das gegenseitige Achtgeben verstärken.
„Heiße Tage sind eine Herausforderung. Die körperliche Arbeit fällt schwerer, alles ist mühsamer, man fühlt sich nicht bei 100 Prozent, sag ich mal. Und wir haben ja im Prinzip noch mehr Arbeit als sonst. Da kann es passieren, dass wir uns am Ende der Schicht nur noch so dahinschleppen, und wenn wir dann zuhause sind, geht außer Ruhe gar nichts mehr.
Unsere Bewohner haben an solchen Tagen schneller Probleme mit dem Kreislauf und Schwindelgefühle, wollen eigentlich ihre Ruhe haben, und die Sturzgefahr ist erhöht. Wir kennen ja unsere Leute und begleiten sie darum häufiger auf ihren Wegen oder schlagen vor, heute lieber doch den Rollstuhl statt den Rollator zu nehmen. Und wir bieten ihnen Einmal-Waschlappen an, die mit Wasser, etwas Pfefferminze – aber nicht zu viel – und etwas Öl getränkt sind. Die Pfefferminze kühlt und macht den Kopf klarer.
Viele wollen auch nicht essen oder trinken, und dazu müssen wir sie dann vermehrt animieren. Wir trinken dann auch immer gleich mit, das tut uns ja auch gut. Unsere Pausen brauchen wir natürlich auch, die machen wir oft im Garten im Schatten. Zwei von unserem Team – wir sind zu viert für 36 Bewohner zuständig – gehen runter, die anderen beiden bleiben auf dem Stockwerk und machen vielleicht eine zusätzliche Trinkrunde. Und wir wechseln uns auch ab, wenn wegen der Hitze beide Seiten ein bissle ungeduldig werden. Die Bewohner fühlen sich halt nicht wohl, sie möchten irgendwas, können das aber oft nicht benennen.
In der Frühschicht können wir immerhin die anstrengenden Aufgaben zum Beispiel in der Morgenpflege erledigen, wenn es noch relativ kühl ist. Aber in der Spätschicht kann es wirklich schwierig werden, weil wir in ein aufgeheiztes Haus kommen und weil die Bewohner schon müder und angestrengter sind.“
(Protokoll: Christopher Schrader)
Ein wichtiges Element ist oft auch die Dienstkleidung. „Manche Einrichtungen haben noch dicke Baumwoll-Kasacks“, sagt Olfermann. „Die könnte man durch leichtere Stoffe ersetzen, aber oft sind dann die bestehenden Verträge mit Lieferanten oder Wäschereien ein Hindernis.“ Diese Bewältigungsstrategien fassen eine Broschüre oder ein Ringbuch zusammen, die Teams in den Einrichtungen Seite für Seite gemeinsam durchgehen können, um sich später zu vernetzen und über Erfahrungen auszutauschen. Das Programm regt also zur Kommunikation in den Einrichtungen an und strukturiert die Gespräche. Für Anpassungsmaßnahmen gerade in Pflegeeinrichtungen hat das Bundesumweltministerium auch ein Förderprogramm ausgelobt.
Anpassung und Transformation müssen Hand in Hand gehen
In den drei Branchen Pflege, Gastronomie und Bau, die dieser Artikel exemplarisch behandelt, sind – wie in vielen anderen – die Möglichkeiten längst bekannt, die Arbeitsbedingungen an zunehmende Hitze und UV-Belastung anzupassen. Sie werden aber unterschiedlich konsequent umgesetzt. Besonders schwierig ist es, wenn es Kostendruck und keine durchsetzungsfähigen Arbeitnehmervertretungen wie Betriebsräte gibt. Und dann besonders dort, wo der Personalmangel groß ist oder die Beschäftigungsverhältnisse prekär sind. Dann haben die Arbeitnehmer kaum Hebel, ihre Rechte einzufordern, und die Betriebe wenig Motivation, von selbst darauf zu achten. „Wenn nichts getan wird“, um das zu ändern, mahnt darum ein Kommentar der Süddeutschen Zeitung, „zahlen die Angestellten mit ihrer Gesundheit und Unternehmen mit Produktivitätsverlusten.“
„Wenn die Klimakrise weiter voranschreitet und es immer heißer und heißer wird, können wir uns irgendwann nur noch begrenzt anpassen“
Auf die Dauer, sagen viele Experten, ist der beste Schutz vor den zunehmenden Belastungen durch Hitze und UV-Strahlung ohnehin Klimaschutz, also eine weitreichende Reduktion der Treibhausgas-Emissionen bis hin zur Klimaneutralität. In allen drei Branchen sind daher auch schon Ansätze zu erkennen, die Arbeit und das Geschäft nachhaltiger zu gestalten. Baufirmen experimentieren mit Beton, bei dessen Herstellung und Verarbeitung weniger Treibhausgase anfallen, Restaurants und Gasthäuser bieten – auch auf Nachfrage der Gäste – mehr Speisen ohne Fleisch oder tierische Produkte an. Pflege-Einrichtungen versuchen, den Fußabdruck des laufenden Betriebs zu verringern und geben sich auf der Ebene ihre Verbände ehrgeizige Ziele, um deutlich vor 2045 klimaneutral zu werden. In all diesen Fällen müssen sich die Bemühungen, gefordert und gefördert vom Staat, aber deutlich beschleunigen und intensivieren.
Es ist nämlich schon zu erkennen, dass die Veränderungen der Abläufe an heißen Tagen nicht ausreichen könnten, sollte die Erderhitzung nicht effektiv gebremst werden. „Wenn parallel die Klimakrise weiter voranschreitet und es immer heißer und heißer wird“, sagt Lea Dohm von KLUG, „dann können wir uns irgendwann eben nur noch begrenzt anpassen.“