Mit einem Trommelwirbel kündigte John Oliver das Ereignis an: die erste "statistisch repräsentative Debatte über den Klimawandel", die je im Fernsehen ausgestrahlt wurde. Der britische Satiriker, dessen Sendung "Last Week Tonight" beim US-Kabelsender HBO läuft, hatte im Mai 2014 den bekannten Fernsehmoderator Bill Nye ("Bill Nye, the science guy") zu einer Diskussion über den Klimawandel ins Studio gebeten und mit einem Leugner der globalen Erwärmung an einen Tisch gesetzt.

Doch bevor auch nur das erste Argument ausgetauscht wurde, lud Oliver noch ein paar Gäste hinzu, um die tatsächlichen Kräfteverhältnisse in der "Debatte" klarzumachen: zwei weitere Kritiker der etablierten Forschung - und 96 Wissenschaftler, die Nyes Position teilten. Am Ende stand es daher 97 zu 3, so wie es etliche Studien feststellen. Und schon die Behauptung der Leugner, in der Wissenschaft gäbe es keine Einigkeit über den Klimawandel, ging im Chor empörten Widerspruchs von Dutzenden Laborkittel-Trägern unter.

Die "erste statistisch repräsentative Fernsehdebatte zum Klimawandel" - 2014 stellte der US-Satiriker John Oliver die Mehrheitsverhältnisse der "Debatte" zu Existenz und Ursachen des Klimawandels mit 97 zu drei Personen anschaulich dar; Quelle: HBO/Screenshot

Gegner eines aktiven Klimaschutzes versuchen häufig, die wissenschaftlichen Grundlagen für dessen Notwendigkeit in Zweifel zu ziehen. Besonders in den USA und Großbritannien erklären sie, die Forscher seien sich noch lange nicht einig. "The science is not settled", ist ein oft-gehörter Einwand, "die Wissenschaft ist noch unentschieden". Die Behauptung ist zwar falsch (wie dieser vielgeklickte Hintergrundtext auf klimafakten.de zeigt). Doch offenbar hat sie die Kraft, Menschen grundsätzlich zu verunsichern.

"Erzählt man normalen Leuten, die Experten seien sich nicht einig, nehmen sie das zum Anlass, ihre Aufmerksamkeit abzuwenden", sagt der Psychologe Edward Maibach von der George Mason University in Washington DC. Genau darum hatte der konservative Politikberater Frank Luntz seinen republikanischen Auftraggebern im Jahr 2002 in einem später berühmtgewordenen Memo geraten, die vermeintlichen Kontroversen innerhalb der Wissenschaft zu betonen und die gängige Fehlauffassung der Wähler darüber zu bestärken. Er warnte: "Sollte die Öffentlichkeit glauben, die wissenschaftlichen Fragen seien geklärt, werden sich die Ansichten über die globale Erwärmung entsprechend ändern." Heißt: Die Öffentlichkeit werde schärfere Klimaschutzmaßnahmen unterstützen.

Die Einigkeit der Forscher gilt als "sozialer Beweis" für den Klimawandel

In der englischsprachigen Diskussion nimmt darum der consensus inzwischen eine zentrale Rolle ein. Untersuchungen zeigen, dass nur Minderheiten den Grad der Übereinstimmung unter Wissenschaftlern einigermaßen korrekt einschätzen. Im Mittel antworten die Menschen irgendwas zwischen 60 und 70 Prozent, wenn sie nach dem Ausmaß der Einigkeit gefragt werden: eine Mehrheit der Experten, sicher, aber keine zwingende. Klimaforscher hingegen legen dar, dass in ihren Kreisen überwältigende – eben 97-prozentige – Übereinstimmung über die Existenz eines gefährlichen, hauptsächlich von Menschen verursachten (also anthropogenen), aber noch abwendbaren Klimawandels besteht

Inzwischen gibt es sogar Studien zum Konsens über den Konsens, weil etliche Wissenschaftlergruppen mit unterschiedlichen Methoden jeweils auf Übereinstimmungswerte von 90 bis 100 Prozent gekommen sind. "Die Debatte ist vorbei", verbreiten nun manche von ihnen. Wenn man diese Botschaft an die Bürger vermitteln könne, so stellte ein Team um Maibach bei Umfragen und Laborexperimenten fest, dann liefere man dem Publikum einen "sozialen Beweis" für den Klimawandel. Den Konsens in der Wissenschaft zu erkennen und zu verstehen, sei ein "gateway belief", eine Art Türöffner-Erkenntnis zu einer Reihe anderer Forschungsergebnisse, die dann mit viel weniger Zweifeln als zuvor akzeptiert würden. Die Gegner aus Lobbyverbänden und konservativen, oft von Industriellen geförderten Thinktanks hingegen behaupten, ihre Erhebungen lieferten abweichende Werte und verbreiten einen Dissens über den Konsens – die ganze Sache ist also längst eine Diskussion auf der zweiten Metaebene.

Wonach klingt der Begriff "Konsens" im Deutschen? Nach Kungelei?

Bevor man beginnt, diese bis ins Letzte auszufechten, sollte man sich indes fragen, ob es der Mühe wert ist. Noch gibt es Fragen. Zum Beispiel, ob der Verweis auf die Einigkeit der Wissenschaftler auch im Deutschen funktioniert – ist "Konsens" eine ähnlich potente Botschaft wie consensus? Oder hören die Deutschen bei diesem Wort vielleicht so etwas wie Gemauschel oder faule Kompromisse heraus? Vermuten sie politische Prozesse, bei denen wissenschaftliche Resultate sozusagen im Hinterzimmer ausgekungelt werden?

Zumindest was den Sprachgebrauch angeht, gibt es wenig Grund zur Sorge: Das digitale Wörterbuch des Deutschen listet für "Konsens" keine negativen Begriffe in der Kategorie "typische Verbindungen" auf. Doch ordnen die dort genannten Wörter wie "parteiübergreifend", "gesellschaftlich" oder "aufgekündigt" den Konsens eindeutig in den politischen Raum ein - wo er in der Tat ein schillernder Begriff ist: Einerseits ein großes, positiv besetztes Ziel, andererseits oft nur zu einem hohen Preis zu haben und gelegentlich auch mit Nachteilen behaftet.

Diese Ambivalenz ist zu spüren, horcht man dem Klang des Konsens im politischen Diskurs nach. So bezeichnet etwa die Süddeutsche Zeitung Deutschland in einem Leitartikel als "traditionelle Konsensgesellschaft", in der "allenthalben Polarisation" zu spüren sei. Und eher freundlich klingt es in der FAZ, die Anfang Januar 2017 über die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) schrieb: "Höflich ist sie, herzlich gar, gewinnend, auf Konsens aus, nie auf Krawall, eine Frau des Ausgleichs."

Ein Konsens ist demnach ein positiv besetztes Ziel. Eher negativ klingen dagegen Aussagen, die erst nach etwas gründlicherer Recherche auftauchen. Etwa ein Satz, den ARD-Journalist Thomas Baumann im Oktober 2016 in einem Kommentar über die Suche nach einem Gauck-Nachfolger gesagt hat: "Die politische Klasse nimmt in Kauf, dass eine zu weitgehende Konsens-Suche nach Gemauschel und Hinterzimmerpolitik riecht." Zweifelhaft könnte auch das Wort Konsensliste wirken, auf die im Berliner Abgeordnetenhaus Themen kommen, über die Einigkeit herrscht, so dass keine Debatte mehr für nötig gehalten wird.

Geht es um politischen Konsens, ist ein gewisses Misstrauen zu spüren

Ein gewisses Misstrauen gegenüber dem Konsens in der Politik ist auch bei Sozial- und Geisteswissenschaftlern zu spüren. Die durch die diktatorische Praxis im früheren Ostblock gründlich diskreditierte kommunistische Weltsicht etwa träumte von einer neuen klassenlosen Gesellschaft, in der die Menschen vollkommen einig sind über die Verteilung des erwirtschafteten Wohlstands. Auch vom Konservativismus wurde Konsens als "gesellschaftliche Harmonie unter dem Dach des Gemeinwohls" propagiert, schreibt der Düsseldorfer Politologe Ulrich von Alemann. Im Pluralismus stünden hingegen eher die unvermeidlichen Konflikte im Vordergrund; dort gebe es im besten Fall lediglich einen Konsens über die Regeln des Konfliktaustrags.

Unter einem anderen Blickwinkel kritisierte auch die französische Philosophin Chantal Mouffe, Vordenkerin linker Protestparteien vor allem im Süden Europas, "jeder Konsens der Mitte ist das Ende der Politik". Der Linguist Noam Chomsky schließlich hatte dagegen gewettert, dass die Medien der westlichen Industriestaaten den Bürgern einen Konsens der Meinungen vorgaukelten, um das herrschende System zu stützen und abweichende Ansichten zu unterdrücken.

In der Politik ist "Konsens" ein schillernder Begriff - einerseits ein großes, positiv besetztes Ziel, andererseits oft nur zu einem hohen Preis zu haben: Angela Merkel mit Abgeordnetenkollegen im Bundestag. Foto: Marco Urban

Starker Tobak, auch wenn man die Argumente nicht teilen muss. Sollten die Vorwürfe von Hinterzimmerpolitik und unterdrückter Vielfalt der Positionen aber gegen den wissenschaftlichen Konsens der Klimaforscher gerichtet werden, wäre Gegenwehr womöglich schwer. Und tatsächlich versuchen die Klimawandel-Leugner oft genug, die breite Übereinstimmung der Experten, die sie sonst gern bestreiten, als Hindernis für die Veröffentlichung abweichender Resultate darzustellen – gleichsam als Einschränkung der Meinungsfreiheit.

Forscherkonsens wird nicht ausgehandelt, sondern ergibt sich aus Belegen

"Ein solcher Vorwurf vermischt zwei unterschiedliche Bedeutungen von Konsens in der Politik und der Wissenschaft", sagt Martin Haase, Linguist an der Universität Bamberg. "Den politischen Kompromiss kann man suchen oder herstellen, in der Wissenschaft ergibt er sich, wenn Leute überall zu den gleichen Schlüssen kommen. Ein solcher Konsens kann gar nicht 'schlecht' sein." Haase ist allerdings eher skeptisch, dass die Bedeutungsunterschiede allgemein bekannt sind.

Bärbel Winkler, die seit 2009 ehrenamtlich bei der Website skeptikalscience.com mitarbeitet, einem Partnerprojekt von klimafakten.de, hat ähnliche Erfahrungen gemacht. "Man muss den Leuten den Unterscheid zwischen einem Konsens im Bereich der Wissenschaft und einem politischen Konsens erklären. Wer es verstehen will, der versteht es auch." Die anderen würden absichtlich die Kategorien vermischen: "Ein Konsens in der Politik wird gemacht, einer in der Wissenschaft entsteht durch harte, unabhängige Arbeit der aktiv publizierenden Klimawissenschaftler und durch die vielen Beweise, die alle in die gleiche Richtung zeigen. Er ist darum auch deutlich wertvoller."

Hierzulande bestreiten eigentlich nur Rechtspopulisten den Konsens

Anders als in den USA, Australien oder Großbritannien sind im deutschsprachigen Raum der Klimawandel und die Strategie, ihn zu begrenzen, nicht prinzipiell umstritten. Lediglich rechtspopulistische Parteien wie AfD oder FPÖ vertreten konträre Positionen, konzentrieren sich öffentlich aber auf ihre Opposition gegen Flüchtlingspolitik und Europäische Union. Beim Klimawandel zeige sich in der öffentlichen Debatte ein klarer Unterschied etwa zu Kernenergie, Abtreibung oder Stammzellforschung, schreibt Mike Schäfer von der Universität Zürich in der Oxford Research Encyclopedia. Alle drei Themen wurden in Politik und Wissenschaft kontrovers behandelt. In Sachen globaler Erwärmung gebe es hingegen in keinem der gesellschaftlichen Sektoren Uneinigkeit: "Schon in den frühen 1990er-Jahren haben die wichtigsten politischen Akteure in Deutschland die Konsensmeinung der Wissenschaft akzeptiert, dass der Klimawandel ein Problem auf der Suche nach einer politischen Lösung ist." Über den Weg zu dieser politischen Lösung kann man debattieren, heißt das - über die Existenz des Problems hingegen ist keine Diskussion mehr nötig.

Hierzulande gibt es wenig fundamentale Zweifel an den Grunderkenntnissen vom anthropogenen Klimawandel, das bestätigen Umfragen. Mike Schäfers Team zum Beispiel hat unter dem Titel "Die fünf Deutschlands der globalen Erwärmung" Daten über die Positionen der Bürger vorgelegt. Es fand keine eigene Gruppe, die wissenschaftliche Belege für den Klimawandel rundweg ablehnt. Solche als "dismissive" charakterisierten Menschen machen in den USA und Australien 13 und neun Prozent der Bevölkerung aus – beide Länder zerfallen darum in jeweils sechs Fraktionen.

Komplette Ablehnung fanden auch Hamburger Forscher nur bei zwei, drei Prozent der Befragten, als sie rund um die Pariser Klimakonferenz Ende 2015 eine Reihe von Erhebungen starteten. Und Monika Taddicken von der Universität Braunschweig stellte bei einer Analyse von Online-Kommentaren zum Thema fest, es gebe hierzulande keine eigene Gruppe "skeptischer" Teilnehmer, die in grundsätzlicher Opposition zu den wissenschaftlichen Erkenntnissen stehen. Was in vielen Kommentar- und Leserbriefspalten so laut daherkommt, sind also offenbar organisierte und motivierte, aber sehr kleine Gruppen.

Ein Zwischenfazit: Über den wissenschaftlichen Konsens der Klimaforscher zu sprechen, ist in Deutschland vermutlich nicht schädlich, es weckt jedenfalls wohl keine negativen Assoziationen. Aber es nützt vielleicht auch nicht so viel, weil weniger Menschen tatsächlich umgestimmt werden müssen als es zum Beispiel in den USA der Fall ist. Es bleibt allerdings ein Wermutstropfen. Mit der ganzen Diskussion über den Konsens sind die Wissenschaftler ihren Kritikern auf den Leim gegangen. Sie diskutieren über ihre eigene Leistung innerhalb eines gedanklichen Rahmens, den die Leugner des Klimawandels aufgespannt haben, als sie behaupteten, die Forschung liefere noch keine verlässlichen Antworten. Den Rahmen, so beschreiben es Kommunikationsforscher mit dem Konzept der sogenannten Frames, kann ein Angegriffener auch dann nicht verlassen, wenn er die Vorwürfe eindeutig widerlegt. Alles, was er sagt oder schreibt, bestärkt letztlich auch den Kritiker.

Ein Konsens unter Forschern ist in der Regel mehr als eine Meinungsumfrage

Dennoch ist die Diskussion nicht überflüssig oder gar eindeutig schädlich, wie die Antworten auf eine Reihe weiterer Fragen zeigen. Sie betreffen die Funktion des Konsenses in der Wissenschaft. Wird er dort akzeptiert, kann sie darauf aufbauen? Oder ist er vielmehr ein Zeichen der Schwäche? In diese Richtung deutet die Definition, die die Webseite Greenfacts.org anbietet. "Wenn das Expertenwissen ungenügend ist, um eine wissenschaftliche Stellung zu bewerten, ist die beste Wahl, sich auf den wissenschaftlichen Konsens zu verlassen." Natürlich ist es falsche Logik, aus diesem Satz zu schließen, ein wissenschaftlicher Konsens sei stets ein Zeichen ungenügenden Expertenwissens. Aber im Einzelfall ist diese Umkehrung nicht kategorisch ausgeschlossen.

Tatsächlich kennt auch die Naturwissenschaft ein Instrument, mit sozialen Mechanismen Daten zu generieren, wo die klare analytische Schussfolgerung noch nicht möglich ist: Es heißt expert elicitation. Fachwissenschaftler werden nach ihren Erwartungen und Einschätzungen befragt, und die Organisatoren dieses Forums berichten dann über die Antworten. Da kann es zum Beispiel darum gehen, welche biologischen Arten vom Aussterben bedroht sind, was mit dem Permafrost passiert, oder wo Kipppunkte für verschiedene Bereiche des Klimasystems liegen. "Das ist natürlich ein schwaches Instrument mit wenig Evidenz", sagt Torsten Wilholt, Wissenschafts-Philosoph an der Universität Hannover. "Aber es ist besser, in notwendige politische Entscheidungen auch das noch nicht voll explizite Wissen der Experten einzubeziehen, als es zu ignorieren."

Ansonsten jedoch funktioniert Wissenschaft natürlich nicht als Demokratie, wo Mehrheiten entscheiden, was richtig ist. Darum hatte Einstein schon recht mit der Relativitätstheorie, bevor er sie überhaupt veröffentlicht hatte. Darum ist es gelegentlich vorgekommen, dass Außenseiter ein etabliertes Lehrgebäude einstürzen lassen, zum Beispiel Alfred Wegener mit seiner These von der Kontinentalverschiebung. Und darum betrachten redliche Wissenschaftler ihre Schlussfolgerungen stets als vorläufig, weil sie in Zukunft durch andere Resultate widerlegt oder zumindest ergänzt und als unvollständig erkannt werden können.

Begriffe bedeuten in Wissenschaft und Öffentlichkeit oft nicht dasselbe

In der Wissenschaft wird originelle Forschung, die die bisher verbreiteten Ansichten verändert, besonders hoch belohnt", sagt Wilholt. "Es gibt also starke Anreize, einen Konsens zu hinterfragen – regelrechte Prämien für gelungenes Abweichlertum." Dennoch ist Konsens in der Wissenschaft nicht bedeutungslos, sagt der Hannoveraner Philosoph. "Die Wissenschaft ist auch ein sozialer Prozess, da muss man immer wieder Einigkeit über die Grundlage der Verständigung herstellen. Es gibt dann eine Reihe von Resultaten und Tatsachen, auf die sich die Gemeinschaft stützen kann und die nicht jeder Wissenschaftler stets neu belegen muss." Wegen der Anreize zum Widerspruch kann das ein mühseliger Prozess sein, und ein Konsens kommt oft erst geraume Zeit nach den eigentlichen Forschungsergebnissen zustande. Dass er sich bei der Klimaforschung sehr schnell entwickelt hat und sehr breit ist, hält Wilholt darum für eine "interessante und relevante Information". Und natürlich auch, dass er hält.

Doch um dies in der öffentlichen Debatte herauszustellen, nicht nur die Existenz, sondern vor allem die Art des Konsens' als Qualitätsmerkmal anzupreisen, sind womöglich die Mechanismen der Wissenschaft in der Öffentlichkeit zu wenig bekannt. Das zeigt sich an etlichen Schlüsselvokabeln, die Forscher und Laien teilweise diametral unterschiedlich verstehen. In der Wissenschaft ist zum Beispiel eine Theorie ein hohes Gut - mit ihr organisiert die Gemeinde eine Fülle einzelner Beobachtungen und Phänomene zu einem einheitlichen Bild. In der Alltagssprache hingegen ist eine Theorie, gern mit den Wörtern "nur eine" garniert, fast synonym mit Spekulation. Dort wird hingegen das Faktum gepriesen, in dem Forscher oft kaum mehr als einen einzelnen Datenpunkt sehen. Besonders schwierig ist auch der Umgang mit "Unsicherheit". Für Laien ist sie praktisch gleichbedeutend mit "geraten", Wissenschaftler hingegen sind erst richtig zufrieden, wenn sie die Unsicherheit einer Messung oder einen Fehlerbalken bestimmen können - weil sie dann wissen, wie genau ihre Analyse war.

Es liegt daher nahe, dass auch die Wirkung der Aussage "In der Wissenschaft gibt es einen Konsens" in Forschergemeinde und breiter Öffentlichkeit sehr unterschiedlich sein wird. In beiden Fällen wird aber eine besondere Botschaft über den Zustand der Klimaforschung transportiert: Die Wissenschaftler haben wichtige Grundfragen ihres Gebiets so deutlich geklärt, dass darüber keine Diskussion mehr nötig ist. Statt "Konsens" könnten sie daher auch "wissenschaftlicher Sachstand" sagen. Nicht zufällig erinnert dieser Begriff an die Aufgabe des Weltklimarates IPCC der regelmäßig ein einen Sachstandsbericht zu den Ergebnissen der Klimaforschung erstellt. Man könnte ihn auch "Konsensbericht" nennen.

Christopher Schrader